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Freitag 24. Mai 2002, Kanton Ei des Kolumbus noch nicht gefunden
Bestimmungen über die Richterwahlen sorgen im Verfassungsrat für rote Köpfe
Für die SP-Fraktion im Verfassungsrat sind die Vorschläge betreffend die Wahl, die Zusammensetzung und die Kompetenzen des neu zu schaffenden Justizrates antidemokratisch. Mit dem Entscheid, den Debatten über diese Thesen fernzubleiben, wollten ihre Mitglieder deutlich machen, dass eine Limite überschritten wurde.
Von WALTER BUCHS
Seit Jahren erscheint im Kanton Freiburg die Frage der Richterwahlen immer wieder auf der politischen Traktandenliste. Ein Dorn im Auge ist insbesondere der SP und gelegentlich auch kleineren Parteien die Tatsache, dass die Richter der 1. Instanz (Gerichtspräsidenten, Untersuchungsrichter, Friedensrichter usw.) vom Wahlkollegium gewählt werden. Es wird kritisiert, dass die CVP ihre Vormachtstellung missbrauche, das Vorgehen zu wenig transparent und demokratisch
nicht legitimiert sei.
Die Justizaffäre in den letzten Jahren hat zudem deutlich gemacht, dass die Aufsicht über die richterliche Gewalt ungenügend ist und versagt hat. Um diese durch eine unabhängige Instanz zu verbessern, wird von allen politisch relevanten Kräften die Schaffung eines Justizrates begrüsst, wie ihn einige wenige andere Kantone kennen. Der Grosse Rat hat diesbezüglich bereits einen Grundsatzentscheid gefällt.
Entpolitisierung gefordert
Die Ausarbeitung der entsprechenden Grundsätze im Hinblick auf die neue Verfassung stellte deshalb für den Verfassungsrat eine besonders heikle Aufgabe dar. Die entsprechenden Thesen wurden am Donnerstag im Plenum beraten. Wie die Kommission unter dem Präsidium von Philippe Vallet (Gerichtspräsident in Bulle) in ihrem Bericht betont, ging es ihr bei der Ausarbeitung der Vorschläge darum, die richterlichen Ämter zu entpolitisieren und für die entsprechenden Ämter die Kandidaten nur aufgrund ihrer Fähigkeiten ohne Berücksichtigung ihrer politischen Herkunft vorzuschlagen.
Genau dies haben die Kritiker in den letzten Jahren immer wieder gefordert. Wie sich im Verfassungsrat nun zeigte, gehen die An-
sichten, wie dieses Ziel zu erreichen ist, innerhalb der politischen Parteien diametral auseinander.
Die Kommissionsmehrheit hatte vorgeschlagen, dass der Justizrat, der künftig die administrative und disziplinarische Aufsicht über die richterliche Gewalt auszuüben hat, zuhanden des Grossen Rates auch die Bewerber für das Kantonsgericht und den Staatsanwalt auswählt. Danach könnte das Kantonsparlament nur einen dieser vorgeschlagenen Kandidaten wählen. Der Justizrat wäre zudem Wahlbehörde für die Richter der 1. Instanz. Er würde sich aus sieben Mitgliedern zusammensetzen, die je eine Behörde respektive Personengruppe vertreten. «Verschlechterung des Status quo»
Für die SP-Fraktion, die sich schon lange für die Volkswahl oder mindestens für die Wahl der Richter durch den Grossen Rat einsetzt, sind diese Vorschläge völlig inakzeptabel. Insbesondere wird die Verknüpfung von Aufsichts- und Wahlkompetenz der gleichen Leute abgelehnt. Die geforderte Transparenz und die Ausschaltung der Geheimnistuerei, wie sie heute zum Teil im Wahlkollegium vermisst wird, werde nicht erreicht.
Da die Mehrheit des Verfassungsrates gestern Vormittag nicht bereit war, das ganze Kapitel der Thesen über die Wahlen, Ernennungen und die Aufsicht der 3. Gewalt im Staat, an die Kommission zurückzuweisen, hat die SP-Fraktion sofort geschlossen den Ratssaal verlassen und ist erst im Laufe des Nachmittags wieder zurückgekehrt.
In einer kurzfristig anberaumten Medienorientierung stellte Fraktionschef Alain Berset fest, dass mit dem Vorschlag der Kommission die Legitimität des Justizrates nicht gegeben sei. Aufgrund des Wahlmodus sei auch die Transparenz nicht gewährleistet. Dieses kleine Gremium erhalte viel zu viel Macht. Unter solchen Umständen könne die SP «nie und nimmer mitmachen», weshalb mit dem Verlassen der Debatte ein Zeichen gesetzt wurde. Vorgehen stiess auf Unverständnis
Der Rückweisungsantrag wurde im Plenum von keiner anderen Fraktion unterstützt. Die meisten vertraten die Meinung, es sei für die Richterwahl ein gutes Gleichgewicht zwischen demokratischer Legitimität und Unabhängigkeit gefunden worden. Kommissionspräsident Vallet stellte gar fest, dass alle, welche den Rückweisungsantrag unterstützen, die Politisierung der Gerichte fördern. Das Plenum hat anschliessend alle Thesen im Sinne der Kommission praktisch unverändert gutgeheissen. Es gab nur wenige kleine Retouchen, so bei der Amtsdauer des Justizrates.
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