In seiner Sitzung vom 28. Juni 2022 hat der Staatsrat die Genehmigung erteilt, den Vorentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Beziehungen zwischen den Kirchen und dem Staat in die Vernehmlassung zu geben. Bei diesem Vorentwurf geht es in erster Linie darum, eine Motion und ein Postulat, die der Grosser Rat erheblich erklärt hatte, umzusetzen. Der geltende Rechtsrahmen ist über dreissig Jahre alt. Aufgrund des Mentalitätswandels, der Einwanderung in die Schweiz und den Kanton Freiburg sowie der Bevölkerungszunahme hat sich das gesellschaftliche Umfeld in religiösen Fragen jedoch erheblich geändert. Die Religionslandschaft des Kantons Freiburg hat sich in den letzten Jahrzehnten ziemlich gewandelt und diversifiziert.
Die wichtigsten Änderungen, die vorgeschlagen werden, betreffen zwei Aspekte: Der Vorentwurf sieht die Einführung eines Runden Tischs der Religionen vor und legt dessen Ziele fest. Es geht hier darum, einen Kanal zu schaffen, über den die Religionsgemeinschaften den Kantons- und Gemeindebehörden ihre Anliegen mitteilen können. Bei diesem Runden Tisch wird es sich um eine vom Staatsrat ernannte Kommission handeln mit dem Titel «Kantonaler Rat für Religionsfragen», der Vertreterinnen und Vertreter der Religionsgemeinschaften und der Dienststellen des Staates angehören werden. Sie wird das wichtigste Beratungsgremium des Staatsrats für alle Fragen im Zusammenhang mit den Beziehungen zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften sein. Sie wird Anträge an den Staatsrat sowie die kantonalen und kommunalen Behörden stellen können und Bindeglied zwischen Behörden und Religionsgemeinschaften sein. Ganz allgemein wird sie die Aufgabe haben, gemeinsam mit den Behörden zum konfessionellen Frieden im Kanton beizutragen, und den Dialog zwischen den Religionsgemeinschaften, aber auch zwischen den Gemeinschaften und den Behörden zu fördern.
Der Vorentwurf befasst sich auch mit der Gewährung öffentlich-rechtlicher Vorrechte an die Religionsgemeinschaften. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Vorrechten werden erheblich umformuliert und die Anforderungen werden an den aktuellen Kontext angepasst. Die Religionsgemeinschaft muss:
- als Verein im Sinne des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs organisiert sein, ihren Sitz im Kanton haben und über mindestens eine Kultusstätte verfügen,
- sich auf eine in der Schweiz überlieferte religiöse Bewegung oder auf eine solche von weltweiter Bedeutung berufen,
- die grundlegenden verfassungsmässigen Prinzipien und die Rechtsordnung der Schweiz respektieren,
- den konfessionellen Frieden respektieren und auf jegliche Bekehrungsversuche verzichten,
- sich am interreligiösen Dialog beteiligen,
- den Vorrang des Zivilrechts und der Wissenschaft anerkennen,
- über eine ordnungsgemässe Buchhaltung gemäss den üblichen Regeln der kaufmännischen Buchführung verfügen.
Die Religionsgemeinschaft muss zudem entweder seit dreissig Jahren im Kanton präsent sein oder über mindestens tausend Mitglieder im Kanton verfügen.
Die öffentlich-rechtlichen Vorrechte, die bereits in der geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind, wurden ihrerseits nicht abgeändert:
- Mitteilung der Einwohnerkontrolle zum Zuzug und Wegzug aller Mitglieder einer bestimmten Religionsgemeinschaft.
- Nutzung der Schulräumlichkeiten für den Religionsunterricht.
- Ausübung der Seelsorge in den Anstalten von Staat und Gemeinden.
- Steuerbefreiung im Sinne des Gesetzes über die Kantonssteuern.
- Steuerbefreiungen bei den Handänderungs-, Grundpfand-, Erbschafts- und Schenkungssteuern.
Der Vorentwurf schlägt ausserdem die Einführung von zwei neuen Vorrechten vor:
- das Recht, elektronische Datensammlungen zu führen (grundsätzlich Daten ihrer Mitglieder);
- das Recht, bei allen Gesetzgebungsprojekten, die die fragliche Religionsgemeinschaft betreffen könnten, konsultiert zu werden.
Im Vorentwurf wird zudem vorgeschlagen, den Titel des Gesetzes zu ändern, das nun «die Beziehungen zwischen den Religionsgemeinschaften und dem Staat» betrifft, so dass er sich nicht nur auf die anerkannten Kirchen bezieht, sondern alle Religionsgemeinschaften im sozialen Gebilde umfasst.
Dieser Vorentwurf wurde mit der Unterstützung einer Kommission ausgearbeitet, in der die wichtigsten Religionsgemeinschaften des Kantons vertreten waren (römisch-katholische Kirche, reformierte Kirche, evangelische Kirchen, eritreisch-orthodoxe Kirche, europäische orthodoxe Gemeinschaft, muslimische Gemeinschaft, israelitische Gemeinschaft und alevitische Gemeinschaft).
Der Gesetzesvorentwurf, der dazugehörige erläuternde Bericht sowie die Liste der Vernehmlassungsteilnehmer stehen auf der Website der Staatskanzlei auf Deutsch und Französisch zur Verfügung unter: www.fr.ch/vernehmlassungen.
Allfällige Bemerkungen können bis am Freitag, 30. September 2022, per E-Mail (jean-pierre.coussa@fr.ch) an das Amt für institutionelle Angelegenheiten, Einbürgerungen und Zivilstandswesen (IAEZA) gerichtet werden.
Unterlagen für die Vernehmlassung :
- Brief : Gesetzesvorentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Beziehungen zwischen den Kirchen und dem Staat – Vernehmlassung (PDF, 978.25k)
- Erläuternder Bericht des Staatsrats an den Grossen Rat zum Gesetzesvorentwurf zur Änderung des Gesetzes vom 26. September 1990 über die Beziehungen zwischen den Kirchen und dem Staat (DOCX, 55.14k)
- Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Beziehungen zwischen den Kirchen und dem Staat (DOC, 38.5k)
- Liste der Vernehmlassungsadressaten - KSG (PDF, 234.05k)