Der Kanton Freiburg gehört mit Bern und Wallis zu den drei offiziell zweisprachigen Kantonen der Schweiz. In der an der Sprachgrenze gelegenen Kantonshauptstadt Freiburg sind 69% der Einwohnerinnen und Einwohner französischsprachig und 25% deutschsprachig (Volkszählung 2020). Obschon die Mehrheit der Bevölkerung nicht zweisprachig ist, leben beide Sprachgemeinschaften einvernehmlich zusammen.
Geschichtlicher Überblick
Freiburg ist neben Bern und Wallis einer der drei institutionell zweisprachigen Kantone der Schweiz. Er ist der Schweizer Eidgenossenschaft im Jahr 1481 beigetreten. Der Kantonshauptort Freiburg liegt direkt auf der Sprachgrenze. Von den sieben Bezirken sind fünf französischsprachig (Saane, Glane, Greyerz mit der deutschsprachigen Gemeinde Jaun/Bellegarde, Vivisbach, Broye), der Seebezirk ist zweisprachig und der Sensebezirk deutschsprachig.
Schon seit Jahrhunderten wird in dieser Region, die sich beidseits der Saane erstreckt, Deutsch und Französisch gesprochen. So war Deutsch von 1483 bis 1798 Verwaltungssprache. Von 1798 bis 1856 war Freiburg de facto zweisprachig: Französisch (1798–1814, 1831–1856) und Deutsch (1814–1830) galten abwechselnd als Verwaltungssprache, die amtlichen Texte wurden jeweils in die andere Sprache übersetzt. Von 1857 bis 1990 hatten Deutsch und Französisch den Status von Amtssprachen, wobei die französische Fassung als die rechtsverbindliche galt.
Seit 1991 sind Französisch und Deutsch gleichgestellt. Jeder amtliche Text wird in die zweite Amtssprache übersetzt. 2004 wurde im Artikel 17 der Verfassung festgelegt, dass wer sich an eine für den ganzen Kanton zuständige Behörde wendet, dies in der Amtssprache seiner Wahl tun kann.
Freiburg ist der einzige Kanton in der Schweiz, in dessen Verfassung (Art. 64) verankert ist, dass die erste unterrichtete Fremdsprache die jeweils andere Amtssprache ist. Dies entspricht dem Willen, die gegenseitige Verständigung zwischen den beiden Sprachgemeinschaften zu fördern. (Quelle: HLS)
Sprachenfrage in der Verfassung und der Gesetzgebung
Gesprochene Sprache
Französisch und Deutsch sind die Amtssprachen des Kantons. Ihr Gebrauch wird in Achtung des Territorialitätsprinzips geregelt: Staat und Gemeinden achten auf die herkömmliche sprachliche Zusammensetzung der Gebiete und nehmen Rücksicht auf die angestammten sprachlichen Minderheiten.
Die Amtssprache der Gemeinden ist Französisch oder Deutsch. In Gemeinden mit einer bedeutenden angestammten sprachlichen Minderheit können Französisch und Deutsch Amtssprachen sein.
Der Staat setzt sich ein für die Verständigung, das gute Einvernehmen und den Austausch zwischen den kantonalen Sprachgemeinschaften. Er fördert die Zweisprachigkeit. Der Kanton fördert die Beziehungen zwischen den Sprachgemeinschaften der Schweiz.
Die Sprachenfreiheit ist gewährleistet.
(Referenz: Art. 6 und 17 der Verfassung)
Beziehung zu den kantonalen Behörden
Wer sich an eine für den ganzen Kanton zuständige Behörde wendet, kann dies in der Amtssprache seiner Wahl tun.
Bei einem Gerichtsverfahren
Im Allgemeinen ist die Verfahrenssprache Deutsch oder Französisch.
Das Verfahren wird durchgeführt:
a) in den Bezirken Saane, Greyerz, Glane, Broye und Vivisbach auf Französisch;
b) im Sensebezirk auf Deutsch;
c) im Seebezirk auf Deutsch oder auf Französisch, im Strafverfahren nach der Sprache der beschuldigten Person und im Zivilverfahren nach der Sprache der beklagten Partei.
Vor Behörden, deren Zuständigkeit nicht an einen Bezirk gebunden ist, ist die Sprache massgebend, die das zuständige Bezirksgericht gebrauchen würde. Das Rechtsmittelverfahren wird in der Sprache des angefochtenen Entscheids durchgeführt.
Referenz: Justizgesetz vom 31. Mai 2010 (JG/SGF 130.1), Art. 115-120.
Schule und Unterricht
Der Unterricht wird in den Schulkreisen, deren Amtssprache Französisch ist, auf Französisch und in den Schulkreisen, deren Amtssprache Deutsch ist, auf Deutsch erteilt.
Gehören einem Schulkreis entweder eine Gemeinde mit französischer und eine Gemeinde mit deutscher Amtssprache oder eine zweisprachige Gemeinde an, so gewährleisten die Gemeinden des Schulkreises den unentgeltlichen Besuch der öffentlichen Schule in beiden Sprachen.
Der Schulinspektor kann aus sprachlichen Gründen einem Schüler erlauben, die Schule eines anderen Schulkreises zu besuchen.
