Georges Python (1856–1927), konservativ
Nach dem Besuch des Kollegiums in Schwyz und des Kollegiums St. Michael studiert Georges Python an der Rechtsakademie (1876–1878). Python wird ab dem Beginn seiner politischen Karriere von Chorherr Schorderet unterstützt. Er ist Mitglied des Cercle catholique (1876) und Zentralpräsident des Schweizerischen Studentenvereins (1879–1880). Nach einem Praktikum in der Kanzlei seines zukünftigen Schwiegervaters erhält er das Anwaltspatent (1879). Er ist Präsident des Bezirksgerichts Saane (1881–1886) und unterrichtet an der Rechtsakademie (1883–1886). Seine politische Karriere beginnt in den Wahlen von 1881 mit dem Einzug in den Grossen Rat, dies als Abgeordneter des Broyebezirks. In dieser Wahl wird der Sieg der ultramontanen Konservativen besiegelt. Er bleibt Grossrat bis 1921, als die Ämterhäufung verboten wird. Im Militär bekleidet er zuletzt den Rang eines Hauptmanns.
Am 7. September 1886 wird Georges Python in den Staatsrat gewählt und übernimmt die Erziehungsdirektion, die er bis zu seinem Tod im Jahr 1927 leitet. Während dieser 41 Jahre ist er viermal, 1895, 1903, 1908 und 1914, Präsident der Regierung. Im Dienst des Ideals eines katholisch-konservativen Staats ist er der – eine Weile lang unbestrittene – Leader der von ihm begründeten «Christlichen Republik», die er mit Autorität regiert.
Pythons erste und visionäre Idee ist die Gründung einer Universität, welche die katholische Ausstrahlung Freiburgs und zugleich seine wirtschaftliche Entwicklung gewährleisten soll. Um ein solches Projekt in einem ländlichen Kanton mit beschränkten Finanzmitteln zu verwirklichen, plant er, die Hochschule ohne Steuergelder zu finanzieren und mit besonderen Einkünften auszustatten. Dazu erwirbt er die Wasser- und Forstgesellschaft (1888, ab 1915 FEW), die dem Staat Erträge aus einem Energiemonopol sichert, und gründet eine kantonale Bank (1892), die der Alma Mater ein jährliches Einkommen bringt. Parallel zu diesen Staatsbetrieben trifft er eine Reihe von finanziellen Arrangements und beteiligt sich an verschiedenen Unternehmen, die sich als defizitär erweisen. Die Kosten der Universität verstärken den Widerstand gegen das Regime, und die Affären, die 1912 ans Tageslicht kommen, lassen Pythons Stern verblassen, während Jean-Marie Musy an Macht gewinnt. Georges Python wird im Jahr 1912 Opfer eines Schlaganfalls. Er ist überdies der internen Parteizwistigkeiten müde, und so zieht er sich allmählich zurück, ohne sein Mandat aufzugeben. Auch wenn er in den Wahlen von 1921 und 1926 auf dem letzten Platz landet, zeigen diese Resultate dennoch das Ansehen, das er weiterhin im Volk geniesst.
Die 1889 gegründete Universität bildet den Eckstein des Regimes. Die nach der Rechtswissenschaftlichen, der Philosophischen (1889) und der Theologischen Fakultät (1890) eingerichtete Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät soll die industrielle Entwicklung des Kantons unterstützen. Das Projekt einer Medizinischen Fakultät rückt die Frage eines Kantonsspitals in den Vordergrund, das schliesslich 1920 in Gambach und Pérolles errichtet wird. Die zentrale Rolle, welche die Erziehungsdirektion spielt, und das Charisma ihres Direktors erlauben es Python, seinen Einfluss in allen Bereichen der Politik geltend zu machen. Doch auch die anderen Unterrichtsstufen werden nicht vernachlässigt. Schon als Grossrat und Kommissionssprecher nimmt Python an der Erarbeitung des Gesetzes über den Primarunterricht (1884) teil. Er richtet eine Lehrmittelzentrale ein (1889) und setzt sich für die Verbesserung der Ausbildung und Besoldung des Lehrkörpers ein.
Georges Python geht es darum, das Niveau des Primarschulunterrichts anzuheben, das sich im interkantonalen Vergleich als ungenügend erwies. Auf der Sekundarschulstufe fördert er die Gründung eines kantonalen Lyzeums für Mädchen (1909). Seine Aufmerksamkeit richtet sich ebenfalls auf den Berufsunterricht, der eigentlich Sache der Direktion des Innern ist, um einerseits die Landwirtschaft zu fördern (Käsereischule 1888, landwirtschaftliche Winterkurse, aus denen 1900 die Landwirtschaftsschule hervorgeht), anderseits eine gewisse Industrie zu begünstigen (Gesetz über die Gewerbeschule oder das Technikum 1903). Der Hauswirtschaftsunterricht für Mädchen wird für obligatorisch erklärt (1904). Zudem werden eine höhere Handelsschule für Mädchen (1905) und eine Krankenschwesternschule (1913) gegründet.
In Bern, wo er zuerst im Nationalrat (1884–1893) sitzt, erweist sich Georges Python als einflussreicher Parlamentarier. Er tut sich insbesondere im Eisenbahnbereich hervor, dies mit dem Kauf der Schweizerischen Centralbahn (1891), und im Unterrichtswesen, mit seinem Eingreifen in die Diskussion zu den Primarschulsubventionen (1902) tritt er als überzeugter Föderalist auf. Im Ständerat (1896–1920) ist er an der Erarbeitung des Gesetzes über die Krankenversicherungen und Unfälle (1900) beteiligt. Auf Verfassungsebene unterstützt er die Initiativen für eine Volkswahl des Bundesrats (1900) und für die Einführung des Proporzsystems bei den Nationalratswahlen (1900), obwohl er dieses System auf kantonaler Ebene ablehnt, um die Wahlkraft seiner Partei zu erhalten. 1915 ist er Ständeratspräsident.
Mit der Universität und den anderen Institutionen schafft Python einige Pfeiler des wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Leben des Kantons. Um den gelegentlich als «zweiten Gründer Freiburgs» bezeichneten Politiker entsteht ein echter Erinnerungskult. Während die Skandale und die Aneignung des Staatsapparats lange vergessen bleiben, erinnert man sich vor allem an die Erfolge seines auf Fortschritt bedachten Interventionismus und an die Errungenschaften, die physisch wie geistig den Erfolg des Regimes belegen. Die finanziellen Kosten dieser Modernisierung belasten allerdings das Budget und die spätere Entwicklung des Kantons. Der Vorrang, welcher der traditionellen Wirtschaft eingeräumt wird – aus Überzeugung und aus Furcht vor dem Sozialismus, der in einer städtischen Industriearbeiterschaft an Gewicht gewinnen könnte –, verzögert jedoch Freiburgs echten industriellen Aufschwung.
Georges Python stirbt am 10. Januar 1927 71-jährig in Fillistorf.
Aus dem Französische übersetzt, aus: «LE CONSEIL D'ETAT FRIBOURGEOIS – 1848 – 2011 – Son histoire, son organisation, ses membres» ¦ ISBN: 978-288355-153-4 ¦ Editions La Sarine