Dank den bilateralen Verträgen profitiert die Westschweiz seit über 20 Jahren erheblich vom erleich-terten Zugang zum Binnenmarkt der Europäischen Union. Heute stammen mehr als die Hälfte der Aufträge für Waren und Dienstleistungen, die unsere Unternehmen erhalten, aus Mitgliedstaaten der EU. Diese bevorzugte Beziehung, die zum wirtschaftlichen Wohlstand der Schweiz und insbesondere der Westschweiz beigetragen hat, wäre bei einer Annahme der Begrenzungsinitiative klar gefährdet. Die Initiative verlangt die Abschaffung der Personenfreizügigkeit und würde damit die Beendigung der günstig ausgehandelten Marktzugangsabkommen nach sich ziehen.
Eine Annahme der Begrenzungsinitiative würde ein rechtliches Vakuum schaffen, das zu Instabilität und Unsicherheit führen würde und die technischen und administrativen Hindernisse, die dank den bilateralen Abkommen abgebaut werden konnten, wieder aufleben liesse. Eine Abkehr vom bilateralen Weg in einer Zeit, in der die Märkte in der ganzen Welt Mühe haben, die aktuelle Gesundheitskrise zu bewältigen, wäre schlecht für die Wirtschaftstätigkeit und gefährlich für die Beschäftigung.
Für die Initiantinnen und Initianten ist die Personenfreizügigkeit die Wurzel von Problemen, welche die lokalen Arbeitsplätze direkt bedrohen. Die Kantone der WRK sind aber im Gegenteil davon überzeugt, dass die Personenfreizügigkeit die Möglichkeit bietet, die Einwanderung durch Bedingungen zu steuern, die die Interessen der Schweiz berücksichtigen. Ausserdem hat sie zur Einführung von flankierenden Massnahmen geführt, die einen Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen gewähr-leisten, wovon auch Schweizer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer profitieren.
Die demografischen Gegebenheiten müssen ebenfalls berücksichtigt werden: Die Schweiz leidet schon heute unter einem Mangel an qualifizierten und unqualifizierten Arbeitskräften. Die Abschaffung der Personenfreizügigkeit würde in zahlreichen Branchen wie etwa in der Landwirtschaft, Gesundheit und Industrie, aber auch in der Betreuung von älteren Menschen oder im Tourismus zu Problemen führen. Jetzt, da die Generation der «Babyboomer» ins Rentenalter kommt, wird sich diese Situation noch verschärfen.
Hinzu kommt, dass die Westschweiz von einer hohen Dichte von Hochschulen und Forschungs-einrichtungen profitiert. Bei einer Annahme der Initiative würde der Zugang zu den Forschungsrahmenprogrammen der EU erschwert. Damit würden Unternehmen mit hoher Wertschöpfung benachteiligt, die sich im Umkreis dieser wissenschaftlichen Zentren bewegen und sich durch ihre Innovationsfähigkeit auszeichnen.
Abschliessend lässt sich sagen, dass eine Annahme dieser Initiative zahlreiche negative Konsequen-zen hätte und lange Verhandlungen mit ungewissen Ergebnissen nach sich ziehen würde. Sie würde den Zugang zum europäischen Markt, der für unsere Schweizer Unternehmen von entscheidender Bedeutung ist, ernsthaft gefährden und unserer Wirtschaft dringend benötigte Arbeitskräfte vorent-halten. Die Westschweizer Kantonsregierungen sprechen sich deshalb ebenso wie der Bundesrat, die Konferenz der Kantonsregierungen, die Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften entschieden gegen die Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung» aus.