Im vergangenen Jahr präsentierte Grangeneuve die ersten positiven Ergebnisse des Projekts ReLait für die Tiergesundheit, die Qualität der Milchprodukte und letztendlich auch für die Anerkennung der täglichen Arbeit der Züchterinnen und Züchter. Grangeneuve hat zudem beschlossen, die soziale Dimension der Nachhaltigkeit zu betrachten und die sozioökonomischen Kriterien zu erfassen, insbesondere die Arbeitsbelastung und die Lebensqualität auf den Milchviehbetrieben. Dazu wurden die Agrarsoziologen der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) damit beauftragt, einen Interviewleitfaden zu entwickeln, mit dem sie die Gespräche mit den Bauernfamilien führten. Fragen zur Arbeitsbelastung und zur Lebensqualität werden allzu oft vergessen. Sie sind jedoch von zentraler Bedeutung für die Belange der Bauernfamilien.
Wenig überraschend zeigen die ersten Resultate auf, dass die Arbeitsbelastung in Milchviehbetrieben im Allgemeinen sehr hoch ist. Der Zeitdruck wird als noch grösser empfunden, wenn neben der Milchproduktion noch andere Tätigkeiten auf dem Betrieb anfallen. Dies kann zu sehr stressigen «Engpass-»Situationen führen. Es ist nach wie vor schwierig, die Milchproduktion mit Ferien und freien Tagen in Einklang zu bringen. In Betriebsgemeinschaften oder in Betrieben mit einem oder mehreren Beschäftigten sind freie Tage oder Ferien jedoch häufiger als in «klassischen» Familienbetrieben.
Die Studie zeigt auf, dass der wirtschaftliche Druck gross ist, vor allem in Betrieben, die Industriemilch produzieren. Gleichzeitig wird die Lebensqualität von Bauernfamilien im Allgemeinen nach wie vor als recht gut empfunden (besser als die Arbeitsbelastung). Die Produzentinnen und Produzenten schätzen besonders das Familienleben auf dem Bauernhof und die Wohnsituation.
Gemäss den Studienautoren dürften die sozioökonomischen Auswirkungen des ReLait-Projekts auf den ersten Blick kurzfristig bescheiden sein. Sie gehen nicht davon aus, statistisch gesicherte Auswirkungen auf die Produktionskosten und auf den Arbeitsaufwand ermitteln zu können (im Vergleich zum gesamten Arbeitsaufwand für die Milchproduktion ist der zusätzliche Arbeitsaufwand für die Umsetzung der ReLait-Präventionsstrategien relativ gering).
Mittelfristig erwarten sie nach der Umstellung jedoch positive Auswirkungen. Mit dem ReLait-Ansatz wird die Milcherzeugung ganzheitlich wahrgenommen, mit einem besseren Verständnis des Produktionssystems und seiner Zusammenhänge. Dies dürfte es den Bauernfamilien ermöglichen, besser vorauszuplanen. Möglicherweise wird sich dies auf die Wahrnehmung der Arbeitsbelastung und die Lebensqualität auswirken. Positive Auswirkungen könnten anschliessend auf wirtschaftlicher Ebene wahrgenommen werden, durch die bessere Wertschöpfung der Milch dank einem besseren Image und einer besseren Qualität.
Das Projekt ReLait – Antibiotikareduktion erfolgt im Rahmen der Strategie Antibiotikaresistenzen StAR des Bundes und der WHO. Das aus einer kantonalen Initiative entstandene Projekt hat an Bedeutung gewonnen und ist, mit der finanziellen Unterstützung des Bundes, zu einem anerkannten Thema auf nationaler Ebene geworden. Das 2017 gestartete Projekt ReLait wird auf den freiwillig daran teilnehmenden Betrieben bis 2024 weitergeführt (2026, wenn man die Resultate des Monitorings berücksichtigt).