Sense |
Montag 21. Februar 2000, Sense Kein Freund des Territorialitätsprinzips
Des Finanzdirektors Wünsche an den Verfassungsrat
Staatsrat Urs Schwaller wäre sehr froh, wenn das Territorialitätsprinzip nicht mehr in der neuen Kantonsverfassung verankert wäre. «Es hat mehr blockiert, als etwas gebracht», erklärte er am Freitagabend vor der CVP Sense. Er hofft denn auch, dass der künftige Verfassungsrat einen echten Motivationsschub auszulösen vermag.
Nach Ansicht von Urs Schwaller muss die neue Kantonsverfassung einen Motivationsschub auslösen, der es erlaubt, alte Denkweisen zu überwinden und neue Wege zu beschreiten. Er dachte dabei u.a. an neue Formen der regionalen Zusammenarbeit, z.B. im Gesundheitswesen (Spitäler), in der Verwaltung, in der Justiz usw. Er hatte aber auch die Zusammenarbeit unter den Gemeinden von Grossfreiburg im Visier. «Wichtig ist dabei eine klare und sichere Anwendung», hielt er fest. Bezirksgrenzen nicht antasten
Dies bedeutet für ihn jedoch auch, dass am Grundsatz der Zweisprachigkeit nicht gerüttelt wird. Auch aus diesem Grunde wäre es ihm mehr als recht, wenn das Territorialitätsprinzip nicht mehr in der Verfassung figurieren würde. Falsch wäre es seiner Meinung nach, die Bezirksgrenzen verschieben zu wollen. «Dies würde nur zu einem Verschleiss der Kräfte führen.»
Finanzausgleich unter
den Gemeinden schaffen
«Es ist nicht akzeptierbar, dass in einer Gemeinde ein Steuersatz von
Fr. 1.25, in einer andern ein solcher von 30 Rappen erhoben wird. Dies geht heute nicht mehr», betonte er. Er hoffte deshalb, dass die neue Verfassung auch in dieser Frage einen Schub geben kann und die Grundlage für einen Finanzausgleich unter den Gemeinden schafft. Denn heute fehle der politische Wille zu einem solchen Finanzausgleich. Dieser Wille vermisste er nicht nur im Grossen Rat, sonder auch im Staatsrat.
Es muss finanzierbar sein
«Die besten Lösungen nützen aber nichts, wenn sie nicht zahlbar sind», gab Urs Schwaller als Finanzdirektor zu bedenken. Dies bedeutet aber für ihn nicht, dass die Steuern erhöht werden sollen, um Freiburg im Vergleich zu den andern Kantonen noch weniger attraktiv zu machen. Vielmehr sollten die Steuern teilweise noch gesenkt werden, ohne aber das Ziel eines ausgeglichenen Staatshaushaltes aus den Augen zu verlieren. Laut Urs Schwaller lebt Freiburg in vielen Subventionsbereichen über seine Verhältnisse. Er möchte aber den Staat nicht aushöhlen. «Der Staat muss stark bleiben, um für die Schwächeren unserer Gesellschaft einstehen zu können», betonte er. Und sozial kann der Staat nach seinen Worten nur sein, wenn auch die Wirtschaft stark ist.
Mensch muss im Mittelpunkt bleiben
Wichtig ist für den Finanzdirektor, dass in allen Fragen der Mensch nicht in Vergessenheit gerät und im Mittelpunkt bleibt. Er freute sich zudem, dass so viele Bürgerinnen und Bürger an der Ausarbeitung der neuen Verfassung interessiert sind. Dies sei für die Parteien eine Chance, so viele neue Gesichter präsentieren und nachziehen zu können. Er hoffte weiter, dass der Verfassungsrat sich nicht wie in der Waadt in Verfahrensfragen verliere oder Stellung nehme zu Österreich, sondern sich voll auf seine Arbeit konzentriere.
Auch Unternehmen haben
eine Verfassung
Urs Schwaller machte sich diese Gedanken zur neuen Verfassung am Polit-Apéro der CVP Sense in Giffers. Dieser war insbesondere auch der Vorstellung der Kandidatinnen und Kandidaten der CVP Sense für den Verfassungsrat gewidmet. Präsident Elmar Schneuwly konnte aber auch Gabriel Nussbaumer, Mitglied der Geschäftsleitung der Sika AG, als Referent begrüssen. Der Produktionsleiter der Sika Schweiz hielt dabei fest, dass auch die Sika AG mit einem Jahresumsatz von 1,7 Mrd. Franken sozusagen eine Verfassung habe und grossen Wert auf die Ethik lege. So stellte er die Sika, die in 58 Ländern präsent ist, als wertorientierten Konzern vor, dessen Hauptaktionär nicht auf den Shareholder-Value achte, sondern auf die Wertschöpfung und das Wachstum und so vor allem auch auf die Schaffung und den Erhalt der Arbeitsplätze. «Die Wirtschaft kann es sich nicht leisten, nur das Eigeninteresse zu verfolgen und das Gemeinwohl zu vergessen», hielt er fest.
Er gab sich auch überzeugt, dass sich die Erfolge dort einstellen, wo die Menschen sich entfalten können und gewisse Freiheiten geniessen. Deshalb kann er sich eine Wirtschaft ohne Moral und ohne Nächstenliebe gar nicht vorstellen. «Zu viel Staat macht die Leute blöd», fügte er bei und gab so zu verstehen, dass bei der Sika die Selbstverantwortung gross geschrieben wird.
Trotz Ethik und Moral ist aber die Sonntags- und Nachtarbeit bei der Sika kein Tabu. So kennt die Sika einen Vier-Schichten-Betrieb, 24 Stunden pro Tag, und dies während 7 Tagen pro Woche, wenns sein muss. Dies bedeute jedoch für die Mitarbeiter, dass sie 1500 bis 2000 Franken pro Monat mehr in der Lohntüte vorfänden. az
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