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Mittwoch 7. November 2001, Kanton Verfassungsrat spricht von einem Affront
Kürzung des Voranschlags 2002 könnte Ausarbeitung der neuen Verfassung verzögern
Der Beschluss des Grossen Rates, das Budget des Verfassungsrates zu reduzieren, wird die Arbeit der verfassungsgebenden Behörde beeinträchtigen. Darauf haben deren Verantwortliche hingewiesen. Sie sind aber nicht gewillt, von der Terminplanung abzurücken.
Von WALTER BUCHS
und ARTHUR ZURKINDEN
Nur zwei Stunden nach dem Entscheid des Parlaments, den Voranschlag des Verfassungsrates um 12,3 Prozent zu kürzen, haben das Präsidium und die Fraktionschefs von CVP, FDP und SP den Entscheid gestern Abend vor den Medienvertretern sehr bedauert. Dies bedeute, dass der vorgesehene Arbeitsrhythmus nicht mehr eingehalten werden könne, das Projekt verzögert werde und möglicherweise die Gesamtkosten höher ausfallen werden. Mit deutlichen Worten wurden Kritiken an der Arbeitsweise des Verfassungsrates zurückgewiesen.
Gespräch verweigert
Vize-Präsident Christian Levrat gab bekannt, dass die Kürzung der Sitzungsgelder die Streichung von fünf Plenarversammlungen oder etwa vierzig Kommissionssitzungen zur Folge haben werde. Die Verminderung der Gehälter führe zudem dazu, dass der Verfassungsrat auf eine halbe Stelle eines juristischen Beraters verzichten müsse, dies nachdem der Personalbestand schon sehr knapp berechnet worden sei. Für Levrat ist der Entscheid des Parlamentes politisch und juristisch sehr fragwürdig.
Gemäss SP-Fraktionschef Alain Berset war sich die Grossratskommission der Konsequenzen nicht bewusst, als sie die Budgetkürzung vorgeschlagen hatte. Sie habe sich auch nicht darum bemüht, entsprechende Informationen einzuholen. FDP-Fraktionschef Denis Boivin schloss daraus, dass die beiden Gremien völlig losgelöst voneinander arbeiten und es daher notwendig sei, den Dialog zu verbessern. Für Präsidentin Rose-Marie Ducrot ist der Entscheid ein Affront an das Freiburger Volk, welches dem Verfassungsrat einen klaren Auftrag erteilt habe.
Die Verantwortlichen der verfassungsgebenden Behörde sind daher entschlossen, die Arbeit wie vorgesehen fortzusetzen. CVP-Fraktionschef Laurent Schneuwly kann sich vorstellen, dass die Verfassungsratsmitglieder im kommenden Jahr auf die Erhöhung der Entschädigungen verzichten. Der Grosse Rat hatte kürzlich eine solche beschlossen, die automatisch auf den Verfassungsrat Anwendung findet. Das Büro wird in der kommenden Woche dazu Stellung nehmen. Knapper Entscheid im Grossen Rat
Der Entscheid des Grossen Rates, das Budget 2002 des Verfassungsrates um 200 000 Franken zu kürzen, fiel sehr knapp aus. Mit 40 zu 38 Stimmen (7 Enthaltungen) hat er beschlossen, die Sitzungsgelder des Verfassungsrates um 150 000 Franken zu kürzen. Und sein Beschluss, beim Hilfspersonal weitere 50 000 Franken wegzunehmen, fiel mit 46 zu 37 Stimmen aus. Für die Kürzung sprachen sich vor allem die bürgerlichen Parteien aus.
Den Kürzungsantrag stellte die Finanz- und Geschäftsprüfungskommission. Deren Sprecher Claude Masset hielt fest, dass der Verfassungsrat am 31. Januar 2001 beschlossen hatte, sein Budget 2001 um 467 000 Franken auf 1,3 Mio. zu erhöhen, nachdem der Grosse Rat kurze Zeit zuvor 873 000 Franken bewilligt hatte. Masset erinnerte daran, dass der Grosse Rat zuständig sei für die Genehmigung des Staatsbudgets. Die Erhöhung des Budgets des Verfassungsrates hätte demnach mittels Zusatzkredit vom Grossen Rat bewilligt werden müssen. Bislang sei jedoch kein solcher Antrag unterbreitet worden. Für die Finanzkommission sei dies unannehmbar. Weil das Budget 2001 nicht mehr geändert werden könne, müsse der Verfassungsrat nun im Jahre 2002 einen Effort leisten. Es sei nicht Absicht der Finanzkommission, die Höhe der Sitzungsgelder zu kürzen.
CVP-Sprecher Claude Carrard forderte deshalb den Verfassungsrat auf, weniger Sitzungen durchzuführen. «Man hat das Gefühl, dass man sich in Detailfragen verliert», kritisierte er die Arbeit des Verfassungsrates. Misstrauen vermeiden
Die SP, eine Minderheit der CVP und vereinzelte Grossräte, zum Teil selber Verfassungsräte, versuchten, die Situation noch zu retten, doch vergeblich. «Es gibt keineswegs zu viele Sitzungen. Die Informationen sind wichtig, wir müssen Experten beiziehen», verteidigte Josef Vaucher (SP, Tafers) die Arbeit des Verfassungsrates. «Die Kürzung wäre eine falsche Sparmassnahme. Sie würde die Arbeiten hinauszögern und wäre mit einem Energieverlust verbunden», meinte Damien Piller (CVP, Villars-sur-Glâne). Und Staatsrat Pascal Corminboeuf gab zu bedenken, dass eine Kürzung vom Verfassungsrat als Misstrauensvotum aufgefasst würde. Er wollte nicht, dass ein falsches Zeichen gesetzt wird. Er schätzte die Kosten des Verfassungsrats bis ins Jahr 2004 auf insgesamt 4,2 Mio. Franken, weshalb die vom Grossen Rat für das Jahr 2001 bewilligten 873 000 Franken ungenügend gewesen seien.
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