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Samstag 27. April 2002, Kanton Verpflichtung zum Budgetausgleich
Verfassungsrat verabschiedet Thesen zum Bereich «Finanzen»
Grundsätzlich soll das Betriebsbudget des Staates ausgeglichen sein. Der Verfassungsrat hat am Freitag nach eingehender Diskussion eine entsprechende These im Hinblick auf das neue Grundgesetz des Kantons verabschiedet.
Von WALTER BUCHS
Das Plenum hat gestern die Thesen der Kommission 3 zum Finanzbereich behandelt. Wie Präsidentin Erika Schnyder (SP, Villars-sur-Glâne) unterstrich, hat sie dabei als oberstes finanzielles Ziel ein ausgeglichenes Betriebsbudget festgelegt. Um der konjunkturellen Entwicklung und aussergewöhnlichen Ereignissen Rechnung zu tragen, können allerdings in gewissen Jahren Defizite gemacht werden. Diese Mehrausgaben müssten dann aber spätestens nach fünf Jahren ausgeglichen sein.
«Unrealistisch und realitätsfremd»
Ambros Lüthi (SP, Freiburg) gab zu bedenken, dass er auf der Grundlage der Wirtschaftstheorie diese Bestimmung nicht nachvollziehen könne. Der Verfassungsrat solle dem Grossen Rat nicht die Hände binden. Dieser brauche ein konjunkturpolitisches Instrument, um bei ausserordentlichen Ereignissen handeln zu können. Fünf Jahre seien zudem zu kurz, um solche Ausschläge wieder aufzufangen.
In die gleiche Richtung zielte ein Änderungsantrag von Pierre Aeby (SP, Freiburg), der das Ziel weniger formell festhält und keine Jahreszahl nennt, wann die Defizite wieder ausgeglichen werden müssen. Für Alexander Grandjean (SP, Murten) ist die vorgeschlagene These realitätsfremd, denn die kantonalen Behörden hätten keinen Einfluss auf die Länge der Konjunkturzyklen.
Element gesunder Finanzführung
Félicien Morel (Öffnung, Belfaux), der die Untergruppe Finanzen innerhalb der Kommission 3 geleitet hatte, ergänzte, dass das Gesetz dann selbstverständlich präzisieren müsse, was unter einem aussergewöhnlichen Ereignis zu verstehen ist und ab wann eine Budgetüberschreitung zugelassen wird. Besondere Ausgaben könnten beispielsweise dann gerechtfertigt sein, wenn die Arbeitslosenquote über fünf Prozent liegt oder das Bruttoinlandprodukt ein Negativwachstum von unter einem Prozent ausweist.
Der Kommissionssprecher unterstrich im Weiteren, dass ein ausgeglichenes Budget zu einer gesunden Finanzplanung gehört. Der Vorschlag Aeby würde aber die gewollte Wirkung wieder aufheben, weshalb er abzulehnen sei. Dies hat das Plenum dann auch getan. Auch ein Rückweisungsantrag fand keine Gnade.
Diskussionslos hat der Verfassungsrat eine These verabschiedet, gemäss des Finanzplans, wie er für den Kanton gilt, auch in den Gemeinden Anwendung finden soll. Zudem sollen künftig das Budget und die Rechnung des Kantons, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie deren Einrichtungen öffentlich sein. Für das obligatorische und fakultative Finanzreferendum werden die gleichen Bestimmungen vorgeschlagen, wie sie seit Jahrzehnten gelten. Eine Minderheit der Kommission 4, die sich ebenfalls mit dem gleichen Thema befasste, wollte die erforderliche Zahl der Unterschriften beim fakultativen Finanzreferendum von 6000 auf 4500 senken. Mit 61:45 Stimmen wurde aber der Antrag der Mehrheit gutgeheissen. Kurz vor Mittag nahm der Verfassungsrat am Freitag noch die Beratungen über die Gemeindesteuern und den Finanzausgleich auf. Angesichts der Bedeutung dieser Fragen stellte Félicien Morel den Antrag, deren Behandlung auf die Maisession zu verschieben, denn die Aufmerksamkeit hatte merklich nachgelassen. Mit einer einzigen Gegenstimme wurde der Antrag gutgeheissen, so dass die Aprilsession genau mit dem Zwölfuhrschlag abgeschlossen werden konnte. Ungewohntes Vorgehen
Zu Beginn der Beratungen über die Finanzfragen gab Kommissionspräsidentin Erika Schnyder bekannt, dass sie vor Wochenfrist einen Brief des Büros des Grossen Rates erhalten habe. Damit sei dem Verfassungsrat eine Motion von CSP-Grossrat Rudolf Vonlanthen über die «Ausgabenbremse» weitergeleitet worden. Sie sei ob des Vorgehens etwas perplex. Ihre Arbeitsgruppe habe aus zeitlichen Gründen dazu noch keine Stellung nehmen können.
Félicien Morel ergänzte hiezu, dass die Thesen der Kommission tatsächlich in Richtung einer Ausgabenbremse gehen.
Wenn sie vom Plenum ohne grosse Retouchen angenommen werden, sei die Zielsetzung der Motion, die vom Grossen Rat überwiesen wurde, weitgehend erfüllt. Ombudsstelle befürwortet
Die künftige Verfassung des Kantons Freiburg soll ermöglichen, dass auf dem Gesetzesweg eine unabhängige Ombudsstelle für Verwaltungsangelegenheiten eingerichtet werden kann. Dies hat der Verfassungsrat gestern zum Schluss der Beratungen der Thesen der Kommission 5 (Parlament, Regierung, Verwaltung) beschlossen. Ein Antrag der SP, dies als Verpflichtung in die Verfassung aufzunehmen, wurde knapp verworfen, obwohl der Grundsatz unbestritten war.
Nach dem Fall Aliesch im vergangenen Jahr im Kanton Graubünden hatte die Kommission ebenfalls die Frage erörtert, ob in der Verfassung eine Bestimmung aufgenommen werden sollte, gemäss der der Grosse Rat einen einzelnen Staatsrat seiner Funktion entheben oder den Gesamtstaatsrat auflösen könnte. Gemäss Präsident Peter Jaeggi (CSP, Schmitten) verzichtet die Kommission ausdrücklich darauf. Als Begründung führte er an, dass die Regierung vom Volk gewählt sei und er sich daher eine Rücktrittsforderung durch den Grossen Rat nicht vorstellen könne. Im Extremfall würden die öffentliche Meinung und das Strafrecht genügend Möglichkeiten bieten, um einem solchen Problem zu begegnen.
Durchwegs im Sinne der Kommission
Das Plenum hat am Freitag zu Beginn seiner Sitzung über zwanzig Thesen verabschiedet, welche die Kompetenzen des Staatsrates und die Beziehungen Grosser Rat - Staatsrat sowie die Verwaltung betreffen. Dabei wurden die Anträge der Kommission, von einer rein redaktionellen Änderung abgesehen, durchwegs gutgeheissen.
Ein Änderungsantrag, welcher den Mitgliedern des Staatsrates zwingend vorschreiben wollte, an den Sitzungen des Grossen Rates und der Kommissionen, wenn sie die Beratungen ihrer Direktion betreffen, teilzunehmen, wurde klar abgelehnt. Grundsätzlich hat sich das Plenum in den letzten Tagen meistens für offene Bestimmungen ausgesprochen, um den Spielraum der Behörden nicht unnötig einzuschränken. wb
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