Eugène Deschenaux (1874–1940), konservativ
Eugène Deschenaux studiert Rechtswissenschaften in Freiburg, Paris, Berlin und München, wo er zudem ausgezeichnete Deutschkenntnisse erwirbt. 1897 schliesst er seine Studien mit dem Lizentiat ab. Gleichzeitig leistet er seinen Militärdienst und steigt in den Rang eines Majors auf.
Bevor er zum Präsidenten des Bezirksgerichts Saane ernannt wird, ist er von 1900 bis 1904 er als Anwalt tätig. 1901 wird er als Konservativer in den Grossen Rat gewählt, aus dem er 1919 zurücktritt.
1909 wird er mit 35 Jahren in den Staatsrat gewählt. Zehn Jahre lang leitet er die Justiz- und Polizeidirektion. Daneben sitzt er nicht nur im Grossen Rat, sondern auch im Nationalrat (1911–1919), wo er in der Kommission für die Erarbeitung des neuen Bundesstrafgesetzbuches mitarbeitet. Zudem wird er 1907 in den Verwaltungsrat der kantonalen Hypothekarkasse berufen. 1917 übernimmt er das Präsidium der Staatsbank (FSB) und der Konservativen Volkspartei der Schweiz. Darüber hinaus ist er Präsident des Schweizerischen Katholischen Volksvereins. In der Presse wird er als «volkstümlicher Regierungsvertreter» bezeichnet.
Das Jahr 1919 bedeutet eine Wende in Deschenaux’ Laufbahn: Er wird Bundesrichter. Dieses angesehene Amt verdankt er nicht nur seinen anerkannten juristischen und sprachlichen Kenntnissen, sondern auch den Beziehungen, die er im Nationalrat knüpfte. Aufgrund dieser beruflichen Neuorientierung muss er auf das Präsidium der Freiburgischen Staatsbank (FSB) und alle politischen Ämter verzichten. 1921 tritt er zudem aus dem Verwaltungsrat der Hypothekarkasse zurück. Dagegen bleibt er Mitglied des Verwaltungsrats der privaten Banque commerciale fribourgeoise (BCF). Als Letztere 1922 in Konkurs geht, reicht Deschenaux seinen Rücktritt als Bundesrichter ein. Um dieses moralische und finanzielle Drama zu bewältigen, nimmt er 1925 seine Anwaltstätigkeit wieder auf, übt jedoch keine politische Tätigkeit mehr aus.
Das von Tuor kommentierte Bundesstrafgesetzbuch wird von ihm ins Französische übersetzt.
Am 28. Mai 1940 stirbt Eugène Deschenaux in Freiburg im Alter von 66 Jahren.