Kanton

Freitag 21. März 2003, Kanton


Hat die Stunde der Bezirke geschlagen?
Verfassungsrat öffnet Türe für Änderung der territorialen Struktur
Die Gliederung des Kantons in Bezirke ist nicht mehr unantastbar. Gemäss Vorentwurf für die Verfassung, wie er am Donnerstag verabschiedet wurde, wird der Staat nicht verpflichtet, eine entsprechende Aufteilung vorzunehmen. Die jetzigen Strukturen sollen aber in Kraft bleiben, bis diese per Gesetz geändert werden.
Von WALTER BUCHS
Anlässlich der Null-Lesung im Hinblick auf die neue Kantonsverfassung vor einem Jahr hatte der Verfassungsrat Thesen verabschiedet, wonach das Kantonsgebiet in Verwaltungsbezirke unterteilt ist und ein vom Volk gewählter Oberamtmann an der Spitze jedes Bezirks steht. Diese Fassung wurde in den Vorentwurf aufgenommen, wie er gegenwärtig von der Verfassung gebenden Behörde diskutiert wird. Im Gegensatz zum geltenden Grundgesetz wird die Anzahl der Bezirke bewusst nicht vorgeschrieben.
Heutige Struktur überholt
Bei der Diskussion am Donnerstag im Plenum wurde dieser Kommissionsvorschlag aber als wenig mutig bezeichnet, der den heutigen Gegebenheiten nicht mehr angepasst sei. Auch die Bevölkerung erwarte Vorschläge für moderne Strukturen. Verschiedene Abänderungsvorschläge gingen in diese Richtung. André Schoenenweid (CVP) und Philippe Wandeler (CSP), beide Freiburg, schlugen vor, dass das Kantonsgebiet in drei Bezirke aufgeteilt wird. Angesichts der ungleichen Grösse und Bedeutung der heutigen Bezirke würde dies ein neues Gleichgewicht schaffen. Angaben, wie die Neuaufteilung erfolgen könnte, machten die Motionäre aber nicht.
Der Vorschlag der SP-Fraktion ging dahin, das Kantonsgebiet in Regionen und Agglomerationen aufzuteilen. Das Gesetz würde dann Zahl, Organisation, politische Struktur und Finanzierung bestimmen. SP-Sprecherin Erika Schnyder vertrat dabei die Meinung, dass mit der heutigen Bezirksstruktur die anstehenden Probleme nicht mehr gelöst werden können, und nannte als Beispiel den (zu) grossen und heterogenen Saanebezirk.
Handlungsbedarf gegeben
Ihre Fraktionskollegen Patrik Gruber, Düdingen, und Ambros Lüthi, Freiburg, unterstützten den Antrag mit der Begründung, dass die Bezirke ihre Bedeutung eingebüsst hätten und man mit neuen Strukturen die Zusammenarbeit unter den Gemeinden fördern solle. Demokratisch legitimierte Regionen und Agglomerationen seien das Zukunftsmodell. Es sei überflüssig, Verwaltungsbezirke, Gemeindeverbände und Agglomerationen parallel existieren zu lassen.
Bei ähnlicher Beurteilung der Ausgangslage schlug ein Dutzend Verfassungsräte, die alle Fraktionen vertreten (ausser SVP), einen anderen Weg vor. Danach soll es dem Staat freigestellt sein, den Kanton in Verwaltungsgebiete aufzuteilen. Bei einer Aufteilung müsste das Gesetz die Kriterien festlegen (siehe Kasten). Die heute bestehenden Bezirke würden aber bestehen bleiben, bis ein Gesetz vorliegt. Dies hätte bis spätestens zehn Jahre nach Inkrafttreten der Verfassung zu geschehen.
«Zukunftsgerichtetes Modell»
Als Initiant dieser Lösung betonte Moritz Boschung (CVP, Düdingen), dass es darum gehe, Verwaltungsaufgaben im Kanton effizient wahrzunehmen und dabei nicht an Strukturen festzuhalten, die sich hiezu nicht mehr eignen. Es handle sich um ein «flexibles, offenes und zukunftsgerichtetes Modell», das die Gemeinden in ihrer Autonomie ernst nehme. Obwohl sich die meisten Fraktionssprecher für den Kommissionsvorschlag aussprachen, setzte sich der von Moritz Boschung vertretene Antrag in der Abstimmung gegen alle anderen knapp durch.
Placide Meyer (CVP, Riaz) hatte zusätzlich vorgeschlagen, dass die Stimmberechtigten der betroffenen Bezirke einer allfälligen Änderung der territorialen Gliederung zustimmen müssen. Dieser Zusatzantrag kam etlichen Bedenken entgegen und wurde klar gutgeheissen.
Verwaltungsgebiete
Fassung, die der Verfassungsrat in 1. Lesung gutgeheissen hat:
Art. 152: Der Staat kann den Kanton in Verwaltungsgebiete aufteilen.
Das Gesetz bestimmt deren Aufgaben, Struktur und Organisation.
Übergangsbestimmung: Die jetzigen Verwaltungsstrukturen, namentlich die Verwaltungsbezirke, bleiben in Kraft bis zum Erlass des Gesetzes, welches in einer Frist von zehn Jahren nach dem Inkrafttreten der Verfassung ergehen sollte.
Zusatzbestimmung: Die territoriale Gliederung kann mit Zustimmung der Stimmberechtigten der betroffenen Bezirke Änderungen erfahren.

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