Sense

Freitag 25. Juli 2003, Sense


Erste Lesung überflüssig?
SP Sense zum Verfassungsvorentwurf
Der Enthusiasmus, mit dem der Verfassungsrat an seine Arbeit gegangen ist, ist bis zur 1. Lesung «stark zusammengeschmolzen». Dies stellt die SP Sense in ihrer Stellungnahme fest und wünscht sich zugleich, dass das Plenum die ursprünglich lebendige Diskussion wiederfindet.

In ihrer ausführlichen Antwort zum Verfassungsvorentwurf bedauert die SP Sense einleitend, dass nicht, wie ursprünglich vorgesehen, die vom Verfassungsrat verabschiedeten Thesen in die Vernehmlassung geschickt wurden, sondern bereits ein Verfassungsentwurf, der vom Plenum ein erstes Mal durchberaten wurde.
Wenn dieses im Herbst nun die Vernehmlassungsergebnisse in seine Debatten mit einbeziehe, dann müsste auch in der 2. Lesung jeder Artikel durchberaten werden. Die SP Sense bezweifelt, dass die dafür im November und Dezember vorgesehene Zeit reichen wird. Sollte die Zeitnot aber dazu führen, dass die Diskussion einzig auf die Streichung bestehender Artikel reduziert wird, würden sich die Vertreter der SP Sense im Verfassungsrat vehement dagegen zur Wehr setzen.
Katalog der Staatsaufgaben
Die Bezirkspartei bedauert den Beschluss des Verfassungsrates, eine Studie über die Kostenfolge der neuen Verfassung erstellen zu lassen. Letztere einzig vom Kostenfaktor abhängig zu machen sei kurzsichtig und zeuge von wenig politischem Verständnis.
Die SP Sense begrüsst ausdrücklich den Katalog der einzelnen Staatsaufgaben in der Verfassung. Regierung und Parlament seien dem Volk verpflichtet und es sei daher wichtig, die Grundzüge der Aufgaben der Behörden im Grundgesetz festzulegen. Es sei bedauerlich, dass der Verfassungsrat dabei «oftmals wichtige Fragen ins Gesetz delegiert und sich damit vor seiner Verantwortung gedrückt» habe.
Die SP Sense stimmt den Sprachenartikeln zu, so wie sie von der Mehrheit des Verfassungsrates in 1. Lesung angenommen wurden. Dabei wird darauf hingewiesen, dass im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Meinung das Territorialitätsprinzip (TP) nicht bedeute, dass «jede Gemeinde nur eine Amtssprache haben könnte». Das TP schütze einsprachige Gemeinden in gleicher Weise wie zweisprachige Gemeinden, in denen seit jeher beide Amtssprachen verwendet werden. Insgesamt komme der Sprachenartikel den Interessen beider Sprachgemeinschaften nach. Die Notwendigkeit, dass der Kanton die Zustimmung geben sollte, wenn eine Gemeinde sich als zweisprachig bezeichnet, wird dabei dadurch begründet, dass in diesem Fall die Gemeindeautonomie hinter die Gesamtinteressen des Kantons zurücktreten muss.
Die SP Sense vertritt die Meinung, dass die registrierte Partnerschaft Eingang in die neue Verfassung finden soll, dies sowohl für homosexuelle Paare als auch für Konkubinatspartner. Es gehe nicht darum zu werten, ob nun die Heirat oder das Konkubinat die angemessenere Lebensform sei, sondern darum, das Diskriminierungsverbot auch in diesem Bereich umzusetzen.
Die SP Sense setzt sich «vehement» für das aktive und passive Stimm- und Wahlrecht für Ausländer auf kantonaler und kommunaler Ebene ein. Politische Rechte sollten nicht länger an den Pass, sondern neu an den Wohnsitz geknüpft werden. Zur «Dynamisierung der Demokratie» sollen in Zukunft auch die Volksmotion (mit lediglich 110 Unterschriften), die Herabsetzung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre und der Unterschriftenzahl für Initiative und Referendum auf 4500 Unterschriften beitragen.
Im gleichen Sinne wird verlangt, dass auf Petitionen innerhalb von sechs Monaten eine verbindliche Antwort gegeben werden muss und dass die Grossratskommissionen öffentlich tagen. Zudem sollte die Einsetzung von Konsultativräten von der Verfassung verbindlich vorgeschrieben werden.
Die SP Sense begrüsst die Schaffung eines unabhängigen Justizrates zur Kontrolle und Überwachung des ganzen Justizapparates. Dieses Gremium müsse eine demokratische Legitimation besitzen und deshalb wie vorgesehen vom Grossen Rat gewählt werden. In diesem Justizrat dürfte aber kein aktives Mitglied der drei Staatsgewalten (Parlament, Regierung, Kantonsgericht) Einsitz nehmen.
Wie sie in ihrer Vernehmlassungsantwort schreibt, kann die SP Sense «akzeptieren, dass sämtliche Gerichtsbehörden vom Grossen Rat gewählt werden». Der Grosse Rat dürfe aber in seiner Auswahl in keiner Art und Weise eingeschränkt werden. Somit wird eine Begutachtung der Kandidaturen durch den Justizrat kategorisch abgelehnt.
Im Kapitel Finanzen wird bemängelt, dass der Verfassungsrat nicht den Mut hatte, eine Bestimmung über Steuerharmonisierung unter den Gemeinden zu verabschieden. Der Grundsatz eines ausgeglichenen Haushalts wird begrüsst, die Schuldenbremse aber abgelehnt. Bedauert wird, dass die Mandatssteuer für natürliche und juristische Personen keinen konkreten Eingang in den Verfassungsentwurf gefunden hat.
Für Neuaufteilung des Kantons
Nicht zufrieden ist die SP Sense ebenfalls mit dem Umstand, dass «sich der Verfassungsrat nicht dazu durchringen konnte, die territoriale Gliederung des Kantons vollständig zu überarbeiten und die zu erstellenden Strukturen den heutigen Bedürfnissen anzupassen». Da die Bezirke namentlich wegen der Mobilität der heutigen Gesellschaft an Bedeutung verlieren, würde die SP Sense eine «verbindliche Neuaufteilung des Kantons in Verwaltungskreise begrüssen».
Schliesslich wünscht die SP Sense, dass den Kirchen kein eigener Titel gewidmet wird, sondern dass deren Angelegenheiten im Bereich «zivile Gesellschaft» geregelt werden. Grundsätzlich sollten die Kirchen und Religionsgemeinschaften autonom und privatrechtlich organisiert sein. wb





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