Information bzgl. Stellungnahme der als Sozialhilfe-Wohnsitz geltenden Gemeinde und Zustellung der Verfügungen (Art. 18 Abs. 2 Bst. abis und Art. 26 Abs. 1 SHG)
Einführung
Die Entwicklung der verfügbaren technischen Mittel für Datenaustausch und -bearbeitung führt dazu, dass die Fragen der Stellungnahme (Art 18 Abs. 2 Bst. abis), der Zustellung der Verfügungen der Sozialkommissionen an die Gemeinden (Art. 26 Abs. 1 SHG) und der Datenverarbeitung im Rahmen des Sozialhilfegesetzes geklärt werden müssen. In diesem Zusammenhang werden folgende Empfehlungen abgegeben. Diese Information ersetzt alle bisherigen Mitteilungen zu diesem Thema.
Stellungnahmen der als Sozialhilfe-Wohnsitz geltenden Gemeinde
Die Regionalen Sozialdienste (RSD) sind verpflichtet, im Rahmen der Bearbeitung der Sozialhilfe-Dossiers die Stellungnahme der als Sozialhilfe-Wohnsitz geltenden Gemeinde einzuholen (Art. 18 Abs. 2 Bst. abis SHG). Dadurch hat die betroffene Gemeinde die Möglichkeit, neue Elemente zur Einschätzung einzubringen, die aufgrund ihrer grossen Nähe zur bedürftigen Person nur ihr allein vorliegen. Die Form dieser Stellungnahme, ihr Inhalt oder wie die Gemeinde darüber in Kenntnis gesetzt wird, sind im SHG nicht präzisiert, denn die Gemeinden, die ein und demselben, das SHG anwendenden RSD angehören, sollen den Rahmen und die Einzelheiten dieser Stellungnahme selber festlegen können.
Folglich kann die Stellungnahme mündlich oder schriftlich erfolgen, kurz und knapp oder ausführlich sein. Sie kann vom Gemeinderat an die Adresse der Sozialkommission gehen oder an die für die sozialen Angelegenheiten verantwortliche Person delegiert werden, die dadurch zur Kontaktperson der Sozialkommission wird. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Gemeinderätin bzw. der Gemeinderat die Zuständigkeit für die Abgabe der Stellungnahme der Gemeinde der Gemeindevertreterin bzw. dem Gemeindevertreter der Sozialkommission überträgt.
Übrigens ist die Sozialkommission nicht verpflichtet, sich der Stellungnahme der als Sozialhilfe-Wohnsitz geltenden Gemeinde anzuschliessen; somit kann ihre Analyse zu einem anderen Entscheid führen. Zur Erinnerung: Als der Gesetzgeber die Entscheidungsbefugnis an die Sozialkommission übertragen hat, wollte er besagte Befugnis von einer gewählten politischen Behörde an ein unabhängiges Organ übertragen (vgl. Botschaft des Staatsrats vom 12. März 1991 zum Entwurf des Sozialhilfegesetzes). Die Tatsache, dass ein RSD die Stellungnahme verspätet einfordert oder vergisst, dies zu tun, führt nicht zur Hinfälligkeit des Entscheids der Sozialkommission. Allfällige neue Elemente, die später durch die Stellungnahme eingebracht werden, haben ggf. zur Folge, dass die Sozialkommission die Situation noch einmal analysiert.
Im Übrigen darf die Anforderung der Stellungnahme weder die Wirksamkeit und das Tempo der Bearbeitung ‒ Zuständigkeit des RSD (Art. 18 Abs. 2 Bst. abis SHG) ‒ noch das Entscheidverfahren vor der Sozialkommission beeinträchtigen. Verweigert die Sozialkommission den Entscheid oder verzögert sich ihre Stellungnahme, kann die bedürftige Person wegen Rechtsverweigerung oder unnötiger Verzögerung die Aufsichtsbehörde (das Oberamt) einschalten. In Notfällen hat der RSD schliesslich noch die Möglichkeit, über die Gewährung einer begrenzten materiellen Hilfe zu entschieden und seinen Entscheid der Sozialkommission zur Genehmigung zu unterbreiten (Art. 18 Abs. 2 Bst. c SHG).
Zustellung der Verfügungen der Sozialkommissionen an die als Sozialhilfe-Wohnsitz geltende Gemeinde
Nach Art. 26 Abs. 1 SHG sind alle Verfügungen der Sozialkommission dem Betroffenen, der als Sozialhilfewohnsitz geltenden Gemeinde und, für die Fälle nach Bundesrecht, dem Kantonalen Sozialamt unter Hinweis auf die Rechtsmittel schriftlich zuzustellen. Gemäss Artikel 37 SHG ausser die um Sozialhilfe nachsuchende Person sind die als Sozialhilfe-Wohnsitz geltende Gemeinde und das Kantonale Sozialamt ebenfalls berechtigt, Einsprache oder Beschwerde gegen die Entscheide der Sozialkommissionen einzureichen.
