Die freiburgische Landwirtschaft und der ganze Ernährungssektor sind von der Agrarpolitik des Bundes direkt betroffen. Aus diesem Grund beabsichtigt der Staatsrat, aktiv zur Gestaltung der Agrarpolitik beizutragen und dem Kanton Freiburg in der mit der Vernehmlassung der AP 22+ lancierten Debatte Gehör zu verschaffen.
Der Staatsrat begrüsst in erster Linie, dass der allgemeine Zahlungsrahmen unverändert bleibt. Eine gewisse Planungssicherheit ist für die Landwirte nach den umfangreichen Anpassungen aufgrund der AP 2014 vor allem bei wichtigen Investitionsentscheiden von Bedeutung. Zudem begrüsst der Staatsrat den Willen, die landwirtschaftliche Ausbildung zu thematisieren. Jedoch ist er der Ansicht, dass eine erfolgreiche Betriebsführung nicht alleine vom Ausbildungsniveau der Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter abhängt. Höhere Ausbildungen zu fördern, ist eine gute Sache, aber der Fachausweis als neue Voraussetzung für den Bezug von Direktzahlungen ist unangemessen.
Im Bereich des bäuerlichen Bodenrechts würde die Erweiterung der Gesetzgebung im Bereich «bäuerlicher juristischer Personen» insbesondere dynamischen Wachstumsbetrieben neue Perspektiven eröffnen. In die gleiche Richtung gehen auch die Erleichterungen der Regeln bei der «Belastungsgrenze» zum Schutz der Landwirtschaft vor Überschuldung.
Der Staatsrat hat vom Projekt zur Förderung regionaler landwirtschaftlicher Strategien Kenntnis genommen, das er als interessant einstuft. Er weist jedoch auch auf die Schwierigkeiten bei der Umsetzung hin. Bewässerungsprojekte in der Broye oder im Seeland könnten beispielsweise von diesem Instrument profitieren.
Im Allgemeinen bedauert der Staatsrat die zunehmende Komplexität des Agrarvollzugssystems, die im Widerspruch zur beabsichtigten allgemeinen administrativen Vereinfachung in diesem Bereich steht.
Die administrative und finanzielle Belastung der Kantone nimmt sogar weiter zu. Es ist mit einem zusätzlichen Aufwand zu rechnen, namentlich für die Einführung von betriebsspezifischen Varianten zur Förderung der Biodiversität oder für Tiergesundheitsbeiträge, die mit den vorgeschlagenen Instrumenten nicht vollzugstauglich sind. Bei den Beiträgen für eine standortangepasste Landwirtschaft, welche die bisherigen Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsbeiträge ablösen sollen, ist mit einem massiven Umstellungsaufwand zu rechnen.
Der erwartete kantonale Kofinanzierungsanteil von 30% (gegenüber den aktuellen 10%) wäre für die Kantone mit bedeutenden Mehrkosten verbunden (rund 4 Millionen Franken für den Kanton Freiburg). Diese neuerliche Lastenübertragung entspricht nicht der zwischen Bund und Kantonen vereinbarten Aufgabenverteilung und ist somit nicht akzeptabel. Es bestünde im Übrigen das Risiko, dass sich eine Zweiklassenlandwirtschaft entwickelt, jene der finanzstarken Kantone, die von der Finanzierung durch den Bund vollumfänglich profitieren können, und jene der finanzschwächeren Kantone, deren Agrarsektor benachteiligt wäre.
Die finanziellen Auswirkungen auf die Landwirtschaftsbetriebe müssen im Übrigen noch eingehender geprüft werden. Das Risiko besteht, dass die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Land- und Ernährungswirtschaft aufgrund der Kostensteigerung infolge der steigenden Anforderungen der AP 22+ in Mitleidenschaft gezogen wird. Bei sämtlichen von der Agrarpolitik vorgeschlagenen Massnahmen müssen deshalb vermehrt Kosten/Nutzen-Überlegungen einbezogen werden.
Der Staatsrat bedauert im Übrigen die vorgesehene Abschaffung von Inlandleistungen für die Gewährung von Zollkontingenten und der Marktentlastungsmassnahmen. Es wäre kontraproduktiv, bewährte und insbesondere für die Bergregionen und den viehstarken Kanton Freiburg sinnvolle Instrumente aufzuheben.
In Anbetracht der Herausforderungen infolge des Klimawandels sowie Preisschwankungen aufgrund von möglichen Marktöffnungen wünscht sich der Staatsrat zudem, dass Vorschläge zum Risikomanagement vorgelegt werden.
Der Kanton Freiburg setzt sich für eine professionelle, leistungsstarke sowie umwelt- und tierfreundliche Landwirtschaft ein. Die Nahrungsmittelproduktion muss nachhaltig sein und den Akteuren der Land- und Ernährungswirtschaft die Möglichkeit geben, in einem zunehmend kompetitiven Umfeld ihre Betriebe zu erhalten und auszubauen. Der Fokus liegt dabei auf der Innovation und der Verbesserung der Wertschöpfung und der Positionierung der Produkte im In- und Ausland.
Die Vernehmlassung zur AP 22+ dauert noch bis am 6. März 2019. Der Staatsrat wird daher in ein paar Wochen detailliert Stellung nehmen.