Gleich wie in den Voralpen, im Jura oder in Savoyen bildet die Tradition der Alpwirtschaft die Grundlage für verschiedenste Fertigkeiten und Sachkenntnisse, die ihren Niederschlag auch in Liedern (zum Beispiel im berühmten «Ranz des vaches») und in der Instandhaltung der Alphütten finden (Schnitzerei, Schindelmacherei usw.). Hinzu kommen die jahreszeitlich bedingten Traditionen wie der Alpaufzug, der Alpabzug oder der Mittsommer, wenn die schönste Herdenkuh gekrönt wird. Die guten Verkaufszahlen des Gruyères im Ausland gaben diesen Bräuchen zusätzlichen Auftrieb. 1762 wurde das Wort «Gruyère» sogar in das Wörterbuch der Académie française aufgenommen, während der Gruyère im Greyerzerland weiterhin einfach nur «fromage» (Käse) genannt wird!
Durch die Entwicklung der Talkäsereien seit dem 19. Jahrhundert, den Ersten Weltkrieg und die unsichere Landwirtschaftspolitik bedingt, sah sich die Alpwirtschaft immer grösserem Druck ausgesetzt. Da aber auch heute noch in rund 30 Alphütten der berühmte «Gruyère d’alpage AOP» auf Holzfeuer hergestellt wird, kann die Tradition fortgesetzt werden. So ist sie in einer lebendigen sozialen Realität verankert, eng verbunden mit einer eindrucksvollen landschaftlichen Kulisse und einem Produkt von Weltruf.
Die Welt der Alptraditionen und der damit verknüpften kulturellen Tätigkeiten beruht auf einer jahreszeitlich bedingten vertikalen Wanderung. Im Mai werden die Kuhherden auf die Alpweiden getrieben, wo sie bis in den Herbst bleiben. Erfolgt dieser Alpaufzug, der im Freiburgerland «Poya» genannt wird, heute vorzugsweise mit Viehtransportern, so legen doch einige traditionsbewusste Viehhalter Wert darauf, einen Teil des Weges zu Fuss zurückzulegen. Bei dieser Gelegenheit tragen die Kühe grosse Treicheln an reich verzierten Riemen. Das genaue Datum dieser Aufzüge wird von jeden Alpbewirtschafter/innen nach der Qualität des Grases und den Witterungsbedingungen festgelegt. Während der Sömmerung wird die Herde je nach Futterwuchs auf höhere Stafeln getrieben: Auf diese Weise «bewegt» man die Rinder im Freiburgerland.
Anfang Oktober findet der Alpabzug statt, die «Rindya». Die blumengeschmückten Kühe tragen erneut ihre Treicheln und werden von Männern in traditioneller Tracht ins Tal gebracht. Obwohl der Alpabzug meist im Viehtransporter stattfindet, ziehen einige Herden in Festumzügen, die in Zusammenarbeit mit Tourismusorganisationen in Charmey, Semsales, Albeuve usw. veranstaltet werden, durch die Dörfer. Diese Alpabzüge ziehen ein grosses städtisches Publikum an, während andere in einem familiären und nachbarschaftlichen Rahmen stattfinden.
Käseherstellung in der Alphütte
Während der Sömmerung ist der Bewirtschafter für das Vieh verantwortlich; er wird darin durch seine Angestellten – Sennenmeister, Zusennen, Alpbuben – unterstützt. Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts wird der Bewirtschafter häufig von seiner Frau oder von Familienangehörigen begleitet, und gelegentlich stellt er Hilfspersonal an. So nehmen junge Leute als Sennenbub oder Sennenmeitschi am Alpleben teil. Die Alp ist im Allgemeinen gepachtet, und das Vieh gehört dem Bewirtschafter oder anderen Viehhaltern. Die heute maschinell gemolkene Milch wird in der Alphütte zu Gruyère d’alpage AOP oder Vacherin fribourgeois AOP (Appellation d’Origine Protégée) verarbeitet.
Im Kanton Freiburg gibt es etwa 1350 Alpbauten, darunter mehr als 1'000 Alphütten. Sie datieren zur Hälfte aus dem 18. und 19. Jahrhundert, sind aber teilweise noch älter. Die meisten liegen auf mehr als 1'000 m auf Weiden, die seit dem Mittelalter gerodet wurden. Alle tragen einen Namen und sind aus anstehendem Material erbaut, wie Holz, Stein und Mörtel. 40% sind mit Schindeln gedeckt (siehe Schindelmacherei), deren Unterhalt und Erneuerung nur von Fachhandwerkern gewährleistet werden können.
