Gleichheit wird ab der frühen Kindheit erlernt. Forschungen im Feld der Erziehung haben ergeben, dass sowohl Eltern als auch pädagogische Fachpersonen, je nachdem, ob sie sich an einen Jungen oder an ein Mädchen wenden, eine andere Haltung einnehmen. Dies geschieht unbewusst und ist das Abbild der Geschlechterstereotypen. Einem Mädchen macht man eher ein Kompliment zu seinem Aussehen ("wie schön du heute bist!"), während man bei einem Jungen eher die körperlichen Fähigkeiten in den Vordergrund stellt ("du bist stark, du weinst nicht!").
Dieses sich über die Jahre stets wiederholende Verhalten weist den Jungen und Mädchen starr definierte, geschlechtsspezifische Verhaltensweisen und Rollen zu und beeinflusst junge Personen auch im späteren Verlauf ihres Lebens, insbesondere bei der Wahl des beruflichen und privaten Werdegangs, der häufig stereotypisch ist. Frauen entscheiden sich für Berufe im Gesundheitswesen, im Verkauf oder im Büro, wo die Kommunikation mit Mitmenschen im Vordergrund steht, während Männer einen Beruf aus einem breiteren Spektrum wählen, in dem technische Aspekte dominieren, wie in der Holz-, Metall-, Maschinen- oder Bauindustrie. Eine weitere Folge dieser unterschiedlichen Sozialisation ist, dass es jungen Frauen an Selbstvertrauen fehlt und Männer Mühe haben, ihre Gefühle auszudrücken.
Deshalb müssen Haltungen, die diese Geschlechterstereotypen fördern, so früh wie möglich vermieden werden. Sonst verinnerlichen die Kinder diese bereits von klein auf und nehmen später Verhaltensweisen an, die sie in eine "fixe" Geschlechterrolle pressen. "Nicos Puppe und Sophies Lastwagen" ist ein praxisorientiertes Instrument für alle im Frühbereich tätigen pädagogischen Fachpersonen und Studierenden. Das Ziel ist, das Personal von Einrichtungen für den Frühbereich von 0 - 6jährigen Kindern zum Nachdenken und zur Infragestellung ihres alltäglichen, meist unbewussten Handelns, das negative Wirkungen auf die Entwicklung des privaten und beruflichen Lebenslaufs der Kinder haben kann, einzuladen. Es ist keine theoretische Arbeit über die unterschiedliche Sozialisation der Geschlechter. Diesbezüglich enthält die Bibliographie am Ende dieses Handbuchs weiterführende Werke. Ein Fragebogen dient den pädagogischen Fachpersonen als Grundlage für die Analyse ihres Verhaltens gegenüber Mädchen und Jungen. Das Handbuch ermöglicht ihnen, sich der Verhaltensweisen, die möglicherweise geschlechterdiskriminierend sind, bewusst zu werden, die Problematik innerhalb eines Teams zu behandeln, Verhaltensmuster zu hinterfragen und das persönliche Verhalten oder jenes der Gruppe anzupassen. So sollen neue pädagogische Methoden gefördert werden, die eine nichtstereotypisierende Bildung von Kindern berücksichtigen.