Kanton

Samstag 22. März 2003, Kanton


Bereit für die Vernehmlassung
Der Entwurf für eine neue Kantonsverfassung in erster Lesung durchberaten
Nach Abschluss der ersten Lesung hat der Verfassungsrat den Entwurf für ein neues kantonales Grundgesetz am Freitag mit 76 zu 19 Stimmen bei 7 Enthaltungen gutgeheissen. Vorgängig hat er noch die Bestimmungen betreffend die Beziehungen zu den Kirchen verabschiedet.
Von WALTER BUCHS
Der letzte Artikel des Entwurfs der Staatsverfassung, jener über die Kirchensteuern, stellte für den Verfassungsrat zum Schluss seiner März-Session nochmals eine harte Nuss dar, die es zu knacken galt. Der Vorentwurf, der nach langem Seilziehen unverändert bestätigt wurde, sagte kurz und bündig folgendes: «Die Erhebung von Kirchensteuern wird durch das Gesetz geregelt. Das Gesetz kann die Kirchensteuer durch eine Mandatssteuer ersetzen.»
Kein Ersatz durch Mandatssteuer
Von Seiten der SP wurden zwei Anträge eingereicht mit dem Ziel, die Kirchensteuer der natürlichen und juristischen Personen zwingend durch eine Mandatssteuer zu ersetzen. Anna Petrig, Freiburg, sagte hiezu, dass sie die sozialen und kulturellen Leistungen der Kirche durchaus anerkenne. Auch andere Institutionen würden aber solche Aufgaben wahrnehmen und jeder Bürger soll daher über die Mandatssteuer selber entscheiden können, welche gesellschaftlichen Aufgaben er unterstützen wolle. Für Patrik Gruber (SP, Düdingen) ist «in einer aufgeklärten Gesellschaft die Mandatssteuer angezeigt».
Noël Ruffieux (CSP, Courtaman) machte darauf aufmerksam, dass es sich bei der Mandatssteuer um eine neue Steuer und nicht um einen Ersatz handelt. Auch Konfessionslose müssten diese entrichten. Félicien Morel (Öffnung, Belfaux) riet, den Vorentwurf zu unterstützen. So könne dann der Grosse Rat später in Kenntnis der Sache ein entsprechendes Gesetz schaffen. Daniel de Roche (EVP/CVP, Grossguschelmuth) unterstützte diesen Rat mit dem Hinweis, dass die Kirchen durchaus bereit seien, die Mandatssteuer zu prüfen; aber Veränderungen bräuchten ihre Zeit. In diesem Sinne wurden die SP-Vorschläge abgelehnt.
Keine Chance hatte ebenfalls ein Antrag der FDP, der zum Ziel hatte, die Kirchensteuer für juristische Personen abzuschaffen. Fraktionschef Denis Boivin gab zu bedenken, dass Unternehmen «kein Gewissen und keinen Glauben» hätten und auch nicht wie natürliche Personen aus der Kirche austreten könnten. Es sei deshalb an der Zeit, diese Ungerechtigkeit auszuräumen und sie von der Kirchensteuer zu befreien. Für Daniel de Roche haben diese aber durchaus eine soziale Verantwortung, und Claude Schenker (CVP, Freiburg) betonte, dass juristische Personen ihren Beitrag zum «gesellschaftlichen Zusammenhalt» zu leisten hätten.
Der Artikel betreffend die öffentlich-rechtliche Anerkennung der römisch-katholischen und der evangelisch-reformierten Kirche passierte diskussionslos und wurde mit 74 zu 24 Stimmen angenommen. Claudine Brohy (Bürgerliste, Freiburg) wollte ihn aber mit der Bestimmung ergänzen, dass «der Austritt aus einer anerkannten Kirche jederzeit durch schriftliche Erklärung möglich» ist. Mit dem Hinweis, dass dies durch andere Bestimmungen bereits gewährleistet ist, wurde der Zusatz abgelehnt. Schliesslich wurde der Artikel, der besagt, dass auch andere Kirchen und Religionsgemeinschaften öffentlich-rechtlich anerkannt werden können, mit der Bestimmung ergänzt, dass diese «die Grundrechte zu beachten» hätten.
Nach Abschluss der ersten Lesung wird nun ab Mitte April eine öffentliche Vernehmlassung zum Vorentwurf der neuen Staatsverfassung eröffnet. Anschliessend wird diese ausgewertet, worauf sich das Plenum des Verfassungsrates im November zur zweiten Lesung versammeln wird.
Nachbesserung bei Sprachenfrage nötig
Vor der Abstimmung über den Vorentwurf der Staatsverfassung gab Anton Brülhart (CVP, Düdingen) in seinem persönlichen und im Namen einiger Mitglieder der Kommission 1 eine Erklärung zu den Regelungen im Bereich Sprachenfrage ab. Er stellte fest, dass der Vorschlag der Kommission «ausgewogen, unparteiisch und zukunftsweisend» war. In der ersten Lesung hätten diese Thesen nun eine «wesentliche Verarmung» erfahren.
Die Deutschsprachigen erwarteten keine Sonderbehandlung, unterstrich Anton Brülhart. Wenn die Sprachenartikel aber ihre integrative Wirkung entfalten sollen, dürften deren berechtigten Erwartungen nicht übergangen werden. Er appellierte deshalb an den Verfassungsrat, eine wirkliche «Grundlage für Symmetrie und Gleichbehandlung» zu schaffen. Er und seine Kollegen würden jetzt dem Entwurf zustimmen, aber «mit erhobenem Zeigefinger». wb

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