Referenz: Gesetz vom 23. Mai 1985 über den Kindergarten, die Primarschule und die Orientierungsschule (Schulgesetz) SGF 411.0.1, Art. 7 und 9b
Bildung und Institutionen
Universität
Die Universität Freiburg gehört zu den wenigen Universitäten Europas, die ein vollständiges Bildungsangebot in mehr als einer Unterrichtssprache anbieten. Und sie ist die einzige, an der in der Lehre wie auch in der Verwaltung konsequent zwei Sprachen gebräuchlich sind. Zwar zeichnet sich die Freiburger Universität seit ihrer Gründung durch ihre Zweisprachigkeit aus – mit der Möglichkeit, in Deutsch und in Französisch zu studieren, das Konzept für zweisprachige Studiengänge wurde aber erst in jüngerer Zeit eingeführt. Die Universität verfolgt nämlich das ehrgeizige Ziel, die Zweisprachigkeit – und sogar die Mehrsprachigkeit – zu einer Kernkompetenz der Einrichtung zu machen. So setzt sie sich seit einigen Jahren für den Ausbau der zweisprachigen Studiengänge ein, bei denen ein zweisprachiges Diplom erworben werden kann.
Studieren in einer einzigen Sprache ist zwar weiterhin möglich, die zweisprachige Ausbildung wird jedoch verstärkt gefördert. Gerade diese Zweisprachigkeit ist für viele Studierende einer der Hauptgründe, weshalb sie sich für Freiburg als Studienort entscheiden. Allerdings sieht sich die Universität nicht als spezielle Institution für Studierende, die bereits zweisprachig sind. Vielmehr soll hier den Studierenden, die während ihres Studiums ihre Sprachkenntnisse verbessern möchten, eine breite Palette von Unterstützungen und Kursen angeboten werden.
Institut für Mehrsprachigkeit
Das im Jahr 2008 gegründete Institut für Mehrsprachigkeit verdankt seine Entstehung einer Zusammenarbeit zwischen der Universität Freiburg und der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Das Institut wurde im Anschluss an die auf Initiative des Staatsrats im Jahr 2007 eingerichtete Stiftung für Forschung und Entwicklung der Mehrsprachigkeit ins Leben gerufen. Auftrieb erhielt die neugeschaffene Einrichtung im Juni 2010 durch den Entscheid des Bundesrates, Freiburg als Standort für das nationale Kompetenzzentrum für Mehrsprachigkeit zu wählen. Die Schaffung dieser neuen Institution wurde durch das Sprachengesetz des Bundes ermöglicht.
Das Institut für Mehrsprachigkeit widmet sich der Forschung auf dem Gebiet der Mehrsprachigkeit in ihren sprachwissenschaftlichen, sozialen, politischen, wirtschaftlichen und pädagogischen Facetten. Forschungsschwerpunkte des Instituts sind insbesondere die Bereiche Schule und Unterricht, Migration, Arbeitswelt sowie Evaluierung von Sprachkompetenzen.
Das Institut für Mehrsprachigkeit an der Murtengasse in Freiburg arbeitet mit zahlreichen Partnern im In- und Ausland zusammen.
Zweisprachigkeit in der Schule
Für die Freiburger Schule stand das Erlernen der Partnersprache – Deutsch für Französischsprachige, Französisch für Deutschsprachige – stets im Vordergrund. In Freiburg wird in der 3. Klasse mit dem Unterricht der ersten Fremdsprache begonnen. Und schon die Jüngsten werden im Kindergarten mit Aktivitäten zur frühen Sensibilisierung fürs Fremdsprachenlernen mit der Partnersprache vertraut gemacht.
Der Staatsrat setzt sich ebenfalls verstärkt für das Sprachenlernen ein und hat dazu im Jahr 2009 ein kantonales Konzept für den Sprachenunterricht vorgelegt. Es deckt alle Stufen der obligatorischen Schule ab und erstreckt sich auch auf die Gymnasialausbildung und die Berufsbildung. Während und nach der Schulzeit sollen alle Möglichkeiten für den Erwerb und die Vertiefung von Sprachkenntnissen genutzt werden können. Das Konzept beinhaltet neun Vorschläge für die Förderung des Erwerbs funktionaler Kompetenzen der Partnersprache und anderer Fremdsprachen. Die Umsetzung dieses ehrgeizigen Programms wird voraussichtlich mindestens bis 2014 dauern.
Das kantonale Konzept, das auf der erlebten Realität der Freiburger Schule aufbaut, verfolgt insbesondere folgende Ziele: Verbesserung des bestehenden Fremdsprachenunterrichts durch die Einführung neuer Lehr- und Lernmaterialien, Förderung von Schüler- und Klassenaustauschen, Ausbau des 10. partnersprachlichen Schuljahres, Durchführung von Sprachprojekten in den Schulen zur Integration von zweisprachigen Unterrichtssequenzen, Eröffnung zweisprachiger Klassen auf der Sekundarstufe 1 (OS).
Medien und Zweisprachigkeit
Im Kanton Freiburg kann man sich in beiden Amtssprachen informieren.
Zweisprachige Medien
- Feuille officielle du canton de Fribourg / Amtsblatt des Kantons Freiburg
- Le Lac
- Website des Staates Freiburg
Einsprachige Medien
- Französisch
- La Liberté
- La Gruyère
- Sept Info
- La Broye
- Le Républicain
- Le Messager
- La Télé
- Radio Fribourg
- Deutsch
- Freiburger Nachrichten
- Der Murtenbieter
- Anzeiger von Kerzers
- Unsere Region Murtensee
- Radio Freiburg
- Radio Kaiseregg
Sowohl die Direktion als auch die Redaktion von RadioFR ist zweisprachig, der Sender verfügt über zwei Programme.