Das vom Staatsrat beschlossene Zurverfügungstellen von Hygieneprodukten ist die Folge eines Postulats der Grossrätinnen Favre-Morand und Fagherazzi, in dem der Staatsrat ersucht wurde, die Möglichkeit zu prüfen, in Bildungsstätten, öffentlichen Einrichtungen und Sportanlagen kostenlose Hygieneprodukte zur Verfügung zu stellen.
Vor diesem Hintergrund wurde unter Leitung eines vom Kantonalen Sozialamt (KSA) präsidierten Steuerungsausschusses (StA) eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Dem StA gehörten das Hochbauamt (HBA), das Kantonsarztamt (KAA) mit der Freiburger Fachstelle für sexuelle Gesundheit (FFSG), das Amt für französischsprachigen obligatorischen Unterricht (FOA), das Amt für Berufsbildung (BBA), das Landwirtschaftliche Institut Grangeneuve (LIG) und die Stadt Freiburg an. Der aus dieser Studie hervorgehende Bericht beschreibt die Umsetzungsmodalitäten, soll heissen: Anzahl betroffene Standorte, Kosten und benötigtes Material. Ausserdem sieht er eine Kommunikationsstrategie und eine Verstärkung der Präventionsmassnahmen vor.
Periodenarmut ab der obligatorischen Schulzeit bekämpfen
Das Angebot richtet sich vor allem an Mädchen und Frauen, die an der Armutsgrenze leben. Wer unter diesen Bedingungen lebt, muss zuweilen Alternativen finden, die der Gesundheit schaden können. Eine zu lange oder unangemessen Nutzung oder gar selbstgemachte Artikel aus Toilettenpapier oder Windeln können gesundheitliche Probleme wie Juckreiz oder schwere Infektionen nach sich ziehen.
Ist ein angemessener Hygieneschutz nicht möglich, gehen viele Frauen nach Hause und riskieren dadurch Schulabbruch oder Kündigung. Das Tabu rund um das Thema Menstruation bröckelt derzeit, doch bleibt es für Frauen schwierig, offen über das Thema zu reden, geschweige denn andere um Hygieneprodukte zu bitten, wenn sie keinen angemessenen Schutz dabeihaben. Nebst den finanziellen Schwierigkeiten beim Kauf von Hygieneprodukten werden Frauen manchmal durch die Menstruation oder deren Stärke überrascht. Jeder Monat kann anders sein und die Betroffenen in eine missliche Lage bringen, besonders, wenn man die Regel erst seit Kurzem hat.
Da das Alter der ersten Menstruation in den letzten Jahrzehnten tendenziell gesunken ist, empfiehlt der Staatsrat, Hygieneprodukte ab einem Alter von 10 bis 11 Jahren bereitzustellen, d. h. in der obligatorischen Schule ab der 7H. Ausserdem soll in der obligatorischen Schule das Bewusstsein für das Thema Menstruation geschärft werden, um das bestehende Tabu abzubauen.
73 Gebäude im Kanton ausgerüstet
In den öffentlichen Gebäuden werden Hygieneprodukte frei zugänglich sein, so dass sich die jungen Mädchen und Frauen einerseits punktuell für Notfälle versorgen können, andererseits nachhaltig und ohne Diskriminierung, sollten sie von Armut betroffen sein. Das HBA hat 59 öffentlich zugängliche Gebäude im gesamten Kanton ermittelt, in denen jeweils ein fixer Spender installiert werden muss, sowie 14 Gebäude, in denen mehrere Spender installiert werden müssen.
Für die anfängliche Umsetzung sieht das Budget insgesamt 70 200 Franken im ersten Jahr (inkl. Kosten für Sensibilisierung und Kommunikation) und 36 200 Franken ab dem zweiten Jahr vor.
Das Projekt trägt zur Erreichung der Zielvorgaben der Strategie Nachhaltige Entwicklung des Staates Freiburg bei und ist Teil der Kantonalen Strategie sexuelle Gesundheit, die demnächst vorgestellt wird. Eine Informationskampagne ist geplant.
Das Beispiel der Stadt Freiburg
Nach Annahme des Postulats Nr. 155 durch den Freiburger Gemeinderat führte die Stadt Freiburg seit dem 20. Juni 2022 in den Damentoiletten von drei Gemeindegebäuden eine viermonatige Testphase durch: Die Orientierungsschule Belluard, die Primarschule Heitera und das Bürgerspital wurden mit Hygieneproduktespendern ausgestattet. In den vier Monaten konnten die Meinungen und Beanstandungen der Nutzerinnen gesammelt, die Menge der zur Verfügung gestellten Hygieneprodukte angepasst und ein ungefähres Betriebsbudget erstellt werden.
Die Einführung des Systems ist für den Schuljahresbeginn 2023/24 vorgesehen. Die Spender – aus rostfreiem Stahl für eine nachhaltige Nutzung – werden in rund 50 Gebäuden aufgestellt: in öffentlich zugänglichen Verwaltungsgebäuden (Einwohnerkontrolle, Bürgerspital, ...) und in schulischen Einrichtungen (Primarschulen, Orientierungsschulen, Turnhallen und ausserschulische Betreuungseinrichtungen). Sie werden mit einem Aufkleber mit klarer, für alle verständlicher Beschriftung versehen. Die für das Projekt ausgewählten Hygieneprodukte und ihre Verpackung sind aus Bio-Baumwolle, sanft zum Intimbereich und umweltfreundlich. Hygieneabfallbehälter werden ebenfalls aufgestellt.
Um die Zielgruppen – von Armut oder Notsituationen betroffene Frauen – zu erreichen, wird die Stadt über all ihre Informationskanäle sowie über ihre schulärztliche Betreuung kommunizieren. Weitere Einzelheiten sind dem Schlussbericht des Gemeinderats auf der Website der Stadt Freiburg zu entnehmen.