Kanton

Dienstag 29. Juli 2003, Kanton


Für Berufung auf Gott
Evangelische Volkspartei (EVP) zum Verfassungsentwurf
Die EVP ist der Ansicht, dass der Verfassungsentwurf den Erwartungen einer christlich geprägten und sozialen Gesellschaft weitgehend entspricht. Sie lädt den Verfassungsrat ein, den Textentwurf auch in der 2. und 3. Lesung auf dem Hintergrund des christlichen Menschenbildes anzugehen.

Wie die EVP des Kantons Freiburg in ihrer kürzlich veröffentlichten Stellungnahme zum Verfassungsvorentwurf einleitend festhält, hat die Berufung auf Gott in der Präambel «auch heute und in Zukunft ihren guten Sinn». Sie sei ein Bekenntnis zum christlich-abendländischen Erbe und zu den ethischen Massstäben der Bibel. Sie bewahre den Staat und seine Vertreter davor, «sich selbst zu verabsolutieren und erinnert daran, dass nicht alles Wünschbare auch machbar ist».
Schutz der Minderheiten
Für die Evangelischen konkretisiert die ausdrückliche Erwähnung der Staatsziele «die christlich-ethische Grundhaltung des Staates in Form von verpflichtenden Leitlinien». Da es im Kanton Freiburg politische, religiöse und sprachliche Minderheiten gibt, wird vorgeschlagen, deren Schutz in den Staatszielen ausdrücklich zu erwähnen.
In die gleiche Richtung geht der Vorschlag bezüglich Gebrauch der Amtssprachen. Die EVP ist nämlich der Meinung, dass «eine Gemeinde unter bestimmten Voraussetzungen als zweisprachig zu gelten hat und nötigenfalls auch dazu gezwungen werden kann». Umgekehrt solle es einer Gemeinde aber auch dann möglich sein, zweisprachig zu werden resp. zu bleiben, wenn sie die Voraussetzungen nicht erfüllt.
Beim Artikel über das «Lebensende» im Kapitel «Sozialrechte» wird betont, dass die Menschen nicht über den Tod verfügen können. Bestrebungen in Richtung aktiver Sterbehilfe seien strikte abzulehnen. Der Betreuung und Begleitung sowie der palliativen Pflege alter und schwerkranker Menschen sei «gebührend Beachtung zu schenken».
Bevorzugte Behandlung der Familie
In der Stellungnahme zu Handen des Verfassungsrates wird weiter hervorgehoben, dass die Familie und namentlich auch die Ehe «in der heutigen Zeit und auch in Zukunft den Schutz und die bevorzugte Behandlung des Staates, um deren Stabilität zu verbessern», braucht. Die EVP ist deshalb der Meinung, «dass der Kanton die Ehe als wichtigste Institution des partnerschaftlichen Zusammenlebens privilegieren, die anderen Partnerschaften anerkennen, aber nicht der Ehe gleichstellen soll».
Die Einführung einer kantonalen Mutterschaftsversicherung wird «vollumfänglich unterstützt». Dasselbe gilt bei den Kinderzulagen für den Grundsatz «ein Kind = eine Zulage». Dabei wird der diesbezügliche Minderheitsantrag begrüsst, «der den Umfang der auszurichtenden Leistungen bereits auf Verfassungsstufe konkretisiert und damit garantiert». Zudem gelte es, mit neuen Massnahmen die Ursachen der Armut - gerade auch bei Familien - zu bekämpfen und im Einzelfall gezielt zu helfen. In diesem Sinne wird im Kapitel Steuern der Minderheitsantrag betreffend «Negativsteuer» begrüsst. Die EVP ist jedoch gegen eine gesetzliche Festlegung eines Mindestlohnes. Dies sei Sache der Sozialpartner.
Stärkung der politischen Rechte
Im Kapitel «Bildung» spricht sich die EVP gegen eine explizite Erwähnung des konfessionell neutralen Unterrichts aus. Dies könnte nämlich dazu führen, dass an den Schulen der Religionsunterricht als Teil des Schulunterrichts gestrichen werden muss. Die Respektierung der persönlichen Entscheidungsfreiheit der Menschen bezüglich ihres religiösen Bekenntnisses sei ohnehin selbstverständlich und finde in der Garantie der Glaubens- und Gewissensfreiheit und in der konfessionellen Neutralität des Staates ihren Ausdruck.
Im Weiteren spricht sich die EVP für die Einführung des Ausländerstimmrechts auf kantonaler und kommunaler Ebene aus und begrüsst die Herabsetzung der Unterschriftenzahl für Initiative und Referendum auf 4500. Die Einführung eines Justizrates wird ebenfalls gutgeheissen, doch sollte seine Zusammensetzung auf Gesetzesstufe geregelt werden. Hingegen sollte der Grosse Rat nicht verkleinert werden.
Schliesslich wird der Minderheitsantrag, wonach die Kirchensteuer juristischer Personen abgeschafft werden sollte, abgelehnt. Im Interesse einer bürgernahen Verwaltung sollten zudem die Verwaltungsbezirke und Oberämter beibehalten werden. wb


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