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Samstag 23. Februar 2002, Kanton Spitalwesen in der Hand des Kantons
Verfassungsrat beschliesst griffige Thesen zum öffentlichen Gesundheitswesen
Der Verfassungsrat ist seiner Linie treu geblieben. Wie an den beiden Vortagen hat er sich am Freitag mit Erfolg gegen die Kantonalisierung einer Staatsaufgabe gewandt. Diesmal betraf es das Gesundheitswesen.
Von WALTER BUCHS
Die verfassungsgebende Behörde hat gestern Vormittag die verbleibenden Thesen zum Thema «Staatsaufgaben» beraten. Im Bereich «öffentliche Gesundheit» ist die Sachbereichskommission zum Schluss gekommen, dass die Spitäler und der Sanitätsdienst (Ambulanzen) kantonal organisiert werden sollen. Hingegen könnten die sozial-medizinischen Dienste zwischen den Gemeinden und dem Kanton aufgeteilt werden. Entsprechend wurde der Vorschlag formuliert.
FDP- und SP-Anträge ohne Chance
Die FDP-Fraktion hatte vorgeschlagen, die vier Thesen des Kapitels durch einen einzigen Satz zu ersetzen, der allgemein und unverbindlich gehalten war. Gemäss FDP-Fraktionschef Denis Boivin, Freiburg, hätte diese Formulierung den Vorteil «anpassungsfähig und dauerhaft» zu sein. Hingegen beantragte die SP-Fraktion, das ganze Spitalwesen und die sozial-medizinischen Dienste, Sanitätsdienst inbegriffen, ausschliesslich der Verantwortung des Kantons zu übertragen. SP-Sprecher Philippe Pasquier betonte, dass nur die Kantonalisierung zur Lösung der anstehenden Probleme beitragen könne.
Nach einer ausgiebigen Diskussion wurden aber beiden Vorschläge bachab geschickt. Hingegen wurde der Vorschlag von Joseph Eigenmann (CVP), Corminboeuf, knapp gutgeheissen, welcher beantragte, den Ambulanzdienst von der Kantonalisierung auszunehmen. Zudem wurden drei weitere Thesen, welche den Staat verpflichten, «die Gesundheit zu schützen und zu fördern», auf Antrag der CVP in einen einzigen Vorschlag verpackt.
Eine Kommissionsminderheit war der Meinung, dass man dem vielfältigen Angebot und den Möglichkeiten im Gesundheitswesen besser Rechnung tragen sollte, und schlug eine Variante vor, die viel detaillierter war. Dabei ging es unter anderem um die Selbstbestimmung des Einzelnen, die Organisation der Spitex, die Prävention, die Dienste der Alternativmedizin und den Schutz der Patienten. Auf Antrag von Philippe Wandeler (CSP), Freiburg, der die Anliegen der Minderheit erläuterte, wurde über jeden Punkt einzeln abgestimmt und alle wurden verworfen. Andere Vorschläge erlitten das gleiche Schicksal oder wurden vor der Abstimmung zurückgezogen. Förderung des Rechtsschutzes?
Die Kommission 2 hatte unter dem Thema «Sozialziele» vorgeschlagen, der Staat müsse den Zugang zum Rechtsschutz fördern. Auf Antrag von CVP und FDP wurde diese These mit einem knappen Mehr gestrichen. Antoinette de Weck (FDP), Freiburg, machte geltend, dass das Angebot privater Organisationen ausreichend und günstig sei. Kommissionspräsident Adolphe Gremaud (Öffnung), Freiburg, wies darauf hin, dass es keineswegs um eine Kantonalisierung der privaten Angebote gehe. Anna Petrig (SP), Oberschrot, erläuterte die Bedeutung des Anliegens für die sozial Schwächeren.
Zum Verhältnis Staat - Gemeinde
Vorgängig hatte der Verfassungsrat sich noch kurz mit Thesen zum Verhältnis Staat - Gemeinden befasst. Zur Aufteilung der Aufgaben zwischen Kanton und Kommunen wurde eine sehr allgemeine Formulierung gewählt. Nähere Beschreibungen werden erst bei der Behandlung des Berichts der Kommission 7 (Territoriale Gliederung) diskutiert werden.
Suche nach besserer Arbeitsweise
Gemäss Programm will der Verfassungsrat in der ersten Hälfte dieses Jahres die Thesen der Kommissionsberichte behandeln. Er hat dafür jeden Monat eine Session vorgesehen, die jeweils von Mittwoch 14 Uhr bis Freitag 12 Uhr dauert. Der Mittwoch- und Donnerstagabend wurde ausdrücklich als Openendsitzung vorgesehen, wenn das vorgesehene Programm noch nicht erledigt ist. Davon wurde bis jetzt kein Gebrauch gemacht.
In der Januar-Session konnte der Zeitplan weitgehend eingehalten werden. In der am Freitagmittag abgeschlossenen Februar-Session hat sich der Rat nun einen grossen Rückstand eingehandelt, denn nur gut die Hälfte der vorgesehenen Thesen wurde verabschiedet. Dies hat die Fraktionschefs von CVP, FDP und SP gestern veranlasst, einen Ordnungsantrag einzubringen, um die Verlängerung der Sitzung in den Abend hinein auch praktikabel zu machen.
Der Vorschlag fiel nicht überall auf Verständnis. So stellte Käthi Thalmann (SVP), Murten, fest, dass sich die einzelnen Mitglieder unbedingt kürzer fassen sollten. Auch Peter Bachmann (FDP), Murten, hatte sich ob der Länge der Diskussionen «genervt». Alt Staatsrat Félicien Morel warnte allerdings davor, sich unter Druck setzen zu lassen. Nach einer gut 30-minütigen Diskussion einigte sich das Plenum auf einen Kompromissvorschlag von Ambros Lüthi (SP), Freiburg. Danach wird der bisherige Stundenplan beibehalten. Wenn (am Mittwoch- und/oder Donnerstagabend) die Sitzung in den Abend hinein verlängert wird, dann wird vorher eine Pause eingeschaltet, damit die Gespräche auch zu später Stunden noch fruchtbar bleiben. In einer gestern Abend verbreiteten Pressemitteilung stellt die SP-Fraktion fest, dass die Behandlung der von den Kommissionen ausgearbeiteten Thesen ihre Zeit brauche. Gleichzeitig gibt sie ihrer Besorgnis darüber Ausdruck, dass in den letzten Tagen eine Tendenz aufgekommen sei, Vorschläge der Kommissionen ohne Diskussion zu streichen und abzulehnen. Gegen eine
«Fliegengewicht-Verfassung»
Das Hauptziel könne nicht darin bestehen, eine möglichst schlanke Verfassung auszuarbeiten. Es gehe vielmehr darum, Ideen und Projekte zu entwickeln, welche eine Antwort auf die Erwartungen der Bevölkerung des Kantons geben können. Diese müssten eingehend besprochen werden können. Der Hinweis, das Anliegen gehöre nicht in die Verfassung, sei dabei noch kein Grund, die Diskussion abzuwürgen. wb
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