Antonin Weissenbach (1850–1921), freisinnig
Nach dem Besuch der Technischen Abteilung des Kollegiums St. Michael wechselt Antonin Weissenbach an die Kantonsschule Frauenfeld. Er kehrt 1866 nach Freiburg zurück, arbeitet drei Jahre lang im väterlichen Geschäft und reist dann nach Paris, um sich mit der Warenhauswelt vertraut zu machen. Bei Ausbruch des Deutsch-Französischen Kriegs (1870–1871) muss er in die Schweiz zurückkehren, wird ins Militär eingezogen und dient als Unterleutnant im Grenzwachdienst. Seine Militärkarriere beschliesst er im Rang eines Hauptmanns.
Als Vertreter der Wirtschaftskreise ist Antonin Weissenbach Mitglied und dann Präsident des Aufsichtsrats der Freiburger Kantonalbank (1892–1910), in dem er vor allem als Aufsichtskommissar tätig ist.
Antonin Weissenbach führt, zunächst als Mitarbeiter seines Vaters, dann gemeinsam mit seinen Brüdern, als Direktor das familieneigene Konfektions- und Stoffgeschäft, bis er sich 1901 daraus zurückzieht. Nur kurze Zeit begnügt er sich mit einem geruhsameren Leben. Bereits im Dezember 1901 wird er auf einer gemeinsamen Liste der Konservativen und der Freisinnigen zur Wahl in den Grossen Rat portiert und gewählt. Er ist Vertreter der freisinnigen Minderheit und Abgeordneter des Saanebezirks. Von 1901 bis 1903 ist er zudem Präsident des «Cercle littéraire et de commerce», eines zentralen Treffpunkts der Freisinnigen.
Weissenbachs politischer Aufstieg erfolgt in einem für den Freiburger Freisinn schwierigen Umfeld, da er der Allmacht der Konservativen nichts entgegensetzen kann und vom Räderwerk des politischen Systems benachteiligt wird. Der Rücktritt von Staatsrat Aloys Bossy, der durch Enthüllungen über von ihm begangene strafbare Geschäftemacherei blossgestellt wird, bewegt die Konservativen, der Opposition einen Regierungssitz abzutreten. Weissenbach wird dem offiziellen Kandidaten der freisinnigen Minderheit, Grossrat Hermann Liechti, vorgezogen und am 5. Mai 1906 in den Staatsrat gewählt. Als erster Freisinniger, der seit 1857 wieder in diese Institution einzieht, übernimmt er die Direktion des Innern, der Landwirtschaft und der Statistik, der zudem der Handel angegliedert wird, um von Weissenbachs Fachwissen und Beziehungen zu profitieren. Da es ihm aufgrund seines Minderheitsstatus verwehrt bleibt, eine vorrangige politische Rolle zu spielen, konzentriert er sich auf die Leitung seiner Direktion. Seine administrativen Qualitäten finden einstimmige Anerkennung.
Nach den allgemeinen Wahlen vom Dezember 1906 stehen nur sieben freisinnige Grossräte 98 konservativen Abgeordneten gegenüber; zudem haben sie mit Anwalt Edouard Bielmann ihren wichtigsten Anführer verloren. Die Spannungen mit den Konservativen nehmen zu, da die freisinnige Minderheit ihnen grobe Nachlässigkeiten in der Führung der Regierungsgeschäfte, insbesondere in der Verwaltung der Wasserkraftwerke und bei der Erarbeitung des neuen organischen Gesetzes über die Staatsbank vorwerfen. Aufgrund der Nichtbeachtung einer von 8350 Bürgern unterzeichneten Petition, mit der eine bessere Vertretung der Minderheit in den Staatsorganen gefordert wird, beschliessen die Freisinnigen, sich aus den politischen Institutionen zurückzuziehen. Folglich reicht Weissenbach am 23. November 1909 mit allen freisinnigen Grossräten seinen Rücktritt ein.
Als Nachfolger Weissenbachs wählt der Grosse Rat den dissidenten Freisinnigen Adolphe Lutz in den Staatsrat, der dieses Angebot der Konservativen jedoch ablehnt. In der ausserordentlichen Sitzung vom 28. Dezember 1909 wird schliesslich der Konservative Fernand Torche in den Staatsrat gewählt, womit die Freisinnigen weitere zehn Jahre, bis zur Wahl von Victor Buchs 1919, von der Regierung ausgeschlossen bleiben.
Nach seinem Rückzug aus der Politik nimmt Weissenbach seine Tätigkeiten in der Wirtschaft wieder auf. Er sitzt in den Verwaltungsräten mehrerer Unternehmen, wie der Papierfabrik in Marly und der Getreidemühle Pérolles. Zudem amtiert er als Aufsichtskommissar der Schokoladenfabrik Villars. Am 7. Januar 1921 stirbt er im 70. Lebensjahr in Freiburg an den Folgen einer Lungenentzündung.