Mehrkosten von 63 Millionen Franken
In der Botschaft des Staatsrats vom 25. April 2006 wurden die Gesamtkosten des Projekts auf CHF 120 000 000 veranschlagt, davon CHF 110 000 000 für das Projekt "Brücke + Tunnel" und CHF 10 000 000 für den Ausbau der Murtenstrasse. Am 24. September 2006 nahm das Freiburger Stimmvolk im Rahmen einer Volksabstimmung den Verpflichtungskredit, den der Grosse Rat am 23. Juni 2006 genehmigt hatte, mit 81 % zu 19 % der Stimmen an. Die voraussichtlichen Gesamtkosten bis zum Abschluss der Arbeiten beliefen sich per 31. Dezember 2013 auf CHF 211 170 938. Abzüglich der genehmigten Projektänderung für die Unterführung St. Leonard über CHF 28 Mio. beträgt die Kreditüberschreitung CHF 63 170 938.
Projektänderungen und Geologie
Ein Grossteil dieser Kreditüberschreitung lässt sich mit zahlreichen Projektänderungen und inhomogenem Baugrund erklären. Die PUK kommt allerdings zum Schluss, dass die baugrundbedingte Kostensteigerung auf keine "geologischen Überraschungen" im eigentlichen Sinn zurückzuführen sind, da die schwierigen Baugrundverhältnisse dem Bauherrn vor Baubeginn bekannt waren. Die ausgewiesene Kreditüberschreitung basiert demnach im Wesentlichen auf Projektänderungen, wobei sich die Summe der eigentlichen Mehrkosten unter Berücksichtigung von Teuerung, Gebühren und Prognosegenauigkeit für ein Vorprojekt von 20 % auf rund CHF 15 500 000 (inkl. Reserve über CHF 5 000 000) reduziert. Diese Mehrkosten sind absolut gesehen hoch. Bezogen auf die Projektgrösse können diese indessen als "tolerierbar" bezeichnet werden.
Vermeidbare Mehrkosten
Die PUK Poya kommt zum Schluss, dass alle Projektbeteiligten nach bestem Gewissen im Sinn der gestellten Aufgabe gearbeitet haben. Die Mehrkosten hätten aus Sicht der PUK aber durchaus mit folgenden Massnahmen reduziert oder gar verhindert werden können: Einerseits folgten die Projektverantwortlichen zu stark dem Zeitdiktat, das durch die Bundesunterstützung mit Baubeginn per 2008 vorgegeben wurde und andererseits war die gewählte und gelebte Organisation und Kommunikation nicht optimal auf die Projektkomplexität abgestimmt, sondern ungenügend, um nicht zu sagen chaotisch.
Kreditgesuch auf Basis eines Vorprojekts
Damit der Kanton von der Unterstützung des Bundes (50 % der Gesamtkosten, d.h. CHF 60 Millionen) profitieren konnte, wurde aus zeitlichen Gründen das Kreditgesuch aufgrund eines Vorprojekts gestellt, und nicht, wie normalerweise verlangt, aufgrund eines definitiven Projekts erstellt. Es wurde auch nicht klar darauf kommuniziert, dass die Kosten sich auf ein Vorprojekt, und nicht auf ein definitives Projekt stützten. Das Kreditgesuch, das dem Volk und dem Grossen Rat demnach vorgelegt wurde, war weder vollständig noch genügend präzis ausgearbeitet. Deshalb musste das Projekt in der Folge verschiedentlich verfeinert und geändert werden, was Auswirkungen auf Kosten und Termine hatte.
Ein dringlich durchgeführtes Projekt
Die bauliche Realisierung der Brücke und der Zufahrten begannen, noch bevor die Organisation und der Inhalt des Gesamtprojekts ausreichend erarbeitet und aufeinander abgestimmt waren. Wäre der benötigte Kredit auf Basis des vollständig abgestimmten Gesamtprojektes ermittelt worden, so hätte der Kanton auf Basis der heutigen Endkostenprognose über CHF 211 Mio. eine Gesamthilfe des Bundes in der Höhe von maximal CHF 105 500 000 Anspruch nehmen können; d.h. CHF 24 500 000 (inkl. Teuerung) mehr als gegenüber dem tatsächlich erhaltenen Betrag. Die PUK Poya ist überzeugt, dass die Unterschätzung der Kosten des Projekts, die im Wesentlichen durch die knappen Fristen zum Erhalt einer Bundessubvention verursacht wurden, mit einer optimalen Projektorganisation und - wenn nötig - mit zusätzlichem Personal in bedeutendem Mass hätte reduziert werden können.
