Kanton |
Donnerstag 8. Februar 2001, Kanton Verfassung erweist sich als Hindernis
Grosser Rat behandelt Gesetz über die Ausübung der politischen Rechte
Freiburg soll ein moderneres Gesetz über die Ausübung der politischen Rechte erhalten. Der Grosse Rat hat gestern die Gesetzesrevision angepackt. Weil er aber dem Verfassungsrat nicht vorgreifen will, bewegen sich die Reformen innerhalb der geltenden Verfassung, die sich als Bremsklotz erweist.
Von ARTHUR ZURKINDEN
Soll das Stimm- und Wahlrecht auf im Kanton Freiburg wohnhafte Ausländer ausgedehnt werden? Sollen auch die Ausland-Freiburger das Stimm- und Wahlrecht erhalten? Soll der Staatsrat künftig nach dem Proporz-System gewählt werden? Auf diese und viele andere Fragen wird der Grosse Rat keine Antwort geben, denn diese müssen vorerst in der Staatsverfassung geklärt werden. Und weil gegenwärtig ein Verfassungsrat daran ist, eine neue Verfassung auszuarbeiten, will ihm der Grosse Rat nicht vorgreifen. So gab auch Kommissionspräsidentin Isabelle Chassot zu Beginn der Debatte bekannt, dass sich die Revision nur innerhalb der geltenden Verfassung bewege.
Dies hinderte allerdings den unabhängigen Grossrat Louis Duc nicht, einen Antrag zu stellen, welcher eine Änderung der Verfassung bedingt hätte. Er wollte nämlich, dass die beiden Freiburger Ständerate künftig nach dem Proporz-System gewählt werden. Er versprach sich davon eine bessere Volksvertretung in der kleinen Kammer. Obwohl er aus naheliegenden Gründen von der SP-Fraktion unterstützt wurde, lehnte der Rat seinen Antrag mit 62 zu 31 Stimmen ab.
166 Artikel weist das neue Gesetz über die Ausübung der bürgerlichen Rechte auf. 50 konnte der Grosse Rat gestern Vormittag behandeln. Jene, welche viel Zündstoff enthalten, werden aber erst heute und morgen zur Diskussion stehen. Die Eintretensdebatte hat gezeigt, dass das Verbot von Listenverbindungen und die Abschaffung des Quorums, wie dies die parlamentarische Kommission fordert, nicht von allen Fraktionen hingenommen werden wird. So kündigte FDP-Sprecher Jean-Jacques Collaud bereits seine Opposition an. Er wünschte zudem, dass dieses Gesetz erst nach den Herbstwahlen in Kraft tritt. Beat Vonlanthen (CVP, St. Antoni) bedauerte seinerseits, dass die heutigen Möglichkeiten, welche die Elektronik bietet, nicht besser genutzt werden sollen. Er dachte dabei an das Unterschriften-Sammeln und an die Ausübung des Stimm- und Wahlrechts via Internet. Laut Staatsrat Pascal Corminboeuf ist jedoch der Bund mit der entsprechenden Gesetzgebung noch nicht so weit. Grossräte dürfen
Wohnsitz wechseln
Grossräte müssen nicht im Wahlkreis Wohnsitz haben, von welchem sie gewählt worden sind. Der Rat hat einen entsprechenden Antrag von FDP-Sprecher Jean-Jacques Collaud mit 49 zu 41 Stimmen (5 Enthaltungen) abgelehnt. Gegen einen solchen Wohnsitzzwang wehrte sich vor allem die Ratslinke. Sie entdeckte in dieser einschränkenden Bestimmung eine unerwünschte Förderung des Regionalis- mus. «Ein Grossrat ist in erster Linie ein Vertreter des Kantons und seines Volkes», lautete das Hauptargument gegen diese Einschränkung. «Ein Grossrat, der seinen Wohnsitz in einen andern Wahlkreis wechselt, müsste sein Mandat abgegen», wurde als weiterer Nachteil in die Waagschale geworfen. Und gemäss Michel Monney (CSP, Freiburg) könnte eine solche Bestimmung mit Leichtigkeit umgangen werden, indem der «politische Wohnsitz» in Form eines Briefkastens im «richtigen» Wahlkreis aufrechterhalten würde.
Mit 85 zu 16 Stimmen hat der Grosse Rat beschlossen, dass noch am Sonntag brieflich abgestimmt werden kann, und zwar bis eine Stunde vor Öffnung des Stimmlokals. Der Staatsrat hatte sich gegen diese zeitliche Ausdehnung der brieflichen Abstimmung gewehrt. Er wollte, dass die Couverts spätestens am Freitag um 17 Uhr auf der Gemeindeschreiberei oder an einem vom Gemeinderat bezeichneten Ort abgegeben werden müssen.
Noch weiter als die Kommission wollte Josef Fasel (CVP, Alterswil) gehen. Nach seiner Ansicht sollte es möglich sein, bis zur Schliessung des Wahllokals, also am Sonntag um 12 Uhr, brieflich abzustimmen. «So könnte meine Frau mein Couvert zur Urne mitnehmen, und ich würde in der Zwischenzeit das Mittagessen kochen», versprach er. Sein Antrag wurde jedoch mit 78 zu 21 Stimmen abgelehnt. Angenommen hat der Rat hingegen einen Antrag der SP-Sprecherin Laurence Terrin mit 52 zu 37 Stimmen. So müssen die brieflich abgegebenen Couverts vor den Augen der Mitglieder des Wahlbüros geöffnet werden. Knapp abgelehnt wurde hingegen ihr Antrag, dass die Gemeinden bei Gemeindewahlen den Druck des Wahlmaterials organisieren und für die Kosten aufkommen müssen.
Zurück
|
|