Das Grossratsgesetz ist am 1. Januar 2007 im Zuge der Umsetzung der neuen Kantonsverfassung in Kraft getreten und regelt Organisation und Funktionsweise des Kantonsparlaments. Nachdem es bereits mehrere punktuelle Änderungen erfahren hat, wird es hiermit etwas grundsätzlicher überarbeitet. Wesentliche Neuerungen sind die Reduktion der Anzahl Mitglieder des Ratsbüros, die Schaffung von dauerhaften Regeln zur virtuellen Teilnahme an Sitzungen, die Gewährung des Zugangs zu den Protokollen gewisser Kommissionssitzungen und die Erhöhung der Beiträge an die Fraktionen.
Strukturen: das Ratsbüro wird schlanker
Das Büro des Grossen Rates ist das ausführende Organ des Parlaments. Es kümmert sich um die laufenden Geschäfte, weist die Ratsgeschäfte den parlamentarischen Kommissionen zur Vorberatung zu und legt das Arbeitsprogramm des Parlaments fest. Das Büro besteht zurzeit aus der Präsidentin oder dem Präsidenten, zwei Vize-Präsidentinnen oder Vize-Präsidenten sowie sechs Stimmenzählerinnen oder Stimmenzählern. Um die Arbeit dieses Organs zu vereinfachen, sieht der Vorentwurf vor, dass letztere in Zukunft nicht mehr Teil des Ratsbüros sind. Die Aufgabe der Stimmenzählerinnen und Stimmenzähler besteht somit künftig einzig in der Vorbereitung der Wahlen und dem Auszählen der Stimmen.
Funktionsweise: klare und dauerhafte Regeln zur virtuellen Sitzungsteilnahme
Während des Covid-Lockdowns hat das Parlament, wie zahlreiche Unternehmen und Verwaltungen auch, Erfahrungen mit virtuellen Sitzungen gesammelt. Auf der Grundlage eines dringlichen Gesetzes konnten Ratsmitglieder, die wegen der Pandemie nicht an Plenarsitzungen teilnehmen konnten, diesen Sitzungen aus der Ferne beiwohnen. Das Ratsbüro und gewisse Kommissionen führten einzelne Sitzungen gleich gänzlich virtuell durch. Der Vorentwurf verankert dieses Vorgehen dauerhaft im Gesetz. Er ermöglicht den Kommissionen und dem Büro, auf Distanz tu tagen und dies unabhängig von der gesundheitspolizeilichen Lage. In Bezug auf das Ratsplenum geht der Entwurf hingegen weniger weit: hier soll eine Teilnahme aus der Ferne nur dann möglich sein, wenn der Staatsrat zur Abwendung einer drohenden Gefahr dringliche Massnahmen ergriffen hat. Auch geht es hier nur um eine Minderheit der Ratsmitglieder, denn wer von zuhause aus teilnimmt, wird für die Ermittlung des Quorums nicht berücksichtigt. Die Mehrheit der Grossrätinnen und Grossräte muss den Plenarsitzungen also auch in Zukunft physisch beiwohnen.
Transparenz: (zeitversetzter) Zugang zu Kommissionsprotokollen
Gemäss Gesetz über die Information und den Zugang zu Dokumenten (InfoG) hat jede natürliche oder juristische Person grundsätzlich das Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten im Besitz der öffentlichen Organe des Kantons. Davon ausgenommen sind namentlich Protokolle von nicht öffentlichen Sitzungen, wozu auch die Kommissionssitzungen des Parlaments zählen. Diese Protokolle können jedoch Informationen enthalten, die nützlich sind für die Interpretation gewisser Erlasse des Grossen Rates. Aus diesem Grund sieht der Vorentwurf vor, dass die Protokolle von Kommissionssitzungen zur Vorberatung von legislativen Erlassen des Grossen Rates ebenfalls einsehbar sind – unter Anwendung der einschlägigen Bestimmungen des InfoG. Damit hierdurch die Arbeit der Kommissionen nicht beeinträchtigt wird, kann dieses Zugangsrecht allerdings erst dann ausgeübt werden, wenn der Grosse Rat den betreffenden Erlass behandelt hat.
Finanzen: zusätzliche Ressourcen für die Fraktionen
Die Parlamentsfraktionen spielen eine wichtige Rolle bei der Meinungsbildung unter den Ratsmitgliedern und beim Aushandeln politischer Kompromisse. In der Absicht, dass jede Fraktion eine politische Sekretärin oder einen politischen Sekretär im Teilzeitpensum anstellen kann, sieht der Vorentwurf vor, dass der Pauschalbetrag pro Fraktion um jährlich CHF 32'000.- erhöht wird (aktueller Betrag: CHF 5700.-).