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Freitag 25. Februar 2000, Kanton «Plattform für Ideen und Dialog»
«Offene Listen» veröffentlichen Sonderheft von «Pro Freiburg»
Für die Wahl des Verfassungsrates ist in fünf Wahlkreisen eine «Offene Liste» («liste citoyenne») eingereicht worden. Anstoss hiezu gab die in der Stadt Freiburg ansässige Bewegung «Pro Freiburg». Gestern ist nun ein Sonderheft dieser Organisation vorgestellt worden, das sich in rund zwanzig Beiträgen mit den «Herausforderungen für den Verfassungsrat» befasst.
«Der Auftrag des Stimmvolkes vom vergangenen Juni, dass ein Verfassungsrat - und nicht der Grosse Rat - eine neue Staatsverfassung ausarbeiten soll, hat uns aufgestellt und ermuntert, uns an diesem Prozess aktiv zu beteiligen.» Mit diesen Worten hat gestern der Sekretär der Bewegung «Pro Freiburg», Gérard Bourgarel, die Tatsache begründet, dass seine Organisation im November beschlossen hat, in die Verfassungsratswahlen einzusteigen. Sie tue dies mit anderen Vereinigungen, die im kulturellen, sozialen und Umweltbereich tätig sind. Listen in fünf Wahlkreisen
In der Zwischenzeit sind in fünf Wahlkreisen (ohne See, Sense und Vivisbach) «Offene Listen» eingereicht worden, dies mit Schwerpunkt in der Stadt Freiburg und in Saane-Land. In diesen Wahlkreisen konnte die «Offene Liste» auch eine Listenverbindung mit den überparteilichen und linken Bewegungen eingehen.
Vertreterinnen und Vertreter dieser Listen haben sich gestern den Medien vorgestellt, um gleichzeitig auch das Sonderheft von «Pro Freiburg» vorzustellen. In 21 Beiträgen - davon drei auf deutsch - behandeln Kandidatinnen und Kandidaten grundsätzliche Fragen der bevorstehenden Verfassungsrevision. Das Sonderheft mit einer Auflage von 8500 Exemplaren wird insbesondere in der Agglomeration Freiburg verteilt werden. «Demokratie braucht Transparenz»
Gérard Bourgarel unterstrich gestern, dass die «Offenen Listen» repräsentativ für die zivile Gesellschaft seien. Es würden aber ganz bewusst keine neuen Parteien geschaffen. Es handle sich vielmehr um eine Plattform, in der «Überlegungen und Diskussionen nicht von einer (Partei-)Ideologie vereinnahmt werden».
Der Biogemüsebauer Francis Fasel aus dem Glanebezirk, der letzten Herbst für den Ständerat kandidiert hatte, unterstrich, dass es in den «Offenen Listen» namentlich darum gehe, die vorhandenen unterschiedlichen Meinungen im Interesse des Kantons zu nutzen. Für den Greyerzer Philippe Maradan, der im letzten Herbst für den Nationalrat kandidiert hatte, wird erst der Umstand, dass jeder und jede seine/ihre Ideen frei und unabhängig einbringen kann, der künftigen Verfassung einen neuen Inhalt geben.
«Dynamik dank neuen Ideen»
Nach Meinung von Gérard Bourgarel braucht der Kanton einen Verfassungsrat, der ein «offener und grosszügiger Neuerer» des kantonalen Grundgesetzes ist. Die Kandidatinnen und Kandidaten der «Offenen Listen» hätten den Vorteil, dass sie nicht schon auf die Wahlen von 2001 schielen, sondern sich tatsächlich mit dem Inhalt der neuen Verfassung auseinandersetzen. Für den Sekretär von «Pro Freiburg» zeigt die Präsenz von «Offenen Listen» in fünf Wahlkreisen, dass die kulturellen Vereinigungen im Kanton eine gewisse Kraft darstellen.
Der Journalist Willy Boder, der auf der Liste in Saane-Land kandidiert, wies darauf hin, dass die Welt sich stark verändert habe. Der Kanton brauche somit eine Verfassung, «welche die heutigen Gegebenheiten und Lebensweisen widerspiegelt». Bei diesem Prozess sollten sich auch die Bürgerinnen und Bürger beteiligen und ihn so dynamischer machen.
Die Verfassungsrechtlerin Karine Siegwart unterstrich die Chance, welche die Ausarbeitung einer neuen Verfassung bietet, um den Dialog zwischen den verschiedensten Kreisen zu pflegen. Zudem wies sie darauf hin, dass die Präambel einer Verfassung jeweils ein wichtiger Hinweis auf die wesentlichen Inhalte darstelle. Sicher werde deshalb die Diskussion über die Präambel im künftigen Verfassungsrat lebhafte Debatten auslösen. In einem Beitrag im eingangs erwähnten Sonderheft von Pro Freiburg hat sie sich mit dieser Thematik befasst. wb
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