Das Leben in der Alphütte mit seinen Unterhaltsarbeiten setzt eine profunde Kenntnis der Bergwelt und der Herde voraus. Die Alpmannschaft ist für den Unterhalt der Alp (Steinelesen, Düngen, Kampf gegen Verbuschung, Unterhalt der Gebäude und Anlagen, Zugangswege und Zäune…) und für die Zurüstung des zur Käseherstellung erforderlichen Holzes zuständig. Die Bedingungen für die Käseproduktion und die dafür benötigten Kenntnisse unterscheiden sich von jenen, die in den Talkäsereien verlangt werden: Erhitzen der Milch auf dem Holzfeuer, täglich schwankende Milchqualität, Zeit und Futter, Kontrolle der Milchsäurekulturen oder das Pressen des Käses mit Leinwand gehören zum Alltag auf der Alp, desgleichen die Verwendung manueller Werkzeuge oder einfacher Einrichtungen.
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts zählte man rund 30 Alphütten mit Feuerstelle und Kessi. Seit 1830 hatte die zunehmende Konkurrenz der ganzjährig tätigen Talkäsereien die Alpkäseproduktion (ca. 2% des Gruyères AOP 2010) an den Rand gedrängt. Sie blieb jedoch erhalten, und die augenblicklich hohe Qualität des Alpkäses macht ihn zu einem gesuchten Produkt mit ausgeprägtem Imagewert.
Die Herstellung des Gruyère d’alpages erfolgt seit 2001 nach dem Pflichtenheft der AOP, das die Verwendung von Rohmilch, eine Hygienekontrolle der Milche und die Verwendung ausgewählter Milchsäurekulturen vorschreibt. Die Bewirtschafter mussten verschiedene Massnahmen einführen, um die Hygienevorschriften erfüllen zu können. Die Alpkäser erlernen ihr Handwerk im Allgemeinen im direkten Arbeitseinsatz, im Rahmen der Familie oder des Betriebs, besuchen aber auch einige Kurse, während die Talkäser meist die Berufsschule absolviert haben. Der Gruyère d’alpage AOP durchläuft verschiedene Kontrollen und Taxierungen durch die Sortenorganisation, bevor er von den Affineuren übernommen wird.
Vacherin fribourgeois AOP wird ebenfalls auf der Alp wie im Tal hergestellt. Es handelt sich um einen Halbhartkäse von geringerer Grösse und Haltbarkeit, der früher am Ende der Alpzeit produziert wurde, wenn die Milchmengen nicht mehr genügten, um die grösseren Laibe des Greyerzerkäses herzustellen. Obwohl heute der grösste Teil des Vacherin fribourgeois aus Talkäsereien stammt – was seinen grossen Aufschwung im 20. Jahrhundert erklärt –, wird er noch in ein paar Alpbetrieben produziert. Einige Greyerzer Alpen stellen im Übrigen auch Ziegenkäse und eher selten Schafkäse her. Diese in bestimmten Alpenregionen (Tessin, Graubünden) traditionelle Produktion nimmt zwar heute wieder zu, beschränkt sich jedoch auf einzelne Produktionsorte.
Im Greyerzerland wird der Käse täglich in einen Keller gebracht, der in der Nähe liegen kann (Käsespeicher) oder im Dorf, wie die Caves de la Tsintre in Charmey, in die alle Käselaibe der umliegenden Alpbetriebe gebracht werden. Die Objekte, die zum Tragen der wertvollen Laibe dienen – das «oji» und in geringerem Mass das Räf («cacolet») –, werden nicht mehr gebraucht, seit die Alphütten mit Motorfahrzeugen erreicht werden können. Sie wurden jedoch zu Sammel- und Dekorationsobjekten, die als typisch für die Sennenwelt gelten. Der Verein TransTrad hat jedoch den Käsetransport mit Maultieren für die Alpe Les Morteys wieder als Tradition aufgenommen.
Die Nebenprodukte der Käseherstellung bildeten früher die Grundnahrungsmittel auf der Alp. Hirten und Sennen nahmen täglich Milch, Molke, Ziger und Rahm zu sich, entweder als Suppe, als Milchsuppe oder als Suppe mit Zigerstückchen. Diese etwas eintönige Ernährung ist bis ins frühe 20. Jahrhundert bezeugt. Heute bildet die Chaletsuppe mit Makronen, Milch, Speck und Käse die typische Alpmahlzeit.
Die einst in der städtischen Ernährung wichtige Butter hat an Boden verloren gegenüber den Pflanzenfetten, die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts importiert wurden. Die Käseherstellung erfordert allerdings eine partielle Entrahmung, so dass man nach einem Absatzmarkt für den Nidel suchen musste… Es wird nicht überraschen, dass der Doppelrahm im Greyerzerland in dieser Hinsicht besonders geschätzt wird.
