Die pädagogische Tagung 2025 hatte das Ziel, die Entwicklung der Klassenführung und die Rolle der Lehrpersonen zu erforschen, die derzeit mit bedeutenden Veränderungen im Zusammenhang mit der neuen Generation von hypervernetzten Lernenden konfrontiert sind. Der Vormittag war Vorträgen und Diskussionen im Plenum gewidmet, wodurch das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet wurde. Der Nachmittag konzentrierte sich auf einen praktischen Ansatz mit der Teilnahme an vielfältigen und anregenden Workshops.
Jugendliche in einer sich verändernden Welt begleiten
Zwischen 12 und 25 Jahren durchlaufen junge Menschen eine bedeutende Transitionsphase, erklärt Martin Schütz von der Pädagogischen Hochschule Bern. Ihr Verhalten wird stark durch biologische Faktoren beeinflusst – wie hormonelle Umstellungen und die schrittweise Hirnreifung – aber auch durch eine ständig stimulierende digitale Umgebung, in der Informationen im Überfluss vorhanden sind, der Sinn aber oft schwer fassbar ist.
Vor diesem Hintergrund steht die Schule vor einer grossen Herausforderung: Sie kann nicht mehr nach den traditionellen Modellen funktionieren, die sich nur auf die Wissensvermittlung konzentrieren. Heute muss sich der Unterricht hin zu innovativeren und kreativeren Ansätzen entwickeln, die kritische Reflexion fördern und den Jugendlichen helfen, ihren Lernprozessen einen Sinn zu geben – ein grundlegendes Bedürfnis der jüngeren Generationen.
In diesem Kontext stellt sich eine entscheidende Frage: Wie kann man junge Menschen zum Erfolg bringen und gleichzeitig ihre persönliche Initiative und Effizienz fördern? Die Lehrpersonen sehen sich immer häufiger mit demotivierten und desinteressierten Lernenden konfrontiert. Doch niemand kann zum Lernen gezwungen werden. Die Rolle der Lehrperson verändert sich daher, da es nicht mehr nur darum geht, Wissen zu vermitteln, sondern vor allem darum, ein Lernumfeld anzubieten, Vertrauen zu den Jugendlichen aufzubauen und Bedingungen zu schaffen, die das Lernen fördern, ohne es jemals zu erzwingen.
Die Autoritätsbeziehung im heutigen Bildungskontext neu definieren
Das Thema Autoritätsbeziehung stand im Mittelpunkt des zweiten Teils des Vormittags, der von Herrn Adrien Jacot-Des-Combes, Lehrer Erziehungsdirektion und Lehrbeauftragte an der Universität Genf, moderiert wurde. Die Beziehung zwischen Lehrpersonen und Lernenden hat sich über die Jahrzehnten hinweg erheblich verändert. Früher war Autorität vor allem vertikal: Erwachsene hatten die Macht und setzten strenge Regeln durch. Heute neigen die Jugendlichen dazu, sich in einer gleichwertigen Beziehung zu allen anderen zu sehen und fühlen sich für nichts schuldig. Junge Menschen entscheiden jetzt selbst, was sie betrifft, und selbst Verbote werden häufig verhandelt. In diesem Kontext stellt sich die Frage, wie es den Lehrpersonen möglich ist, eine solide und respektvolle Autoritätsbeziehung zu ihren Lernenden aufzubauen.
Ein wichtiger Ansatz zur Gestaltung dieser Beziehung liegt darin, junge Menschen zum Denken zu bewegen. Statt starre Regeln zu erlassen, die von den Jugendlichen oft als sinnlos empfunden werden, ist es wichtig, die Lernenden dazu anzuregen, über ihr Verhalten und ihre Ziele nachzudenken. Dies eröffnet einen konstruktiveren Dialog und ermöglicht es den Personen in Ausbildung, die Auswirkungen ihres Handelns zu erkennen. Darüber hinaus können Lehrpersonen durch den Einsatz von Beziehungsgesprächstechniken wie offenen Fragen, Reflexionen, Zusammenfassungen und Wertschätzung ein Klima der Zusammenarbeit und des Zuhörens schaffen, was die Klasse in einem respektvollen Miteinander weiterentwickeln lässt.
Das explizite Unterrichten von Kommunikation und Erwartungen ist auch für ihre berufliche Zukunft von entscheidender Bedeutung, insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Soziales, in denen die Lernenden der ESSG tätig sein werden. Es ist wichtig, sie darin zu unterstützen, die erwarteten Verhaltensweisen sowohl in der Schule als auch am Arbeitsplatz zu erlernen. Ein interaktiver und personalisierter Ansatz, der auf regelmässigen Austausch und Wertschätzung setzt, stärkt das Selbstvertrauen der Jugendlichen und ihr Gefühl der Effektivität. Durch häufige Interaktionen und den Aufbau stabiler Beziehungen können die Lehrpersonen eine respektierte Autorität etablieren, bei der sich alle Lernenden gehört und berücksichtigt fühlen.
Praktische Workshops am Nachmittag
Der zweite Teil des Tages war den Workshops gewidmet, die den Lehrpersonen die Möglichkeit gaben, sich aktiv mit zwei spezifischen Themen ihrer Wahl auseinanderzusetzen: Dynamique de classe et besoin de mouvement (Frau Cécile Tribot, Ausbilderin und Techno-Pädagogin), Le tissu relationnel en classe (Frau Saskia Jacquemin, Lehrerin, Erwachsenenbildnerin, Mediatorin), Supervision "Klassenführung" (Frau Julia Lange, Psychologin FSP, Coach BSO) et Favoriser l’engagement des élèves grâce à la psychologie positive (Herr Samuel Collaud, AREPP, FocusPositif.ch).
Diese Workshops boten den Lehrpersonen der ESSG die Möglichkeit, in die Praxis einzutauchen, indem sie sowohl mit Expertinnen und Experten als auch mit ihren Kolleginnen und Kollegen der ESSG in den Austausch traten. Solche Diskussionen, die das Wissen aus den Plenarvorträgen bereichern, sind auch eines der Hauptziele der pädagogischen Tagung. Jedes Jahr bietet diese Veranstaltung den Lehrpersonen die Gelegenheit, ihre Erfahrungen zu teilen, an anregenden Diskussionen teilzunehmen und gemeinsam die Herausforderungen des heutigen und zukünftigen Unterrichts zu meistern.