Angesichts der Unsicherheiten der Agrarpolitik und dem internationalen Konkurrenzdruck ist es mehr denn je vonnöten, Strategien zu entwickeln, welche die den Produzenten gezahlten Preise verbessern können. Vor diesem Hintergrund hat die Direktion der Institutionen und der Land- und Forstwirtschaft (ILFD) die Berner Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) und Agridea (Vereinigung für die Entwicklung der Landwirtschaft und des ländlichen Raums) im Jahr 2015 damit beauftragt, die wichtigsten Wertschöpfungsketten der Freiburger Landwirtschaft zu analysieren: Milch und Milchprodukte, Rind- und Schweinefleisch, Geflügel für die Fleischerzeugung, Brotgetreide, Gemüse und Kartoffeln.
In dieser FILAGRO-Studie wurden die verschiedenen Vermarktungskanäle der Produkte der landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten systematisch analysiert und Stärken und Schwächen hervorgehoben. Die Ergebnisse dieser Analyse wurden in Workshops diskutiert, an denen die Akteure jeder Branche beteiligt waren. In diesen Workshops konnten die strategischen Achsen und Massnahmen herausgearbeitet werden, die Perspektiven für eine bessere Vermarktung der Produkte bei den Konsumenten und bessere Produzentenpreise bieten. Am Ende dieses Prozesses ergeben sich sechs gemeinsame strategische Achsen für die verschiedenen Branchen:
- Erhaltung des Produktions- und Verarbeitungswerkzeugs
- Häufigere Verwendung von regionalen Produkten in der Gemeinschaftsgastronomie
- Entwicklung von neuen AOP
- Bessere Positionierung der regionalen Marke "Terroir Fribourg"
- Stärkung der Governance Mechanismen der Wertschöpfungsketten
- Mehr und besser kontrollierte Kennzeichnung der Produkte
Die Ergebnisse dieser Studie stehen gegenwärtig den Akteuren der verschiedenen Wertschöpfungsketten zur Verfügung, damit sie die qualitativ hochstehenden Erzeugnisse der Freiburger Landwirtschaft bestmöglich vermarkten können. Zudem werden sie dem Staatsrat als Grundlage dienen, um bei der Ausarbeitung seines nächsten Regierungsprogramms die Prioritäten festzulegen.
Die FILAGRO-Berichte zu jeder Wertschöpfungskette können auf der Website des Amts für Landwirtschaft eingesehen werden: http://www.fr.ch/sagri/de/pub/landwirtschaft_foerderung/filagro.htm
Vielversprechende Beispiele
Im Rahmen einer Medienkonferenz vom Mittwoch, 21. September, in Villarlod hat die ILFD verschiedene Beispiele vorgestellt, die diesen Willen, Wertschöpfung zu generieren, deutlich machen.
Jean-Marc Pittet hat sein Bio-Leindotteröl vorgestellt, das reich an Omega-3-Fettsäuren ist und das er seit 2011 in Villarlod produziert. Weitere Landwirte sind seinem Beispiel gefolgt und 2016 produzieren nun acht Produzenten im Kanton im Vertragsanbau auf einer Gesamtfläche von 23 ha Bio-Leindotter. Diese Pflanze wird in Mischkulturen auf der gleichen Parzelle mit Erbsen oder Linsen angebaut, weshalb nach der Ernte die Leindottersamen von den Erbsen oder Linsen getrennt werden müssen. Jean-Marc Pittet hat sich mit zwei Linsen- und Dinkelproduzenten zusammengeschlossen, um mit der Unterstützung des Kantons Freiburg 90'000 Franken in den Kauf einer Sortiermaschine zu investieren. Vitus Schafer, Co-Präsident von Bio-Freiburg, hat seinerseits auf den Mehrwert gesetzt, den Biolandbau für einen Landwirt darstellt.
Das Unternehmen Milco und die Fromagerie Moléson bauen auf die Verarbeitung von Freiburger Milch in andere lokale Spezialitäten als Gruyère oder Vacherin fribourgeois AOP. Sie bieten somit eine interessante Wertschöpfung für die lokale Milchproduktion. Milco hat das "Yogourt au lait de la Gruyère" entwickelt: diese regionale Positionierung ermöglichte es Milco, diese Joghurts in allen Westschweizer Märkten neben den grossen nationalen Marken zu platzieren. Die Fromagerie Moléson hat mit der Unterstützung der Käserei von Grangeneuve den "Bleu de Fribourg" entwickelt, der an den Swiss Cheese Awards 2014 in der Kategorie Blauschimmelkäse mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde. Für Globus wird der "Bleu de Fribourg" in einer limitierten Auflage mit Alkohol aus Büschelbirnen oder Vin cuit veredelt.
Im Bereich Ackerbau wurden besondere Anstrengungen unternommen, um die Qualität bei der Kartoffel-, Tabak- und Gemüseproduktion zu gewährleisten. Um eine umweltverträgliche Wasserversorgung sicherzustellen, wurden mit der Unterstützung des Bundes (29%) und des Kantons Freiburg (25 %) 3,3 Millionen Franken in ein Pumpwerk im Neuenburgersee bei Portalban investiert. José Baechler, der Präsident der Coopérative de pompage du Lac, der 40 Produzenten angehören, wies darauf hin, dass diese Anlage die Bewässerung eines Perimeters von 1'686 ha Ackerland (3/5 auf Freiburger Kantonsgebiet, 2/5 auf Waadtländer Kantonsgebiet) ermöglicht.