Victor Buchs (1866–1953), freisinnig
Victor Buchs verbringt seine Kindheit und Jugend in Murten. Er macht eine kaufmännische Lehre in Lugano (1883), nach der er in einer grossen Bank in Venedig und einer Import-Export-Firma in Neapel (1885–1889) arbeitet. Dank seiner Erfahrung und seiner Sprachkenntnisse leitet er eine Zweigstelle in Mitsiwa (1889–1895) in der damaligen italienischen Kolonie Eritrea. Handelsreisen führen ihn in die zu jener Zeit wenig bekannten Länder Abessinien und Britisch-Indien.
Nachdem er 1895 in seinen Heimatkanton zurückkehrte, leitet er gemeinsam mit seinem Bruder Henri die Teigwarenfabrik Sainte-Apolline in Villars-sur-Glâne. Als vielseitiger Unternehmer ist er auch in der Direktion der Uhrenfabrik in Muntelier tätig, einer Gemeinde, die ihn zum Ehrenbürger ernennt. Aufgrund seiner Bankenkenntnisse wird er 1917 zum Aufsichtskommissar der Staatsbank ernannt, für die er bereits seit 1913 als Einnehmer arbeitet.
Buchs’ politische Karriere beginnt 1907 mit seiner Wahl in den Gemeinderat von Villars-sur-Glâne. Er übt dieses Amt aus bis zu seiner Ernennung in den Staatsrat am 27. Mai 1919, als die konservative Mehrheit des Grossen Rats den Freisinnigen einen Sitz überlässt. Als zweiter Vertreter dieser Minderheit in der Kantonsregierung seit 1857, ein Jahrzehnt nach Weissenbachs Rücktritt im Jahr 1909, ist Buchs 17 Jahre lang der einzige freisinnige Staatsrat. Er leitet die Baudirektion und ist dreimal Staatsratspräsident (1922, 1928, 1935). Da sein Name auf der gemeinsamen Liste der Freisinnigen und Konservativen erscheint, wird er 1921, 1926 und 1931 mit jeweils der höchsten Stimmenzahl wiedergewählt. 1936 tritt er am Ende einer Legislatur zurück. Trotz seines glänzenden Auftretens und seines Engagements kann er im Staatsrat als Vertreter der Minderheit keine vorrangige Rolle spielen.
Seine Wahl zum Staatsrat fällt in eine Zeit, die von den wirtschaftlichen Problemen im Zusammenhang mit dem Ende des Ersten Weltkriegs und der Krise der frühen 1930er Jahre geprägt ist, ohne dass es dem Kanton in den 1920er Jahren gelungen ist, wieder zu Kräften zu kommen. In diesem Umfeld konzentriert er sich darauf, einerseits die Infrastrukturen zu modernisieren und zu entwickeln, andererseits die Arbeitsplätze zu sichern und die Wirtschaft zu unterstützen. In einer schwierigen Balanceübung mit den Staatsfinanzen verwirklicht Buchs grosse Bauprojekte, wie die Pérollesbrücke (1922), die Zähringerbrücke (1924), die Brücke von Corbières (1927) und die Einbetonierung der Grandfeybrücke (1927). Des Weiteren lanciert er 1931 ein grosses Erneuerungsprogramm (Teerung) der wichtigsten Strassenverbindungen. Gleichzeitig erarbeitet er ein Strassengesetz (1923), wodurch die Gesetzgebung dem laufend wachsenden motorisierten Verkehr angepasst wird.
Zu den unter seiner Direktion ausgeführten Arbeiten gehören des Weiteren der Bau oder die Erneuerung zahlreicher öffentlicher Bauten, darunter die Zeughäuser von Freiburg und Bulle, der neue Freiburger Bahnhof sowie die neuen Gebäude des Technikums und des Landwirtschaftlichen Instituts Grangeneuve. Sein ehrgeiziges Programm zur Renovierung der Kirche St. Nikolaus kann wegen mangelnder Finanzen nicht zu Ende geführt werden. In Sachen Stromversorgung setzt er die Politik seiner Vorgänger fort, überwacht den Bau der Staumauer von Montsalvens und greift das Dossier der Staumauer von Rossens wieder auf. Mit zahlreichen Fotografien lässt er die Arbeiten seiner Dienststellen dokumentieren.
Als Baudirektor übernimmt er von seinen Vorgängern Aufgaben in zahlreichen Verwaltungsräten, die er teilweise auch nach seinem Rücktritt weiterführt und entscheidend prägt. Er ist Präsident der FEW (1919–1936), Vizepräsident des FEW-Verwaltungsrats (1936–1950) und Vorstandsmitglied. Als Mitglied, Vizepräsident und Ehrenpräsident des Verwaltungsrats von Energie Ouest Suisse (EOS) ist er an den Projekten der Dixence und Grande Dixence beteiligt. Zudem sitzt er in den Verwaltungsräten zahlreicher Westschweizer Eisenbahngesellschaften (Chemins de fer électriques de la Gruyère, Freiburg–Murten–Ins, GFM, MOB und ehemaliger SBB-Kreisrat). Mit Bernard Weck gehört er zu den Urhebern der gelungenen Fusion von CEG, FMI und BR, aus der 1942 die GFM hervorgehen.
Als Geschichtsfreund verfasst er mehrere Werke, insbesondere über die Freiburger Eisenbahnen und Brücken, das Weingut Les Faverges in Chexbres und die Gemeinde Villars-sur-Glâne. Nach langjähriger Mitwirkung im Pfarreirat übernimmt er dessen Präsidium (1945–1953). Bis zu seinem Tod präsidiert er zudem das Institut St. Joseph für Taubstumme. Am 31. März 1953 stirbt er im Alter von 86 Jahren.