Geschichte eines Modellprodukts
Die Produktion von «caseum» (Käse) und Ziger sowie die Verwendung von Kessis wird bereits durch Greyerzer Textquellen aus dem frühen 14. Jahrhundert bezeugt. Ein diesem alten Ziger vergleichbarer Käse wird heute noch hergestellt: der Glarner Schabziger. Im 15. Jahrhundert nahm die Sömmerung der Schafe ab, während die Zahl der Kühe stieg. Die verfügbaren Milchmengen nahmen zu, so dass grössere Käselaibe produziert werden konnten. Die Rechnungsbücher der Abtei Altenryf von 1411 und jene des Freiburger Bürgerspitals von 1445 bezeugen die Verwendung von Lab (Ferment des Kalbmagens, das die Milche zum Gerinnen bringt).
Die Herstellung von Alphartkäse ist im Greyerzerland seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts bezeugt und bildet in historischer Hinsicht die Basis für den Export der Schweizer Käse. Wie Roland Ruffieux und Walter Bodmer in ihrer «Histoire du gruyère en Gruyère: du XVIe au XXe siècle» (Freiburg 1972) nachweisen, genoss der Gruyère bereits im späten 16. Jahrhunderts hohes Ansehen. Er wurde hauptsächlich in Lyon verkauft und war im Dreissigjährigen Krieg seit 1620 ein begehrtes Nahrungsmittel. So spezialisierte man sich im Greyerzerland auf die Käseproduktion und Viehzucht, für die es ausländische Absatzmärkte gab. Um den einheimischen von anderem Käse zu unterscheiden, nannte man ihn «Gruyère», und das Wort fand 1762 mit dieser Bedeutung Eingang in das Wörterbuch der Académie française. In seiner Herkunftsregion sprach man dagegen noch lange einfach von «fromage». Seine Produktion wird auf 2500 bis 3000 Tonnen pro Jahr geschätzt.
Damals begannen die Käser aus wirtschaftlichen Gründen in die Waadt und nach Neuenburg, aber auch nach Savoyen und in den Jura auszuwandern, und nahmen ihr Wissen mit. Die Verwendung des Labs breitete sich vom Greyerzerland in die Zentralschweiz aus und war bereits im 16. Jahrhundert in Schwyz und Unterwalden sowie im Urserental bekannt. Die dortigen Käse wurden hauptsächlich in die Lombardei exportiert, mit dem Sbrinz – einem heute hauptsächlich im Unterland produzierten Hartkäse – an der Spitze. Andere Sorten werden noch heute in Alpbetrieben produziert, wie die Mutschli und die Tommes aus Kuhmilch, aber auch lokale Spezialitäten wie der Bloderkäse (St. Gallen) und der Schlipferkääs (Appenzell Innerrhoden). Die Herstellung des Berneralpkäse überschritt die Berner Kantonsgrenzen und breitete sich insbesondere auf den Alpen des Pays-d’Enhaut und von Les Ormonts aus.
Die Käseproduktion wird heute noch in einem Drittel der Schweizer Alphütten betrieben. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass aufgrund der im 19. Jahrhundert eröffneten Talkäsereien die jahreszeitliche zu einer ganzjährigen Produktion wurde, was die Rendite erhöhte und den Getreideanbau in andere Regionen verdrängte. Von 1870 an führte die Entwicklung der Kondensmilch- und Schokoladefabriken zu einem Rückgang der Käsereimilch. Der Staat Freiburg mass dem Käseexport keine allzu grosse Bedeutung zu, was die Produktion des Gruyère d’alpages behinderte, während man in den Käsereien des Schweizer Mittellandes die grossen Emmentaler Laibe gestraffter und rationeller herstellen konnte…
Angesichts dieser Konkurrenz beschlossen zahlreiche Alpkäser auszuwandern, während der Erste Weltkrieg wenig später die gesamte Schweizer Käseproduktion in eine schwere Krise stürzte. Damals wurde unter Leitung der Abteilung für Landwirtschaft des Eidg. Volkswirtschaftsdepartements die Genossenschaft Schweizerischer Käseexportateure geschaffen, die später zur Schweizerischen Käseunion (SK/USF) wurde. In den Jahren 1945–1950 steigerte sich die Gruyère-Produktion gewaltig von 9'000 auf mehr als 22'000 Tonnen pro Jahr. 1977 führte der Bundesrat die Milchkontingentierung ein, um diese produktive Euphorie etwas zu dämpfen. Die Alpkäseherstellung stand kurz vor dem Aus, wurde jedoch noch von einer kleinen Zahl von Alpbetrieben weitergeführt. In Freiburg waren es Ende der 1970er-Jahre nur noch sieben, doch stieg ihre Zahl bis 2010 wieder auf 30 an. Inzwischen war 1997 die Sortenorganisation des Gruyères gegründet worden, die im Juli 2001 die Registrierung des Gruyères als AOC (2013 in AOP umbenannt) erhielt.
