Marius Cottier (1937-2019), christlichdemokratisch
Nach der Primarschule in Jaun besucht der 12-Jährige als Interner das Kollegium St. Michael und schliesst es mit der lateinisch-griechischen Matura ab. Bei einem mehrmonatigen Aufenthalt in Grossbritannien lernt er Englisch.
Nach seiner Rückkehr in die Schweiz absolviert er die strenge Ausbildung zum Militärpiloten und erhält 1960 sein Diplom. Sein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Freiburg schliesst er 1966 mit einem Doktorat ab. Nach einem Praktikum erhält er 1968 sein Anwaltspatent und eröffnet im Alter von 31 Jahren seine Kanzlei in der Stadt Freiburg.
Seit 1968 ist Marius Cottier Mitglied der Konservativen Volkspartei (CVP ab 1970) und präsidiert von 1970 bis 1972 die jungen Konservativen. Zudem leitet er die CVP-Kommission für universitäre Fragen im Umfeld des «Mai 68». 1972 wird er in den Universitätsrat gewählt, nachdem er 1970 an der Gründung der Volkshochschule mitgewirkt hat.
1976 kandidiert Marius Cottier für den Staatsrat. Im zweiten Wahlgang vom 5. Dezember, in dem acht Kandidaten um sechs Sitze kämpfen, erzielt er mit 53 % der Stimmen das Spitzenergebnis und steht im Sense- und Greyerzbezirk an erster Stelle.
In der Regierung leitet er die Erziehungs- und Kultusdirektion, die 1980 in Direktion für Erziehung und kulturelle Angelegenheiten umbenannt wird. Während seiner ersten Amtszeit unterbreitet er dem Grossen Rat neun Gesetze und acht Dekrete. Zu den Ersteren gehören insbesondere jene über das Konservatorium, das zuvor eine private Institution war, über die Reorganisation der Universität (beide 1978) und über die Organisation der Evangelisch-reformierten Kirche.
Die Dekrete befassen sich insbesondere mit der Erweiterung des Museums für Kunst und Geschichte (1978) und des Kollegiums Heilig Kreuz (1980). Letzteres wird in der Volksabstimmung mit 61 % der Stimmen angenommen.
1981 kandidiert Marius Cottier für ein zweites Mandat. Nachdem im ersten Wahlgang niemand die absolute Mehrheit erreicht hat, wird er im zweiten Wahlgang vom 6. Dezember 1981 als Zweiter von acht Mitbewerbern wiedergewählt.
In der neuen Amtszeit legt er dem Grossen Rat fünf Gesetze und sechs Dekrete vor. Im Unterrichtsbereich liegt der Akzent auf der obligatorischen Schule: Das hundertjährige Gesetz von 1884 wird durch jenes von 1985 abgelöst, zu dessen Schwerpunkten die Orientierungsstufe und der Kindergarten gehören. Im gleichen Jahr tritt der Kanton dem interkantonalen Abkommen von 1984 über die Finanzierung der Hochschulen bei. Im kulturellen Bereich gewährt der Staat 1986 einen Kredit für die erfolgsversprechenden Ausgrabungen in Vallon (Broyebezirk); die erstaunlichen Funde bilden die Grundlage des dortigen Römischen Museums.
In den 1980-er Jahren befasst sich Staatsrat Cottier mit einem wichtigen, doch heiklen Dossier: der Zweisprachigkeit. Seiner Meinung nach ist es an der Zeit, ein Gesetz zu erlassen, auf das man «das Volk vorbereiten» muss. In diesem Zusammenhang wünscht er sich einen Dialog zwischen den beiden wichtigsten Sprachgemeinschaften: der Deutschfreiburgischen Arbeitsgemeinschaft und der Communauté romande du pays de Fribourg.
1986 wird Marius Cottier für eine dritte und letzte Amtszeit wiedergewählt. Er investiert viel Energie in den Sport. Zwar wird das Projekt der Einrichtung kantonaler Sportzentren am 25. September 1988 vom Volk verworfen, doch kann «Monsieur Sport» in 15 Jahren 49 Sporthallen in allen Regionen des Kantons einweihen.
Während der beiden letzten Jahre seiner Amtszeit beschäftigt sich Marius Cottier mit wichtigen Gesetzen. Sie betreffen die Beziehungen zwischen den Kirchen und dem Staat und die Anerkennung der Israelitischen Gemeinde (1990) sowie den Mittelschulunterricht, die kulturellen Angelegenheiten, die kulturellen Institutionen und den Kulturgüterschutz (1991). Der Staat unterstützt die Gründung des Théâtre des Osses in Givisiez und der Freiburger Oper finanziell. Das kantonale Kulturbudget umfasst nun alljährlich den Ankauf mindestens eines Werks eines lebenden Freiburger Künstlers.
Nachdem Marius Cottier 1983 und 1990 den Staatsrat präsidiert hat, scheidet er am 31. Dezember 1991 – im Alter von nur 54 Jahren – aus der Regierung aus, bleibt aber weitersehr aktiv. So präsidiert er den Verwaltungsrat des Verbands der Schweizer Raiffeisenbanken, dessen Geschäftssitz in St. Gallen ist, und der Stiftung des Instituts St. Joseph in der Gauglera, dessen Mission sozialer Natur ist. 1989 wird er Mitglied, 1992 Vorstandsmitglied und dann Vizepräsident der Sport-Toto-Gesellschaft. 1997 ist er einer der Mitgründer des Espace Jean Tinguely–Niki de Saint Phalle im Freiburger Stadtzentrum.
Marius Cottier stirbt am 7. März 2019 im Alter von 81 Jahren.