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Samstag 7. September 2002, Kanton Für Volkswahl der Richter
Staatsrat stellt Fähigkeit in Vordergrund
Berufsrichter sollten durch das Volk gewählt werden. Dies schlägt der Staatsrat in seinem Bericht zu einem Postulat vor. Er leitet diese Frage aber an den Verfassungsrat weiter.
Der Kanton Freiburg ist der einzige Kanton, der für die Ernennung der erstinstanzlichen Richter ein Wahlkollegium (Staatsrat und Kantonsgericht) vorsieht. In 20 anderen Kantonen wird diese Aufgabe dem Volk anvertraut. Vor 13 Jahren ergriff die Sozialdemokratische Partei die Initiative für eine Wahl der Richter durch das Volk. Damals bekämpfte der Staatsrat den Vorschlag vehement. Nun ist er anderer Meinung. Er ist mit dem heutigen System nicht mehr zufrieden und würde eine Volkswahl dem Wahlkollegium vorziehen, schreibt er in seinem Bericht zum Postulat von Grossrat Louis-Marc Perroud (SP, Villars-sur-Glâne).
Wahl durch den Grossen Rat
Die Initiative der SP wurde 1989 von 58 Prozent der Freiburger abgelehnt. In seinem Postulat, das er im Jahr 1997 eingereicht hatte, forderte Perroud, dass die Berufsrichter, also Gerichtspräsidenten, Untersuchungsrichter und der Präsident der Jugendstrafkammer, durch den Grossen Rat gewählt werden. So würde mehr Trans- parenz geschaffen und eine ausgewogene Berücksichtigung der verschiedenen politischen Gesinnungen erreicht. Das heutige Wahlverfahren sei eine rein politische Angelegenheit, bei der im Allgemeinen zum Nachteil der SP entschieden werde.
Kantonsgericht ist anderer Meinung
Eine andere Meinung vertritt das Kantonsgericht. Die Mehrheit der Kantonsrichter spricht sich für die Beibehaltung des Wahlkollegiums aus. Dank diesem Wahlverfahren würde den fachlichen Qualitäten der Kandidaten gegenüber der politischen Zugehörigkeit der Vorzug gegeben. Das Kantonsgericht hält zudem fest, dass in den vergangenen Jahren die meisten zur Wahl stehenden Kandidaten keiner Partei angehört hätten.
Laut Staatsrat hingegen beseitigt die Wahl durch den Grossen Rat die Gefahr der Politisierung der Richterwahlen nicht, auch wenn sie das Wahlorgan auf eine breitere Basis stellt und dadurch eine bessere Vertretung der verschiedenen politischen Gesinnungen und juristischen Lehrmeinungen sowie eine grössere Transparenz gewährleistet würden. Er geht deshalb noch einen Schritt weiter und zieht heute eine Wahl der Berufsrichter durch das Volk vor. Die Richter sollten in erster Linie aufgrund ihrer fachlichen Kompetenzen und ihrer Fähigkeit, sich für eine effiziente und qualitativ hoch stehende Justiz einzusetzen, gewählt werden, schreibt der Staatsrat in seinem Bericht weiter.
Die Arbeiten des Verfassungsrates
Da die Richterwahlen auch im Rahmen der Totalrevision der Kantonsverfassung thematisiert werden, leitet der Staatsrat diese Frage an den Verfassungsrat weiter. Die Kommission 6 hat sich schon damit auseinander gesetzt. Sie vertritt dabei neue Thesen, die zu einer Entpolitisierung der Richterwahlen führen sollen.
Sie schlägt vor, dass die Mitglieder der oberen richterlichen Behörden (Kantonsgericht und Verwaltungsgericht) nach einer Vorauswahl des Justizrates weiterhin durch den Grossen Rat gewählt werden. Die erstinstanzlichen Richter, nämlich Gerichtspräsidenten, Untersuchungsrichter, Friedensrichter, Laienrichter und Beisitzer, sollten direkt vom Justizrat gewählt werden.
Zu viel Macht für kleines Gremium?
Anlässlich der Diskussion im Verfassungsrat vom 23. Mai 2002 hat sich die SP-Fraktion mit diesen Vorschlägen nicht einverstanden erklären können. Ihrer Ansicht nach wäre ein sechsköpfiger Justizrat nicht legitimiert, solche Wahlen vorzunehmen. Dieses kleine Gremium würde viel zu viel Macht erhalten. Aus Protest verliess die SP-Fraktion damals den Saal. Fortsetzung folgt. ist/Comm.
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