Kanton

Samstag 7. September 2002, Kanton


SP Freiburg: Zwei Nein und ein Ja
Eine Resolution gegen die These des Verfassungsrats
Die Mitgliederversammlung der SP Freiburg verabschiedete die Parolen für die kommenden Abstimmungen: Nein zum Elektrizitätsmarktgesetz und zur Goldinitiative und Ja zum Gegenvorschlag des Bundesrates.

Von DANIEL STULZ
Nationalrat Erwin Jutzet vergleicht den Ertrag aus den Goldreserven der Nationalbank mit einem Lottogewinn: «Jeder hat sich bestimmt schon mal überlegt, was er mit einer Million machen würde: Schulden abzahlen, reisen, ein Haus bauen usw. Aber viele denken dabei auch an diejenigen, denen es nicht so gut geht, die das Geld nötiger haben.»
Genau in diese Richtung geht auch der Gegenvorschlag des Bundesrates zur Goldinitiative: Ein Drittel der AHV, ein Drittel den Kantonen und ein Drittel der Solidaritätsstiftung, wovon die Hälfte für die Schweiz, die andere Hälfte für das Ausland bestimmt ist. Die Solidaritätsstiftung und die Kantone haben etliche Möglichkeiten, dieses Geld zu verwenden, z.B., um Entwicklungshilfe zu leisten, Tagesschulen und Krippen zu finanzieren oder den Analphabetismus in der Schweiz zu bekämpfen. Das Ja zum Gegenvorschlag wurde von der Versammlung einstimmig beschlossen, aber warum soll man gegen die Initiative stimmen? Die Initiative bringe der AHV keine qualitative Verbesserung, das Geld wäre nur eine kurzfristige Lösung und würde eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nur um zwei bis drei Jahre verschieben. Die Stichfrage bei einem allfälligen doppelten Ja soll mit einem Kreuz beim Gegenvorschlag beantwortet werden.
Nur grosse Industriebetriebe würden profitieren
Das Elektrizitätsmarktgesetz (EMG) soll abgelehnt werden. Die Befürworter des Gesetzes argumentieren damit, dass die Preise für den Strom dadurch sinken würden. Der Versammlung wurde aufgezeigt, dass die Haushalte und die KMU in den europäischen Ländern, in welchen eine Liberalisierung stattgefunden hat, in den letzten zehn Jahren zum Teil massive Preissteigerungen in Kauf nehmen mussten. Im Schnitt habe zwar eine Preissenkung stattgefunden, doch nicht wegen der Liberalisierung, sondern wegen Überproduktion. Und davon konnten nur die grossen Industriebetriebe profitieren. In der Schweiz sind 99 Prozent der Konsumenten Haushalte und KMU, es ist also klar, wer vom EMG profitieren würde.
Der Verfassungsrat war auch ein wichtiges Traktandum an diesem Abend. Die SP-Mitglieder des Verfassungsrates baten um Unterstützung der Versammlung für eine Resolution bezüglich des Gerichtswesens. Der Verfassungsrat hat eine These verabschiedet, nach welcher ein Justizrat das Gerichtswesen im Kanton überwachen und zugleich Wahlbehörde für die Richter der ersten Instanz (Gerichtspräsidenten, Untersuchungsrichter, Friedensrichter usw.) sein soll. Die SP fordert nun, dass die Richterwahl durch das Volk und der Justizrat nur das Aufsichtsorgan über die Justiz sei. Zudem wird gefordert, dass die Mehrheit der Mitglieder dieses Rates nicht aus dem Kanton Freiburg stammt. Dies sei wichtig, weil sich in Freiburg sowieso alle kennen würden und so die Objektivität nicht gewährleistet wäre.
Mit dem jetzigen Vorschlag des Verfassungsrates würde dem Volk die Kontrolle über die Justiz entzogen, denn die Zusammensetzung des Justizrats wäre genau geregelt. Die Demokratie wäre die grosse Verliererin dieses Systems, deshalb müsse dieser Punkt geändert werden. Die Versammlung unterstützt dieses Vorhaben einstimmig.

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