Die Komplexität der Dossiers und die hohe Arbeitsbelastung der Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, von denen die Mehrheit Milizarbeit leistet, führen regelmässig dazu, dass sich die Gemeinden an die Oberämter wenden, um Unterstützung bei der Bearbeitung ihrer Dossiers zu erhalten.
«Unsere Türe steht für den Austausch mit den Gemeindebehörden stets offen», unterstrich Nicolas Kilchoer, Präsident der Oberamtspersonenkonferenz, bei seiner Präsentation. Damit werden die Oberämter ihrer Rolle als bürgernahe Behörden vollumfänglich gerecht.
Der Oberamtmann des Broyebezirks betonte die Partnerschaft zwischen den Oberamtspersonen, ihren Teams und den Personen, die in den Gemeinden im Milizsystem tätig sind. «Parallel zu unserer Aufsichtsfunktion haben wir auch einen Beratungs- und Unterstützungsauftrag.»
Die Unterstützung der Oberämter betrifft sehr unterschiedliche Dossiers: Organisation von Wahlen und Abstimmungen, Durchführung von Versammlungen, Verwaltung der Gemeinden und Beziehungen mit den Bürgerinnen und Bürgern. Die Oberämter spielen zudem eine Rolle bei der Aufsicht über die Gemeinden, die ihnen vom Gesetz über die Gemeinden übertragen wird.
«Art. 146 Behörden - Oberamtmann
- Der Oberamtmann ist für die allgemeine Aufsicht über die Gemeinden und Gemeindeverbände zuständig.
- Der Oberamtmann wacht darüber, dass die Gemeinden und die Gemeindeverbände seines Bezirks gut verwaltet werden. Er berät und unterstützt sie. Er sorgt für ein speditives Vorgehen.»
Ein grosser Handlungsspielraum
Bei den Unterstützungs- und Aufsichtsaufgaben haben die Oberämter einen grossen Handlungsspielraum, wie die anwesenden Oberamtspersonen heute Morgen bestätigten. Auf der Grundlage ihrer Analysen können sie auf die Gemeinden zugeschnittene Massnahmen ergreifen, die von der Schulung der Gemeinderätinnen und Gemeinderäte oder Gemeindeverwaltungen über das Mentoring bis hin zum Prozess der Administrativuntersuchung reichen. Dieser Handlungsspielraum und das dafür notwendige Feingefühl nehmen viel Zeit in Anspruch.
«Wir ziehen es bei weitem vor, die Gemeinden im Vorfeld zu unterstützen, anstatt Untersuchungen einzuleiten», meint Nicolas Kilchoer. «Dies ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit, der jedoch informellen Charakter hat und kaum sichtbar ist. Wenn wir von einer Gemeindebehörde verständigt werden oder wenn wir Probleme feststellen, tauschen wir uns mit den Behörden aus, führen Gespräche, besuchen Ratssitzungen…»
Wenn keiner dieser informellen Schritte zum Ziel führt, aktivieren die Oberämter das rechtliche Instrumentarium. Gegen aussen ist dies der sichtbarste Teil der Arbeit, da er in den Medien viel Beachtung findet.
Die erste Etappe besteht in einer Voruntersuchung, um den Sachverhalt zu klären, die notwendigen Fragen zu stellen und eine Bestandesaufnahme zu machen. «Wenn diese Voruntersuchung zeigt, dass wir weitere Nachforschungen anstellen müssen, leiten wir eine Administrativuntersuchung ein.» In den Augen der anwesenden Oberamtspersonen ist die Voruntersuchung ein wichtiges Instrument, um nicht systematisch auf die Administrativuntersuchung als letztes Mittel zurückgreifen zu müssen.
Nach Abschluss der Administrativuntersuchung können die Oberamtspersonen die folgenden Massnahmen ergreifen: Verwarnung, Weiterleitung der Akten an die Staatsanwaltschaft, Massnahmen zur Reorganisation des Gemeinderates und Weiterleitung der Akten an den Staatsrat. Dieser kann seinerseits ein Mitglied des Gemeinderats des Amts entheben oder die Führung der Gemeindegeschäfte einer Verwaltungskommission übertragen - Entmündigung.
Der Präsident der Oberamtspersonenkonferenz erinnerte ausserdem daran, dass die Gemeindepräsidentinnen und -präsidenten, die Vorsitzenden der Generalräte oder Gemeindeverbände über die gleichen Befugnisse verfügen wie die Oberamtspersonen und Voruntersuchungen oder Administrativuntersuchungen einleiten können.
Seine Worte veranschaulichte der Präsident der Oberamtspersonenkonferenz mit zwei Fällen, mit denen er es im Oberamt des Broyebezirks direkt zu tun hat: die Fälle von Gletterens und Estavayer-le-Lac.
Die Unterstützung und die Aufsicht der Gemeinden stellen für die Oberämter eine hohe Arbeitsbelastung dar. Die Oberamtspersonen verfolgen deshalb aufmerksam die laufenden Arbeiten zur Revision des Gesetzes über die Gemeinden, in der Hoffnung, dass der Staat neue Werkzeuge vorsieht, um ihre Arbeit bei der Aufsicht über die Gemeinden, aber auch über die Gemeindeverbände zu fördern, die sehr komplex ist: Je nach Statuten sind die Oberamtspersonen häufig Mitglied bzw. Präsidentin oder Präsident dieser Verbände.
Im letzten Teil seines Beitrags präsentierte der Präsident der Oberamtspersonenkonferenz kurz die wichtigen Ereignisse und Kennzahlen des Jahres 2023 sowie die kantonalen Dossiers, die die Oberamtspersonen im Jahr 2023 beschäftigt haben (siehe Anhang). Im Anschluss konnten die Journalistinnen und Journalisten in bilateralen Gesprächen mit den Oberamtspersonen die Diskussion über aktuelle Dossiers, die ihren jeweiligen Bezirk betreffen, fortsetzen.