Die Direktion für Gesundheit und Soziales hat die neue sozialpädagogische Betreuungsleistung «Time Up» vorgestellt. Sie richtet sich an Mädchen aus der lateinischen Schweiz, die aufgrund eines Strafentscheids eines Jugendgerichts für maximal 18 Monate in einer geschlossenen und anschliessend halbgeschlossenen Einrichtung platziert werden. Dieses Pilotprojekt wird vom Sektor «Time Out» der Freiburger Stiftung für die Jugend (FFJ) angeboten und ist Ergebnis einer interkantonalen Zusammenarbeit im Rahmen des Konkordats über den Vollzug der strafrechtlichen Einschliessung Jugendlicher aus den Westschweizer Kantonen (und teilweise aus dem Kanton Tessin). Die Arbeiten am Gebäude für diese neue Leistung haben im Mai 2023 begonnen; die neue Struktur wird bis zu vier Bewohnerinnen aufnehmen können.
Entwicklungsfähige Struktur für die sozialpädagogische Begleitung im geschlossenen Bereich
«Time Up» ist eine mögliche Antwort auf den Bedarf der lateinischen Jugendgerichte an einer entwicklungsfähigen Platzierung, d. h. einer geschlossenen Platzierung mit dem Ziel einer schrittweisen Öffnung. Diese Leistung richtet sich speziell an Mädchen ab 14 Jahren aus der lateinischen Schweiz, die aufgrund eines Entscheids eines lateinischen Jugendgerichts eingewiesen werden, weil sie eine erzieherische oder therapeutische Betreuung in einem geschlossenen Umfeld benötigen. Dieser Entscheid dient dem Schutz der Mädchen, wenn sie aufgrund ihres delinquenten Verhaltens eine Bedrohung für Dritte darstellen.[1]
Die Betreuung in «Time Up» umfasst vier Phasen mit einer schrittweisen Öffnung der Platzierung. Die Dauer der jeweiligen Phase richtet sich nach dem individuellen Projekt des Mädchens und soll die Begleitung individualisieren. Bei diesem Entwicklungsansatz kehrt das Mädchen nicht in die Vorphase zurück, auch wenn es Schwierigkeiten gibt; jedoch muss es bei Regelverstössen mit angemessenen Sanktionen rechnen.
Schrittweise Wiedereingliederung mit Begleitung nach der Platzierung
Während der gesamten Unterbringung wird das Mädchen – gleichermassen wie seine Familie – von Fachpersonen begleitet: Erzieherinnen und Erzieher, Lehrpersonen, Leiter/innen Arbeitsagogik, Psychologinnen und Psychologen, Nachtwächterinnen und Nachtwächter, Kunsttherapeutinnen und -therapeuten sowie externe Fachpersonen begleiten das Mädchen vor der Unterbringung und/oder auch danach. Die schulische und berufliche Eingliederung wird aufmerksam verfolgt, allen voran nehmen die Betroffenen an Praktika teil. Besondere Aufmerksamkeit gilt auch der psychischen und physischen Gesundheit des Mädchens. Darüber hinaus werden die begangenen Straftaten während der gesamten Unterbringungsdauer gründlich reflektiert. Damit soll sichergestellt werden, dass keine Straftaten begangen werden, so dass die Betroffenen die Phase wechseln können. Je nach Austrittsprojekt des Mädchens konzentriert sich die Unterstützung der Fachpersonen auf einen spezifischen Bereich.
Nach der Unterbringung ist das Ziel die Wiedereingliederung auf persönlicher, familiärer, schulischer und/oder beruflicher Ebene, sowie die Abkehr vom straffälligen Verhalten des Mädchens. Das Mädchen wird beim Übergang von «Time Up» ins Zuhause, in eine Einrichtung oder in ein unabhängiges Leben begleitet. Zur Absicherung des Austrittsprojekts ist es möglich, das Mädchen für einige Monate ambulant zu unterstützen, wenn es nicht mehr in den Räumlichkeiten von «Time Up» lebt.
Leistung für die lateinischen Kantone
Dieses Projekt ist aus einer Zusammenarbeit im Rahmen des Konkordats über den Vollzug der strafrechtlichen Einschliessung Jugendlicher aus den Westschweizer Kantonen (und teilweise aus dem Kanton Tessin) hervorgegangen. Ursprünglich vom Kanton Neuenburg geplant, wird dieses Projekt schliesslich in Freiburg von der FFJ umgesetzt.
Eine Vereinbarung, die am 25. April 2023 von den Kantonen Freiburg und Neuenburg unterzeichnet wurde, sieht unter anderem eine Evaluation durch eine unabhängige Stelle nach zwei Jahren vor; so soll festgestellt werden, ob die Leistung auch nach der Pilotphase, die am 30. Juni 2027 endet, angeboten wird. Bei einem positiven Entscheid wird die von Neuenburg eingegangene Verpflichtung zum Angebot dieser Leistung offiziell auf den Kanton Freiburg übertragen.
Anzumerken ist, dass deutschsprachige Mädchen und Jungen mit Bedarf an einer geschlossenen oder halbgeschlossenen Unterbringung in Einrichtungen in der Deutschschweiz betreut werden. Die Jungen aus der Westschweiz werden im Massnahmenzentrum Pramont im Wallis untergebracht.
[1] Art. 15 Abs. 2, Bst. a und b sowie Art. 19 Abs. 2 Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht JStG