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Donnerstag 28. September 2000, Kanton Verfassungsrat stellt Weichen selber
Für neuen Verfassungstext wird kein Expertenvorschlag in Auftrag gegeben
Die vom Verfassungsrat einzusetzenden Sachbereichskommissionen werden das neue Grundgesetz selber erarbeiten. Der Vorschlag, zuerst bei einem Experten einen Vorentwurf zu bestellen, ist gestern knapp abgelehnt worden. Hingegen wollen die Kommissionen die vom Staatsrat bereits erarbeiteten Unterlagen benützen.
Von WALTER BUCHSAn einer ganztägigen Sitzung hat der Verfassungsrat am Mittwoch einige wichtige Pflöcke im Hinblick auf se-ine Arbeitsweise eingeschlagen. Er
hat 31 der 74 Artikel umfassenden Geschäftsordnung beraten, die ihm von einer Ende Mai eingesetzten Spezialkommission vorgeschlagen worden war. Die inhaltiche Arbeit wird Sachbereichskommissionen übertragen, welche vom Büro des Rates noch einzusetzen sind. Diese werden voraussichtlich einzelne Kapitel oder Abschnitte der künftigen Verfassung zu erarbeiten und vorzuschlagen haben.
Welche Arbeitsgrundlage?
Der Vorschlag lautete dahingehend, dass die Kommissionen als Grundlage ihrer Arbeit «insbesondere die Unterlagen des Staatsrates und die Vorschläge der Bevölkerung» benützen. Die CVP-Fraktion schlug vor, dass das Büro einen unabhängigen Experten mit der Ausarbeitung eines ausformulierten Verfassungstextes beauftragt.
Gemäss ihrem Sprecher Claude Schenker geht es bloss darum, den Kommissionen eine Arbeitsgrundlage in die Hand zu geben. Für seinen Fraktionskollegen Anton Brülhart, Düdingen, wird die Unabhängigkeit des Verfassungsrates dadurch keineswegs negativ beeinflusst. Ein ausformulierter Vorschlag habe aber den Vorteil, dass sich die Kommissionen rasch auf das Wesentliche konzentrieren können. Peter Bachmann (FDP, Murten) machte darauf aufmerksam, dass dadurch Zeit und Geld gespart werden könne.
Für Anna Petrig (SP, Freiburg) wäre ein solcher Entwurf bereits eine erste inhaltliche und politische Weichenstellung. Das dürfe die verfassungsgebende Behörde aber nicht an Experten delegieren. Für Regula Brügger Häring (SP, Schmitten) hat sich das Volk für einen Verfassungsrat entschieden, damit er diese Arbeit selber anpackt. Bestehende Arbeiten werden genutzt
Präsident Bernard Garnier gab bekannt, dass nach Meinung des Büros ein ausformulierter Text die Ideen tatsächlich bereits stark kanalisieren könnte. Jede Kommission sei aber dann frei, Experten beizuziehen. Staatsrat Corminboeuf gab zu bedenken, dass die Ausarbeitung eines Entwurfs mindestens sechs Monate beanspruchen würde.
Das Seilziehen unter den grossen Parteien veranlasste Olivier Suter (Offene Liste, Estavayer-le-Gibloux) einen Kompromissvorschlag einzubringen. Danach können sich die Kommissionen für ihre Arbeit zusätzlich die Hilfe «spezialisierter Organe (z. B. des Instituts für Föderalismus)» sichern. Dieser Antrag wurde dann auch knapp jenem der CVP vorgezogen. Auf drei Jahre gewählt
Unterschiedliche Auffassungen herrschten ebenfalls über die Amtsdauer der Büromitglieder und die Erneuerung des Präsidiums. Auch hier vermochte der Vorschlag aus einer kleinen Fraktion den Gordischen Knoten zu lösen. Die Mitglieder des Büros werden vorerst für drei Jahre gewählt. Das Präsidium wechselt in dieser Zeit jährlich vom Präsidenten zum 1. und dann zum 2. Vizepräsidenten. Das solle Ansporn sein, die Arbeiten in den vorgesehenen drei Jahren abzuschliessen. Zudem wurde die Zahl der Mitglieder des Büros so festgesetzt, dass jede Fraktion vertreten ist. Dabei können die Fraktionspräsidenten den Sitzungen des Büros beiwohnen.
Obwohl alle Fraktionen die Bedeutung des Beizugs der Bevölkerung und der Information unterstrichen, wurde die Einsetzung einer Kommission für Öffentlichkeitsarbeit abgelehnt. Es solle zuerst das Kommunikationskonzept abgewartet werden, welches das Büro vorzulegen hat, wie Moritz Boschung (CVP, Düdingen) betonte.
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