Die Sozialkommission entscheidet namentlich über Gewährung, Ablehnung, Änderung, Aufhebung oder Rückerstattung der materiellen Hilfe (Art. 20 SHG). Nur der Entscheid der Sozialkommission und keine anderen Dokumente (Sitzungsprotokoll o. ä.) muss mitgeteilt werden. Die Zustellungen müssen der Reihe nach erfolgen. Die Gemeinden müssen die Zustellungen an den Gemeinderat oder an die von ihm bezeichnete Person richten. Im Sinne der Effizienz und in Einhaltung des Gesetzes über den Datenschutz (DSchG; vgl. nachfolgend) verabschieden die RSD und die Gemeinden die entsprechenden Modalitäten für die Zustellung. Es sind keine Entscheid- oder Empfängerlisten zu erstellen oder zu versenden.
Datenverarbeitung: Übermittlung, Einsicht, Hosting und Speicherung
Sind die Daten im Sozialhilfegesuch und in der Verfügung der Sozialkommission besonders schützenswert (Art. 3 Bst. c Ziff. 3 DSchG), vertraulich und unterliegen sie einer besonderen Sorgfaltspflicht (Art. 8 DSchG), muss die als Sozialhilfe-Wohnsitz geltende Gemeinde sicherstellen, dass Stellungnahme und Verfügung nur den befugten Personen weitergeleitet werden, mit allen erforderlichen Vorsichtsmassnahmen.
Darüber hinaus darf die als Sozialhilfe-Wohnsitz geltende Gemeinde weder das vom RSD bearbeitete Dossier noch das Protokoll der Sozialkommission einsehen. Folglich dürfen diese Dokumente nicht dem Gemeinderat übermittelt werden. Einzig die Mitglieder der Sozialhilfebehörde und das Personal der RSD dürfen darauf zugreifen, sodass die Vertraulichkeit der Daten gewährleistet ist. Ist eine Gemeinderätin oder ein Gemeinderat gleichzeitig Mitglied der Sozialkommission, hat diese Person zu beurteilen, welche Informationen und Argumente dem Gemeinderat vorgelegt werden können.
Bei Hosting und Speicherung von Dokumenten sind insbesondere die Fälle zu berücksichtigen, in denen die Daten durch ein Unternehmen ausserhalb der öffentlichen Verwaltung verarbeitet werden. Jeder Host hat ein unterschiedliches Sicherheitsniveau. Lässt ein öffentliches Organ Daten durch einen Dritten bearbeiten, ist sie gemäss DSchG weiterhin für ihren Schutz verantwortlich. Die Gemeinde hat der beauftragten Drittperson die nötigen Weisungen zu geben und dafür zu sorgen, dass sie die Daten entsprechend dem Datenschutzgesetz und nur für die Ausführung des Auftrags verwendet oder bekanntgibt (Art. 18 Abs. 1 und 2 DSchG). Die Gemeinde bestimmt aufgrund des Ausmasses der Risiken und der Vertraulichkeitsstufe der Daten die geeigneten organisatorischen und technischen Massnahmen; diese können sowohl Personen und Räume als auch das Material und die Informatiksicherheit betreffen.
Aus diesem Grund müssen die Daten an einem sicheren und für nicht autorisierte Personen nicht zugänglichen Ort aufbewahrt werden. Folglich müssen Räumlichkeiten, Arbeitsplätze und Server gesichert werden. Wichtig: Laut Datenschutzbestimmungen müssen sich die Server in der Schweiz befinden. Die Daten müssen sowohl bei der Übertragung als auch bei der Speicherung verschlüsselt werden. Die oder der Datenverantwortliche innerhalb der Gemeinde hat den Dechiffrierschlüssel.
Für eine Auslagerung des Hostings (Outsourcing) ist die schriftliche Zustimmung des Verantwortlichen der Datensammlung nötig. Es muss ein Outsourcing-Vertrag abgeschlossen werden, der Folgendes präzisiert:
- der Host darf keinen Zugriff auf die Daten haben;
- die Gemeinde und die Behörde für Öffentlichkeit und Datenschutz haben das Recht auf ein Audit des/der Leistungserbringenden;
- bei Unteraufträgen von Daten durch den Host selbst ist eine schriftliche Zustimmung der Gemeinde notwendig und der Untervertrag muss ihr unterbreitet werden;
- die Verantwortlichkeiten zwischen den Auftraggebern und dem/den Leistungserbringer/n müssen verteilt werden;
- die Bearbeitungsdauer muss begrenzt sein;
- es müssen Modalitäten für das Backsourcing (Datenübertragung Mandatsträger an Mandant) vorgesehen werden;
- es müssen ausserdem Modalitäten für Sicherung, Archivierung und Löschung vorgesehen werden;
- es müssen Präzisierungen zu anwendbarem Recht und Gerichtsstand gemacht werden;
- es muss eine Vertraulichkeitsklausel geben.
Hinweis
Die Gemeinden, Gemeindeverbände und Agglomerationen organisieren die Archivierung ihrer Dossiers und Dokumente gemäss den Grundsätzen des Gesetzes über die Archivierung und das Staatsarchiv (ArchG). Ergänzend zu diesem Gesetz ist am 1. Juli 2019 ein vom Staatsrat verabschiedetes Reglement über die Archivierung (ArchV) in Kraft getreten.