Romain Chatton (1876–1941), konservativ
Nach dem Besuch der Primar- und Sekundarschule in seiner Heimatstadt wechselt Romain Chatton ans Kollegium St. Michael und dann an die Universität Freiburg, wo er 1900 sein Lizentiat in Rechtswissenschaften ablegt. Im gleichen Jahr beginnt er ein Notarspraktikum bei seinem Vater, der zugleich Gerichtsschreiber am Bezirksgericht Glane ist. Ab 1903 als Substitut des Gerichtsschreibers in Romont tätig, arbeitet er gleichzeitig als Notar für den Vivisbachbezirk. Ebenfalls 1903 wird der junge Notar politisch tätig. Er wird in den Gemeinderat gewählt, wo er für die städtischen Schulen verantwortlich ist. 1907 zum Ammann ernannt, übernimmt er die Finanzdirektion und lernt so die Verwaltung der öffentlichen Finanzen kennen.
Als sein Vater 1908 zum kaufmännischen Direktor des Kraftwerkes Montbovon (Sitz in Romont) ernannt wird, folgt ihm Romain als Gerichtsschreiber nach, ohne seine Tätigkeiten als Politiker und Notar aufzugeben. 1909 wird er nach dem Tod des ehemaligen konservativen Nationalrats Louis Grand Präsident des Bezirksgerichts Glane. 1911 muss er aufgrund dieser Ämterhäufung seine Gemeindeämter aufgeben.
Bei den allgemeinen Wahlen 1916 wird Romain Chatton in den Grossen Rat gewählt. Zur allgemeinen Zufriedenheit präsentiert er dort den wichtigen Bericht über die Steuerreform. Aufgrund seiner unbestrittenen Fähigkeiten wird er 1919 in den Staatsrat gewählt, als Jean-Marie Musy Bundesrat wird, und übernimmt von seinem Vorgänger die Finanzdirektion.
Chatton ist 22 Jahre lang als Staatsrat tätig, bis er 1941 in Ausübung seines Amtes stirbt. Zwei grosse Aufgaben prägen seine fünf Legislaturperioden. Gleich zu Beginn packt er das gewaltige Haushaltsdefizit des Staats an und bemüht sich mit allen Kräften, seiner Devise «Keine neue Ausgaben ohne neue Einnahmen» gerecht zu werden. So legt er dem Parlament im Mai 1923 den Gesetzesentwurf zur Kürzung der Löhne und Gehälter der staatlichen Beamten und Angestellten vor. Der Grosse Rat verabschiedet die Vorlage, zum grossen Bedauern des Staatspersonals, das allerdings auf jeden Protest verzichtet.
Die zweite umfangreiche Aktion betrifft die Umwandlung von zwei Anleihen. Die erste Umwandlung eines Kredits von 20 Millionen Franken aus dem Jahr 1919 erfolgt 1929 und führt zu einer Verbesserung des Budgets um 75 000 Franken, was als beachtlich betrachtet wird wird. Die zweite Umwandlung gilt dem Kredit von 25 Millionen aus dem Jahr 1929, dessen Zinssatz 1938 von 4¾ % auf 3 % gesenkt wird, ein Ergebnis, das in der Presse als «herrlich» gewertet wird.
Romain Chatton, der die Regierung 1923, 1929 und 1936 präsidiert, stirbt unvermutet am 7. Januar 1941 im Alter von 65 Jahren. In der Regierungspresse würdigt man ihn als «geschickten und vorsichtigen Financier».
Extrait de : "Le Conseil d’Etat fribourgeois : 1848-2011"