Eine lückenhafte und unangemessene Organisation
Während einer grossen Zeitspanne war die Projektorganisation ganz einfach nicht adäquat auf die Projektkomplexität ausgerichtet. Namentlich in den Phasen, in welchen die Eckpfeiler des Projektes und damit die Hauptkosten der verschiedenen Bauwerke bestimmt wurden. Die PUK Poya ist überzeugt, dass ein Projekt dieser Grössenordnung auf jeden Fall auf Seiten des Bauherrn von einem Projektleiter, der sich ausschliesslich mit diesem Projekt befasst, geführt werden muss. Dies trifft im Projekt Poya nicht zu. Während es für ein Projekt dieses Ausmasses zusätzliches Personal benötigt, geschah das Gegenteil. Weiter lässt sich auf die mangelhafte Organisation resp. Kommunikation zurückführen, dass von den Projektverantwortlichen keine dem Projektstand angemessenen Kostenreserven von 20-25% eingeplant wurden. Dabei waren sowohl Baugrundrisiken wie auch möglichen Gefahren von Mehrkosten aus Projektänderungen infolge langer Planungs- und Bauzeit bekannt. Die Projektverantwortlichen haben eher eine rollende Planung praktiziert, was bei einem Projekt dieser Grössenordnung unannehmbar ist. Diese mangelhafte Organisation führte letztlich zu einem beträchtlichen Synergieverlust und verursachte zudem einen zusätzlichen Zeitdruck.
Ein ebenso problematisches Gesuch für den Zusatzkredit
Obwohl die Probleme im Zusammenhang mit dem ersten Kredit von 2006 und Hinweisen durch das Finanzinspektorat bekannt waren, wurde der im Jahre 2010 genehmigte Zusatzkredit vorbereitet, ohne dass die ursprünglichen Fehler ausgemerzt korrigiert worden wären. Der Grosse Rat entschied noch immer über einen Projektvorschlag, der ungenügend resp. auf Stufe Vorprojekt ausgearbeitet war, obwohl die Empfehlungen, namentlich des Finanzinspektorats, damals überaus klar waren. Das Parlament stimmte über diesen Kredit ab, in der Meinung, dass es über ein definitives Projekt entschied, obwohl dies offensichtlich nicht der Fall war. Die Projektänderung im Zusammenhang mit der Unterführung St. Leonhard liess auch Meinungsverschiedenheiten beim Staatsrat selbst zutage treten. Die Tatsache, dass die beiden aufeinanderfolgenden Raumplanungs-, Umwelt- und Baudirektoren nicht dieselbe Sicht auf eben dieses entscheidende Element des Projekts hatten, lässt Zweifel daran aufkommen, ob das Dossier richtig weitergegeben wurde. Diese Dossierübergaben hätten gerade in Kenntnis des häufigen Personalwechsels des Vorstehers dieser Direktion in den vergangenen Jahren mit adäquater Sorgfalt vorgenommen werden müssen. Eine gewisse Stabilität in dieser Direktion hätte bestimmt auch dazu beigetragen, eine solche Situation zu entschärfen.
Empfehlungen
Zusammenfassend ist die PUK der Meinung, dass Kreditgesuche nicht auf Basis eines Vorprojekts, sondern eines abschliessenden Bauprojekts gestellt werden müssen, bei dem die Kosten verlässlich mit einer Genauigkeit von 10 % angegeben werden können. Ausserdem müssen auf das Projekt abgestimmte Reserven für Projektänderungen und Unvorhergesehenes sowie für erfasste konkrete Risiken, die während der Planung und Realisierung auftreten können, im Kostenvoranschlag berücksichtigt werden. Weiter bedarf es bei der Erarbeitung eines solchen Grossprojekts unbedingt einer vollständigen, vertieften Untersuchung der Risiken. Abschliessend muss man bei künftigen Projekten solcher Grössenordnung dafür sorgen, dass der Projektleiter des Bauherrn sich ausschliesslich dem Projekt widmen kann. Hierzu sind Massnahmen zu ergreifen, damit der Projektleiter laufenden Aufgaben an andere Mitarbeiter abgeben kann. Wenn nötig muss rechtzeitig ausreichend Personal oder ein externer Auftragnehmer für diese Aufgabe rekrutiert werden.
Die PUK kommt weiter zum Schluss, dass die zahlreichen Wechsel an der Spitze der RUBD einen nicht unwesentlichen Faktor für die entstandenen Schwierigkeiten darstellten. Die PUK empfiehlt eine gewisse Stabilität in dieser Direktion. Ausserdem macht die PUK den Grossen Rat auf dessen Rolle aufmerksam, die das Parlament bei Kontrollaufgaben wahrzunehmen hat. Die PUK empfiehlt aus diesem Grund zu prüfen, inwiefern Konzepte und Mutationen der Projektorganisation künftiger Grossprojekte unter die Kontrolle des Grossen Rats zu stellen sind.
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Bericht
http://www.fr.ch/gc/files/pdf65/rapportfinalPoyade.pdf
Beilage
http://www.fr.ch/gc/files/pdf65/annexes_rapport_finalPoyade.pdf