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Freitag 18. Mai 2001, Kanton Hilfe für benachteiligte Berggemeinden
Vorschlag für einen Verfassungstext wurde vorgestellt
In die Kantonsverfassung soll eine Bestimmung aufgenommen werden, welche Gemeinden, die namentlich unter topografischen Nachteilen leiden müssen, staatlichen Ausgleich zusichert. Dies fordert ein Initiativkomitee, welches das Anliegen dem Verfassungsrat unterbreitet.
Von WALTER BUCHS
Das Voralpengebiet nimmt im Kanton Freiburg rund ein Drittel des Territoriums ein. Es umfasst mehrere Regionen, wo bestimmte Gemeinden infolge ihrer Randlage, der Enge des nutzbaren Raums, der Naturgefahren und des damit verbundenen zusätzlichen Aufwands in einer sehr schwierigen Lage stecken. Diese Gemeinden haben meistens gegen ihre Entvölkerung anzukämpfen und müssen unverhältnismässig viel investieren, um die Sicherheit der verbleibenden Bewohner zu gewährleisten.
Initiativkomitee gebildet
Angesichts der Tatsache, dass im Moment eine neue Staatsverfassung ausgearbeitet wird, hat sich ein Initiativkomitee mit der schwierigen Lage der genannten Berggemeinden befasst. Ihm gehören an: Anton Brülhart, alt Kantonsoberförster und Verfassungsrat, Düdingen; Placide Meyer, Oberamtmann und Verfassungsrat, Riaz/Bulle; Jean-Claude Schuwey, Grossrat und Ammann, Jaun; Louis Page, Kreisoberförster und Ammann, Morlon. Nach ihrer Überzeugung soll das kantonale Grundgesetz Massnahmen zu Gunsten von Berggemeinden vorsehen, die mit erheblichen Nachteilen als Folge der Naturgefahren, der Topographie und der geografischen Lage zu kämpfen haben.
In einem Grundsatzpapier machen sie darauf aufmerksam, dass Abgelegenheit und daraus resultierende verminderte Wohnattraktivität, Bedrohung durch Naturgefahren und hohe Kosten für deren Bekämpfung, räumliche und wirtschaftliche Einschränkung der Entwicklungsmöglichkeiten und schliesslich hohe Steuerlasten als Folge all dieser Faktoren solche Gemeinden an den Rand der Existenzmöglichkeit bringen. Gerade diese Gebiete seien aber für die gute Besiedlung des Kantons, seine touristische Anziehungskraft und die Erhaltung seiner kulturellen und landschaftlichen Vielfalt von grossem Wert und dürften nicht vernachlässigt werden.
Gemeinde Jaun als ein Beispiel
Die Initianten haben für Dienstagabend zu einer Informationsveranstaltung nach Riaz eingeladen. Dazu wurden namentlich Verfassungsräte, Gross- und Gemeinderäte der Bezirke Sense, Greyerz und Vivisbach angeschrieben. Anhand der Gemeinde Jaun wurde dabei das Anliegen veranschaulicht. Die höchstgelegene Gemeinde des Kantons nimmt bekanntlich eine ausgeprägte geografische Randstellung ein und ist schon dadurch als Wohnort infolge fehlender Arbeitsplätze im Ort und langer Arbeitswege stark benachteiligt, wird im Grundlagenpapier festgestellt.
Hilfestellung vonnöten
Ammann Jean-Claude Schuwey zeigte der interessierten Zuhörerschaft einige Merkmale seiner Gemeinde auf, die angesichts akuter Naturgefahren über wenig bebaubares Land für die Entwicklung verfügt und zum Schutz der Bevölkerung einen hohen Preis bezahlen muss. Hohe Steuersätze, eine beträchtliche Schuldenlast und ein sehr tiefer Finanzkraftindex sind die Folge, was die Wohnattraktivität fast existenzbedrohend verringert. Ammann Schuwey betonte, dass es ihm keineswegs darum gehe, sich zu beklagen, sondern darauf hinzuweisen, dass es angesichts der natürlichen Gegebenheiten äusserst schwierig sei, sich zu entwickeln. Die Gemeinde wolle alles unternehmen, um die heutige Bevölkerungszahl zu halten, diese wenn möglich etwas zu vergrössern und damit ebenfalls die Kultur im Tal zu bewahren.
Im Positionspapier erinnert das Initiativkomitee daran, dass die von den Geländebedingungen benachteiligten Berggemeinden von Bund und Kanton bereits durch verschiedene Instrumente unterstützt werden, sei dies durch Investitionskredite oder durch den vertikalen Finanzausgleich. Für mehrere Gemeinden, die sich in besonders schwierigen geografischen Verhältnissen befinden, sei aber eine zusätzliche, dauerhafte Hilfestellung des Kantons notwendig.
Aus diesem Grund soll in die neue Kantonsverfassung eine Bestimmung aufgenommen werden, welche den durch natürliche Nachteile behinderten Gemeinden einen Anspruch auf staatlichen Ausgleich zusichert. Damit soll erreicht werden, dass die Steuerbelastung und die Wohnattraktivität dieser Gemeinden einen mit anderen Gemeinden vergleichbaren Stand erreicht. Das Initiativkomitee lädt alle interessierten Personen ein, eine Erklärung zu unterschreiben, welche die Einführung einer solchen kantonalen Hilfe unterstützt (siehe Kasten). Bereits haben nahezu 50 Personen dieses Papier unterzeichnet. Diese Erklärungen werden nächstens beim Verfassungsrat eingereicht. Gemäss dessen Geschäftsordnung können solche Eingaben von jedermann gemacht werden. Vorschlag an den Verfassungsrat
Die Eingabe zu Gunsten der benachteiligten Berggemeinden an die verfassungsgebende Behörde hat folgenden Wortlaut: «Zur Sicherstellung einer ausgewogenen Besiedlung des Voralpenraums haben Berggemeinden, welche infolge ihrer ungünstigen geografischen Lage und geländebedingter Nachteile, wie insbesondere Naturgefahren, in ihrer gesunden Entwicklung behindert sind, Anspruch auf die Unterstützung durch den Kanton. Dieser sorgt durch regelmässige Ausgleichsleistungen dafür, dass sich dort die Steuerbelastung und die Wohnattraktivität nachhaltig den anderen ländlichen Gemeinden angleichen.»
Den Initianten ist allerdings nicht in erster Linie der genaue Wortlaut, sondern der angestrebte Inhalt wichtig. Das Anliegen soll als direkt einforderbares Recht in der neuen Verfassung festgeschrieben werden. Um den Vollzug nach einheitlichen und objektiven Kriterien zu gewährleisten, sei trotzdem ein Ausführungsgesetz sinnvoll. wb
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