Kanton

Samstag 18. Januar 2003, Kanton


Zu viele Details beschrieben
Arbeitgeberkammer mit der Verfassung unzufrieden
Das Vorprojekt der neuen Verfassung beunruhigt die Arbeitgeberkammer des Kantons Freiburg. Diese stellt gravierende Fehler in der Konzeption fest. Zudem sei die Verfassung zu detailliert und zu sozial.

«Die Verfassung muss klarer und präziser werden», bringt Jean-Pierre Siggen, Direktor des Freiburgischen Arbeitgeberverbandes, die Kritik auf den Punkt. Es werden so zu viele Details geklärt, die in den Gesetzen definiert sein müssen und nichts in einer Verfassung zu suchen haben. «Die Artikel werden nicht klarer, je detaillierter sie beschrieben sind.»
Er nennt dabei den Artikel 79, Absatz 3, in dem steht, dass Staat und Gemeinde die Wasseraufbereitung sowie die ökologische Wiederverwertung und Beseitigung von Abfällen gewährleisten. «Dieser Artikel hat in der Verfassung keine Berechtigung», sagte Siggen. Die Verfassung habe nämlich weder einen didaktischen noch pädagogischen Zweck zu erfüllen.
«Fataler Irrtum»
Eine Verfassung dient dazu, die Bürger vor staatlicher Einmischung zu schützen, ist die Arbeitgeberkammer überzeugt. «Das Vorprojekt scheint aber eher die Erstellung des politischen Tätigkeitsprogramms des Staats zu unterstützen», sagte Siggen.
Die Arbeitgeberkammer, die erst seit kurzem mit ihrem Vize-Direktor Jean-Jacques Marti im Verfassungsrat vertreten ist, kritisiert auch, dass im Artikel 1 das Wort «souverän» gestrichen wurde. «Das ist ein fataler Irrtum», ist Siggen überzeugt.
Der Kanton habe sehr wohl einen souveränen Status und er benötige im Gegensatz zum Bund keinen Verfassungsvermerk um eine legislative Intervention zu rechtfertigen.
Die Aufhebung dieses Wortes sei bezeichnend für die falsche Auffassung der Verfassungsräte.
Wiederholungen vermeiden
Siggen stellt ebenfalls fest, dass es einige Doppelspurigkeiten mit der Bundesverfassung gibt. «Es ist unnötig, bereits Niedergeschriebenes zu wiederholen.» Im Gegensatz dazu vermisst die Arbeitgeberkammer im Artikel 3 - wie es in der Bundesverfassung auch steht - die Zielsetzung: Gemeinsamen Wohlstand fördern. Bemängelt wird unter selbem Artikel zudem der Ausdruck der «ethischen Prinzipien», der gemäss Siggen gar nicht definiert ist. Gemäss Direktor ist die Wirtschaft in der Verfassung sowieso zu wenig berücksichtigt und in ihren Tätigkeiten sogar noch eingeschränkt.
Kein neues Volksrecht
Jean-Pierre Siggen lehnt die Einführung des neuen Volksrechts (300 Stimmberechtigte können eine Motion zuhanden des Grossen Rates einreichen) kategorisch ab. Dies würde für das Parlament nur eine zusätzliche Belastung darstellen. «Die Vertreter im Grossen Rat sind dazu bestimmt, die Anliegen des Volkes wahrzunehmen und diese einzubringen. Das reicht aus.» Grundsätzlich ist die Arbeitgeberkammer der Ansicht, nicht ein Verfassungsrat, sondern der Grosse Rat hätten die neue Verfassung ausarbeiten sollen.
Neben den Vorbehalten, welche die Arbeitgeberkammer dem Vorprojekt der Verfassung entgegenbringt, findet Siggen auch lobende Worte. «Der Verfassungsrat war offen für unsere Anregungen.»
Zudem hätten alle, die sich für die Verfassung interessierten, auf dem Internet Zugang zu dieser. «Wer sich informieren will, kann dies problemlos tun.»  
jlb

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