Die teilnehmenden Gruppen, jeweils aus zehn Schützen bestehend, treffen sich am Morgen beim Schulhaus vor dem Berntor und marschieren als Umzug, angeführt durch die Stadtmusik, durch die geschmückte Stadt und zum 1,5 km entfernten Bodemünzi, von dessen Kuppe aus eine Schusslinie gegen Süden, auf dem Boden der Gemeinde Münchenwiler angelegt ist.
Nach einem Gottesdienst und einer Ansprache durch einen Ehrengast - nicht selten nimmt seit der Jahrtausendwende der Chef des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport die Einladung an den Anlass an - beginnt der ungefähr zwei Stunden dauernde Schiessbetrieb. Zuvor findet aber eine Instruktion durch den Schützenmeister und eine Kontrolle der Waffen statt. Es wird mit Ordonanzwaffen auf eine Distanz von rund 180 bis 200 m geschossen.
Es treten jeweils 14-15 Gruppen mit je 10 Schützinnen und Schützen an, von denen jeder 12 Schüsse auf die zugeteilten Scheiben mit einer Dreierwertung abgibt. Jeweils zwei Schützen einer Gruppe schiessen auf dieselbe Scheibe. Es findet nur eine Wertung des Gruppenergebnisses statt, die Resultate der einzelnen Gruppenmitglieder werden nicht festgehalten. Mit einem Trick ist es den Schützen möglich, nachträglich doch das persönliche Resultat zu kennen: Wenn in einer Zweiergruppe einer der Schützen vorgängig die Kugelspitzen seiner Munition mit Lippenstift bestreicht, hinterlässt nämlich die gefärbte Kugel beim Durchdringen des Kartons einen roten Ring... Das jeweilige Zielscheibenbild wird erst vor Ort bekanntgegeben, es ist also dabei ein Überraschungsmoment für die Teilnehmenden. Die Scheiben werden nach jeder Serie eingesammelt und zur Auswertung ins Büro gebracht.
Die Rangverkündigung findet nach der Auswertung auf dem Schulhausplatz in Murten ab ca. 16 Uhr statt, dann können die Gesellschaften auch ihre Scheiben entgegennehmen. Die beste Gruppe darf das begehrte "Murtenfähnlein als Wanderpreis mitnehmen, den bestklassierten 10 % der Gruppen werden Kränze für ihre angetretenen Mitglieder abgegeben. Bei einem theoretischen Maximum von 360 Punkten, stellen 300 Punkte bereits ein ausgezeichnetes Resultat dar, das nicht jedes Jahr erreicht wird.
Im Jahr 2007 wurde aus Anlass des 75. Murtenschiessens eine Festschrift herausgegeben. Dreimal in seiner über 80-jährigen Geschichte, in den Jahren 1939, 1940 und 1943 konnte das Schiessen nicht durchgeführt werden. Die Teilnehmerzahl hat sich gegenwärtig (Ende 2012) auf 155 Zehnergruppen eingependelt, der Rekord wurde im Jahr der 500-Jahr-Feierlichkeiten 1976 mit 2250 Teilnehmenden registriert.
Gegenüber anderen Historischen Schiessen in der Schweiz, von denen etwa 15 bestehen, hebt sich das Murtenschiessen hervor durch die einzigartige geographische Lage des Durchführungsortes, das besondere Schiessprogramm und die Grösse des Anlasses, aber auch durch die den Schützen gebotene Möglichkeit, ihre Familien mitzunehmen. Die Überlieferung der besonderen Bedeutung des Murtenschiessen als Demonstration des Wehrwillens, der Wehrbereitschaft und der Zusammengehörigkeit ist heute etwas verloren gegangen, doch früher verzichtete oft eine Gesellschaft lieber auf die Teilnahme an einem Eidgenössischen Schützenfest, als dass sie am Murtenschiessen gefehlt hätte!
Weitere Angaben
Gemäss den Bestimmungen des Murtenschiessens ist in der Austragung die Verwendung optischer Geräte und die Feuerleitung durch Dritte untersagt, ebenso das Mitbringen eigener Munition. Zur Kontrolle der Munition werden jeweils Patronen verwendet, die nicht im Handel erhältlich sind.
Entscheidungsträger für alle Fragen im Zusammenhang mit dem Anlass ist der Verband Historisches Murtenschiessen, der am Tag selber, vor der Rangverkündigung, die Schützengemeinde abhält. Die operative Führung sowie die technische Durchführung obliegt der Verbandskommission.
Text : Heinz Thalmann, Alain Granjean und Florence Bays
Für weitere Informationen
- WASEM, Erich und KELLER, Jürg: 75 Jahre Historisches Murtenschiessen auf dem Bodenmünzi. Festschrift, 36 S., herausgegeben durch den Verband Historisches Murtenschiessen, Murten 2007.
- Das Geschehen an jedem einzelnen Murtenschiessen wird im handschriftlich jedes Jahr weiter ausgefüllten Goldenen Buch des Murtenschiessens festgehalten. Diese Chronik des Murtenschiessens wurde über mehr als 50 Jahre, von 1946 bis 1997 durch den Murtner Zeichenlehrer und Künstler Werner Liechti (1917 – 2007) mit eigener Kalligraphie und jeweils anlassspezifischen Zeichnungen geführt.