In seiner Sitzung vom 5. November 2019 hat der Staatsrat einen Bericht zu den Beziehungen zwischen den nicht öffentlich-rechtlich anerkannten konfessionellen Gemeinschaften und dem Staat genehmigt. Dieser Bericht folgt auf das Postulat 2017-GC-41 von Grossrat Christian Ducotterd zur Überwachung von Moscheen und Imamen. Bei dessen Prüfung hatte der Grosse Rat auf Vorschlag des Staatsrats das Postulat unter dem sicherheitspolitischen Aspekt abgelehnt, jedoch den Antrag um einen Bericht auf institutioneller Ebene angenommen.
Die heutige Gesetzgebung sieht vor, dass den konfessionellen Gemeinschaften, die bestimmte Kriterien erfüllen, öffentlich-rechtliche Befugnisse zuerkannt werden können (Religionsunterricht während der obligatorischen Schulzeit, Recht auf Ausübung der Seelsorge in den Anstalten des Staates, Steuerbefreiung …).
Der Bericht, der sich auf eine Analyse von Mallory Schneuwly Purdie, Doktorin der Religionswissenschaft und -soziologie, stützt, hebt die Entwicklung der religiösen Zugehörigkeit im Kanton Freiburg hervor. So kann seit 2010 eine deutliche Zunahme der Anzahl römisch-katholischer (154’587 Personen, +13'008) und muslimischer Personen (10’901 Personen, +3’646) sowie ein explosionsartiger Anstieg der Personen ohne Religionszugehörigkeit (46’502 Personen, +18'032) festgestellt werden.
Der Staatsrat stellt fest, dass die freiburgische Gesetzgebung rund 30-jährig ist, während sich die Bedürfnisse und Praktiken in den vergangenen Jahren stark verändert haben. Was früher die Bedürfnisse ein paar einzelner Individuen waren, sind heute teils die Bedürfnisse von demografisch bedeutenden Gruppen, deren Berücksichtigung und die Bereitstellung von Leistungen eine Anpassung des Gesetzes vom 26. September 1990 über die Beziehungen zwischen den Kirchen und dem Staat erfordern. Die heutigen Mängel können Unbehagen verursachen, Quelle von Ungleichbehandlungen sein und Unverständnis erzeugen. Durch deren Kumulation besteht ein grosses Risiko, dass diese Mängel leidenschaftliche, unvernünftige, oder sogar extreme Handlungen auslösen können.
Auch wenn die derzeit im Gesetz festgelegten Grundsätze weiterhin gelten, möchte der Staatsrat Lösungen vorschlagen, bei denen die Bedürfnisse der neuen Gemeinschaften und jene der Mehrheitsgesellschaft im Gleichgewicht sind, mit dem Ziel, die soziale Kohäsion, den konfessionellen Frieden und die Achtung der Minderheiten zu stärken. Dazu ist der Staatsrat der Ansicht, dass bestimmte Voraussetzungen für die Gewährung öffentlich-rechtlicher Befugnisse an die konfessionellen Gemeinschaften geändert werden könnten, da sie nicht mehr der Realität entsprechen. Er sieht zudem vor, neue Anforderungen einzuführen, wie namentlich die Transparenz der Finanzierung oder die Kenntnisse einer kantonalen Amtssprache durch die religiösen Verantwortlichen.
Der Staatsrat legt besonderen Wert auf die Beachtung der Grundrechte und hält fest, dass diese Voraussetzung für den Erhalt von öffentlich-rechtlichen Befugnissen bereits ausdrücklich in Art. 142 Abs. 2 der Kantonsverfassung vorgesehen ist. Er ist der Ansicht, dass die Einhaltung dieser Voraussetzung begünstigt werden könnte, indem eine Verbindlichkeitserklärung unterzeichnet würde, die Schweizer Rechtsordnung zu respektieren, wozu insbesondere die Grundrechte der Gleichstellung, der Glaubens- und Gewissensfreiheit, der Vereinigungsfreiheit oder der Ehefreiheit gehören. Die Unterzeichnung einer solchen Erklärung hätte auch zur Folge, dass diese Themen innerhalb der Gemeinschaften diskutiert würden.
Vor diesem Hintergrund ist der Staatsrat der Ansicht, dass der Kanton Freiburg, wie andere Schweizer Kantone, seine Beziehungen zu den nicht öffentlich-rechtlich anerkannten Gemeinschaften modernisieren muss, namentlich was die Voraussetzungen für die Gewährung von Befugnissen und die Arten von Vorteilen betrifft, die neu angeboten werden könnten. Insofern als das Vorgehen die Gemeindeautonomie betrifft (konfessioneller Unterricht, Friedhöfe), muss es mit den Gemeinden abgesprochen werden.
Der Bericht wird dem Grossen Rat überwiesen, der in einer der nächsten Sessionen darüber beraten wird.