In seiner Sitzung vom 12. Oktober 2021 hat der Staatsrat die Genehmigung erteilt, den Gesetzesvorentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Ausübung der politischen Rechte in die Vernehmlassung zu geben. Mit diesem Vorentwurf werden in erster Linie zwei vom Grossen Rat erheblich erklärte Motionen umgesetzt.
Die erste Motion (2019-GC-187) mit dem Titel «Änderung des Gesetzes über die Ausübung der politischen Rechte» verlangte im Wesentlichen, dass Wahlzettel von Wählerinnen und Wählern, die ihren Willen auf zwei verschiedenen Listen klar zum Ausdruck bringen, bei allen Majorzwahlen als gültig angesehen und nicht als ungültig erklärt werden. Mit der vorgeschlagenen Änderung soll dem vom Grossen Rat zum Ausdruck gebrachten Willen Folge gegeben und gleichzeitig zwei weitere wesentliche Punkte berücksichtigt werden. Zum einen soll möglichst vermieden werden, den Wahl- und Auszählungsvorgang zu verkomplizieren. Zum andern muss eine Lösung gefunden werden, trotz dieses neuen Paradigmas die von den politischen Parteien und Gruppierungen nach jeder Wahl verlangten Statistiken weiter liefern zu können. Für die Mitglieder der Wahlbüros bedeutet die Berücksichtigung dieser verschiedenen Interessen, in diesen besonderen Situationen ein neues Auszählungsverfahren anwenden zu müssen.
Die zweite Motion (2020-GC-20) verlangte, wie ihr Name besagt, eine «automatische Nachzählung der Stimmzettel bei kantonalen und kommunalen Abstimmungen und Wahlen im Majorzverfahren, wenn die Differenz weniger als 0,3 % beträgt». In seinem Gesetzesvorentwurf schlägt der Staatsrat daher vor, im PRG ein automatisches Nachzählungsverfahren der Stimm- und Wahlzettel einzuführen, wenn nur ein sehr knappes Resultat vorliegt, und bezeichnet die zuständigen Behörden, die solche Nachzählungen anordnen können. Er legt zudem auch fest, welche Behörden zuständig sind, um eine Nachzählung im Falle eines knappen Resultats und bei Verdacht auf Unregelmässigkeiten anzuordnen. Zur Erinnerung: Bis jetzt waren solche Nachzählungen gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts nur möglich, wenn ein knappes Resultat und der Verdacht auf Unregelmässigkeiten vorlagen. Der Staatsrat schlägt zudem vor, dass wenn eine Nachzählung ein unterschiedliches, aber nach wie vor sehr knappes Resultat ergibt, das Ergebnis der Nachzählung validiert wird.
Der Vorentwurf schafft auch eine ausreichende gesetzliche Grundlage, damit der Staatsrat die Möglichkeit hat, das E-Voting auf kantonaler und kommunaler Ebene einzuführen, wenn es der Stand der Technik erlaubt. Hierzu wird schon jetzt vorgesehen, auf die gesetzlichen Grundlagen des Bundes in diesem Bereich, die jedoch noch erlassen werden müssen, Bezug zu nehmen. Sowohl aus technischer als auch organisatorischer Sicht wird sich der Kanton nach den Lösungen richten müssen, für die man sich auf Bundesebene entscheiden wird.
Insbesondere aufgrund der verschiedenen Gerichtsverfahren, die kürzlich die Informationspolitik der Behörden im Hinblick auf Urnengänge infrage gestellt haben, schlägt der Staatsrat im Gesetzesvorentwurf, den er in die Vernehmlassung gibt, vor, die Rechte und Pflichten der Behörden in diesem Bereich zu klären. In den vorgeschlagenen Regeln geht es nicht nur um den Inhalt der schriftlichen Information, die die Behörden zusammen mit dem Abstimmungsmaterial abgeben (Abstimmungsbroschüre), sondern auch um die aktive Informationspolitik, die die Behörden nebst dem abgegebenen Abstimmungsmaterial verfolgen können. Die gesetzlichen Vorgaben werden nicht nur für die Kantonsbehörden, sondern auch für die Gemeindebehörden gelten.
Der Staatsrat wollte auch einer Problematik Rechnung tragen, die im Frühjahr in Zusammenhang mit dem Stimm- und Wahlrecht ausländischer Staatsangehöriger auf Gemeindeebene aufgetreten ist. Anlässlich der letzten Gesamterneuerungswahlen in den Gemeinden hatten Ausländerinnen und Ausländer, die über diese Rechte verfügen, in einigen Fällen ihr Wahlmaterial nicht erhalten. Die vorgeschlagene Lösung ist einfach und pragmatisch. Der Vorsteherin oder dem Vorsteher der Einwohnerkontrolle wird die Aufgabe übertragen, die ausländischen Personen über die Zugangsbedingungen für das Stimm- und Wahlrecht auf Gemeindeebene zu informieren, wenn diese sich anmelden. Dies soll einerseits den ausländischen Personen ermöglichen, von vornherein über dieses Recht informiert zu werden, und dem Vorsteher bzw. der Vorsteherin, sich systematisch beim ersten Kontakt zu fragen, ob die betreffende Person über das Stimm- und Wahlrecht verfügt oder in nächster Zeit darüber verfügen wird. Dies sollte dazu führen, dass die betreffende Person von Amtes wegen im Stimmregister eingetragen wird oder die Eintragung vorgesehen wird, womit das Problem gelöst ist.
Nach einer eingehenden Situationsanalyse verzichtet der Staatsrat, vor allem aus Gründen des Abstimmungsgeheimnisses und des Datenschutzes, darauf, Abstimmungsstatistiken im Gesetz vorzusehen. Er verzichtet beim jetzigen Stand der Dinge auch darauf, eine gesetzliche Grundlage für die elektronische Unterschriftensammlung zu schaffen. Ein solches Projekt müsste in Zusammenarbeit mit dem Bund entstehen, der es gegenwärtig vorzieht, sich auf die Einführung des E-Votings zu konzentrieren.
Die übrigen Anpassungen beruhen hauptsächlich auf der Gesetzestechnik.
Der Gesetzesvorentwurf, der erläuternde Bericht dazu und die Liste der Vernehmlassungsteilnehmer können auf der Website der Staatskanzlei auf Deutsch und Französisch eingesehen werden: www.fr.ch/vernehmlassungen.
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