In seiner Sitzung vom 1. Oktober bewilligte der Staatsrat der Sicherheits-, Justiz. und Sportdirektion (SJSD), einen Gesetzesvorentwurf zur Änderung des Justizgesetzes in die Vernehmlassung zu schicken. Er bietet den rechtlichen Rahmen für die konkrete Umsetzung der Empfehlungen, die aus der zwischen 2017 und 2021 durchgeführten Analyse der Gerichtsbehörden hervorgegangen waren und die der Staatsrat Ende 2021 übernommen und 2023 präzisiert hatte. Ziel des gesamten Prozesses: Analysieren und Bestimmen von Wegen für die Verbesserung der Organisation und der Arbeits- und Funktionsweise der Gerichtsbehörden, mit der Zielsetzung einer Rationalisierung und eines Effizienzgewinns unter gleichzeitiger Erhaltung der Qualität der Leistungen und der Garantierung der Zugänglichkeit der Gerichtsbehörden in den verschiedenen Regionen.
Der Gesetzesvorentwurf wurde auf der Grundlage der Arbeiten einer Arbeitsgruppe ausgearbeitet, die vom Amt für Justiz geleitet wurde und Vertreterinnen und Vertreter des Justizrats, der wichtigsten Instanzen der Gerichtsbehörden, der Oberamtspersonenkonferenz, des Freiburger Anwaltsverbands, der Justizkommission des Grossen Rates und der Finanzdirektion umfasste.
Fünf Einheiten statt achtzehn
Die erste Stossrichtung der Revision ist der Zusammenfassung der Gerichtsbehörden in fünf Organisationseinheiten gewidmet. Das Kantonsgericht, die Staatsanwaltschaft und das Zwangsmassnahmengericht bleiben unverändert. Andererseits werden einerseits die Bezirksstrafgerichte, das Wirtschaftsstrafgericht und das Jugendstrafgericht zu einem einzigen Strafgericht zusammengefasst, der aus Höfen (allgemeiner Hof, Jugendstrafgerichtshof und Wirtschaftsstrafgerichtshof) besteht. Zum anderen werden die zivilen Bezirksgerichte in einem Zivilgericht zusammengefasst, das aus sechs Gerichten besteht (allgemeiner Hof, Arbeitsgerichtshof, Mietgerichtshof, Kindes- und Erwachsenenschutzgerichtshof, Handelsgerichtshof und Gerichtshof der freiwilligen Gerichtsbarkeit).
Diese organisatorischen Zusammenlegungen, die keine physischen Zusammenlegungen von Richterinnen, Richtern, Staatsanwältinnen, Staatsanwälten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an einem Ort bedeuten, werden durch die Digitalisierung der Justiz (auf Bundesebene mit Justitia 4.0 und auf kantonaler Ebene mit der Entwicklung von E-Justice) erleichtert. Parallel zum aktuellen Gesetzgebungsprozess wird auch eine Infrastrukturstrategie für die Gerichtsbehörden entwickelt.
Die zweite Hauptstossrichtung betrifft die Schaffung eines Koordinationsorgans. Dieses zentrale Führungsorgan, das unter der Aufsicht des Justizrats steht, aber von diesem unabhängig ist, wird sich aus den Präsidentinnen oder Präsidenten der fünf Einheiten zusammensetzen und die Aufgabe haben, die Koordination zwischen den verschiedenen Einheiten zu gewährleisten, die Entwicklung von Projekten zu ihren Gunsten zu unterstützen und die Harmonisierung der Geschäftsprozesse zu fördern. Er wird sich auf die Generalsekretärinnen und -sekretäre der Gerichtsbehörden stützen, eine neue Funktion, die insbesondere für die administrative Leitung der fünf Gerichte zuständig sein wird.
Förderung der Schlichtung
Die dritte Hauptstossrichtung zielt darauf ab, die Schlichtung zu fördern, indem zwei neue Einheiten geschaffen werden: eine allgemeine Schlichtungskommission und eine Schlichtungskommission für Arbeitsrecht. Sie werden zusätzlich zur derzeitigen Schlichtungskommission für Mietsachen eingerichtet.
Zu den weiteren Änderungen, die in diesem Gesetzesvorentwurf vorgesehen sind, gehören die Verringerung der Anzahl der Beisitzerinnen und Beisitzer im Sinne einer grösseren Spezialisierung und Wertschöpfung, die Unterstellung der Oberamtspersonen unter die Aufsicht des Justizrats, wenn sie als Verwaltungs- oder Strafgericht fungieren, die Verbesserung der Rückerstattung der unentgeltlichen Rechtspflege, die Erhöhung des Streitwerts, die es Präsidentinnen und Präsidenten der Arbeits- und Mietgerichte ermöglicht, allein zu entscheiden.
Diese in die Vernehmlassung gegebene Revision des Justizgesetzes legt die neue allgemeine Organisation der Gerichtsbehörden fest. Vorbehaltlich von dessen Annahme wird die konkrete Umsetzung Zeit in Anspruch nehmen und die Einrichtung einer speziellen Projektorganisation erfordern. Unabhängig von der Erhöhung der Personalausstattung, welche die Gerichtsbehörden anstreben und die sowohl vom Justizrat als auch von der Justizkommission des Grossen Rates unterstützt wird, wird die neue Organisation hauptsächlich Stellenumwandlungen mit sich bringen.
Schliesslich gibt die SJSD auch einen zweiten Vorentwurf zur Änderung des Justizgesetzes in die Vernehmlassung, in dem die Oberämter als zuständige Behörden für die Durchführung von Zwangsräumungen in Mietsachen bezeichnet werden. Mit dieser Änderung wird die Motion Kolly Nicolas / Morel Bertrand «Totalrevision des Ausführungsgesetzes über den Mietvertrag und den nichtlandwirtschaftlichen Pachtvertrag (MPVG), insbesondere auf Exmissionen» umgesetzt, die der Grosse Rat im Oktober 2022 angenommen hat.