Der Sektor für Familienplanung und Sexualinformation gehört heute zum Kantonsarztamt. Er beschäftigt Schwangerschafts- und Sexualberaterinnen, Sexualpädagoginnen, die in den Klassen der obligatorischen Schule unterrichten, und er bietet in Zusammenarbeit mit dem freiburger spital gynäkologische Konsultationen an. Zu seinem 30. Jubiläum haben Fachpersonen vor einem Publikum aus Mitgliedern des Freiburgischen und Schweizerischen Netzwerks die Geschichte und die Entwicklung des Sexualbereichs sowie das Auftreten neuer Bedürfnisse und Themen in Sachen sexuelle Gesundheit erörtert. Staatsrätin Anne-Claude Demierre lobte die "Pionierinnen der Familienplanung" und wies dabei auf deren tragende Rolle in der Freiburger Sozial- und Erziehungslandschaft hin: "Einige von Ihnen waren von Anfang an dabei. Und ich kann mir gut vorstellen, dass Sie sehr viel Mut und Ausdauer aufbringen mussten. Sie waren Pionierinnen! Deshalb möchte ich Ihnen im Namen aller Personen, die Sie beraten und unterstützt haben, einfach nur Danke sagen." Zu seinem Jubiläum wechselt der Sektor für Familienplanung und Sexual-information seinen Namen und wird zur Freiburger Fachstelle für sexuelle Gesundheit.
Im Kanton Freiburg existieren die Beratungsgespräche der Familienplanung seit 1974. Damals ermöglichen neue Verhütungsmittel eine freiere Sexualität, wodurch unterschiedliche Bedürfnisse in Sachen Prävention und Information für junge Paare und Jugendliche entstehen.
Zu Beginn der 80er Jahre löst u. a. das Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Schwangerschafts-beratungsstellen eine Restrukturierung der Freiburger Familienplanungsstelle aus.
So entsteht am 3. März 1986 die "Beratungsstelle für Familienplanung und Sexualinformation", die Familienplanung, Sexualerziehung in den Schulen und Beratungsgespräche sowie Konsultationen in Sachen Schwangerschaft unter einem Dach vereint. Aufgrund der damaligen Gegebenheiten gehört bald auch schon die Prävention von sexuell übertragbaren Infektionen (STI), insbesondere von HIV/Aids, aber auch von sexuellem Missbrauch zu ihren Aufgaben. Bis 1986 kümmern sich in den Freiburger Schulen die Lehrperson, der Direktor, der Schularzt oder noch der Pfarrer um die Sexualerziehung. Dank der Schaffung der Beratungsstelle im Jahre 1986 fällt diese Aufgabe fortan speziell dafür ausgebildeten Personen zu.
1988 führt der damalige Kantonsarzt ein Verfahren für Frauen ein, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen wollen, damit diese dafür nicht in einen "liberaleren" Kanton gehen. Zu diesem Zweck entsteht eine Zusammenarbeit zwischen dem Psychosozialen Zentrum, dem Kantonsspital und der Beratungsstelle für Familienplanung.
1995 bietet die Beratungsstelle HIV-/Aids-Tests an und eröffnet zwei Zweigstellen, zuerst in Bulle, danach in Merlach. Ausserdem unterhält sie in Payerne eine Zusammenarbeit mit dem Kanton Waadt. Ihre Leistungen passen sich stetig den neuen Entwicklungen an, wie z. B. der Ankunft von Flüchtlingen, die besondere Bedürfnisse haben, der Notfallverhütung oder noch der Fristenregelung. 2003 wird die Beratungsstelle zur Dienststelle der GSD, 2009 wird sie zur Informations- und Beratungsstelle für pränatale Untersuchungen ernannt. Nach und nach weitet sich ihr Handlungsfeld in Sachen Prävention auf die Bereiche weibliche Genitalverstümmelung und Zwangsheirat aus. Gleichzeitig wappnet sie sich für den rasanten Aufschwung der neuen Medien in den Schulen, mit denen die Fragen zum Thema Sexualität sich vervielfachen. 2012 wird die Beratungsstelle schliesslich dem Kantonsarztamt unterstellt.
Genauso wie die Rechte der Frau, werden auch die Rechte in Sachen Sexualität, Schwangerschaft, Geburt und Elternschaft immer wieder in Frage gestellt. Gerade deswegen ist die Sexualerziehung unerlässlich. Dank ihr können Fragen der öffentlichen Gesundheit aufgegriffen werden, wie z. B. frühe Schwanger-schaften oder sexuell übertragbare Infektionen, der Aufbau von Beziehungen zwischen Mädchen und Jungen oder noch Themen im Zusammenhang mit sexueller Gewalt.
Mit Kindern und Jugendlichen über Sexualität zu sprechen bedeutet, ihnen die gesellschaftlichen Regeln, mehr Selbstvertrauen sowie Werte des gegenseitigen Respekts und der Geschlechtergleichstellung beizubringen.
Ein paar Zahlen zu 2015
2928 Telefongespräche
745 ärztliche Konsultationen
701 Einzel- oder Paargespräche
431 anonyme HIV-/Aids-Tests (199 Frauen und 232 Männer)
25 Beratungsgespräche (Einzelpersonen oder Paare) für Menschen mit Behinderungen
47 % Leistungsbeziehenden (ohne ärztliche Konsultationen) sind unter 20 Jahre alt, von diesen wiederum 34 % unter 16 Jahre alt
2875 Lektionen in den Schulen durch die Sexualpädagoginnen
58 Elternabende
48 Betreuungen von Situationen