In den meisten Schweizer Haushalten ist der Gruyère seit langem ein sehr beliebtes Nahrungsmittel und dürfte dies auch bleiben. Er wird für die Zubereitung zahlreicher Gerichte verwendet, zum Beispiel für das Fondue (siehe Fondue). Gruyère wurde somit zu einer Bezeichnung, die dank des Erfolgs des gleichnamigen Käses in aller Welt bekannt ist; von seinem Ansehen profitieren nicht nur die ganze Region, sondern auch der Schweizer Tourismus und die Nahrungsmittelindustrie.
Kulturelle Nebenprodukte des Käses
Die Blüte des Käsemarkts vom 17. bis zu den Krisen im 19. Jahrhundert förderte die Entwicklung mehrerer Handwerke, die im Dienst der Viehhalter standen: Schnitzerei, Schindelmacherei, Zimmermannswerk, Glockengiesserei und Lederarbeit (die herrlich bestickten Riemen des 18. Jahrhunderts, die zuvor aus Holz und Eisen gefertigt worden waren). Hinzu kommen das Schnitzen von Rahmlöffeln sowie kleiner Tierfiguren und Alphütten aus Holz.
Ebenso zahlreich und verschiedenartig sind die mit dem Alpleben verknüpften Jahresfeste. Die Poya oder der Alpaufzug macht den Anfang, gefolgt von weiteren Festlichkeiten wie Mittsommer, Suufsonntig, Älplerfest, Bergdorfet oder Meisterkuh. Am Ende des Sommers bildet der Alpabzug den Abschluss. Damit wird fast überall die Rückgabe des Viehs an die Eigentümer gefeiert, sogar in Regionen, in denen die Hochweiden wie im Neuenburger oder Solothurner Jura nicht für die Käseproduktion genutzt werden. Der Alpabzug kündigt bereits die Bénichon oder Kilbi an, die das Ende der Alpzeit und die Rückkehr ins Dorf markiert (siehe Bénichon-Kilbi).
Natürlich gibt es Segen und Gebete, die für diese Welt typisch sind: religiöse Bräuche, die nach Regionen und Konfessionen variieren. Von besonderer Symbolkraft ist die Ausführung eines Kreuzzeichens über dem Käselaib oder dem Kessi.
Wegen ihrer Vertraulichkeit sind mündliche Traditionen des Alplebens schwieriger zu erfassen. Gespräche zwischen Sennen, ihre Erlebnisse oder ins Gedächtnis zurückgeholte Gewohnheiten (zum Beispiel, wann es an der Zeit ist, auf die Alp zu ziehen oder die Herde zu «bewegen»), ihre Beobachtungen über die Natur und das Vieh oder über das Wetter, zudem die in Patois gelernten technischen Ausdrücke bilden eine zentrale Dimension des Lebens auf der Alp.
Darstellungen der Sennenwelt stossen im 19., aber auch im 20. Jahrhundert auf lebhaftes Interesse, als die Hirten eine symbolische Bedeutung erlangen. An erster Stelle sind die Poya-Bilder zu nennen (siehe Poya), die für Alphütten- und Bauernhausfassaden bestimmt waren und seit den 1960er-Jahren in öffentlichen und privaten Sammlungen zu finden sind. Es folgen zahllose literarische Beschreibungen, die häufig von Abbildungen begleitet sind: Die Reisenden des 18. Jahrhunderts entwerfen meist das Traumbild einer rousseauistischen Hirtenwelt, während die ersten Reiseführer auf die Schönheiten der Landschaft, die Schlichtheit der Hirten und die gesundheitsfördernden Kräfte der Höhenluft hinweisen. Hinzu kommt, dass Sennen in zahlreichen in- und ausländischen Ausstellungen auftreten: zunächst 1856 in Paris (Landwirtschaftsmesse), dann 1896 in Genf (Greyerzer Käserei im Schweizer Dorf), aber auch 1999 in Vevey (Freiburger Dorf während des Winzerfests) oder 2000–2011 in Paris (Internationale Landwirtschaftsmesse). So bildet und verbreitet sich das Massstäbe setzende Bild des Sennen.
Dieser ist an erster Stelle an seiner Tracht mit der charakteristischen Jacke zu erkennen, die zur typischen männlichen Volkstracht des Kantons Freiburg wurde. Heute meist zu repräsentativen Zwecken getragen, war sie ursprünglich das Arbeitsgewand des Sennen: Jacke mit kurzen Puffärmeln («Bredzon»), Hemd aus blauem Drillich mit aufgekrempelten Ärmeln, Holzstock und lederne Salz- oder Lecktasche («loyi») am Schulterband. Im ausgehenden 19. Jahrhundert von den Blasmusiken und dann von den Chören übernommen, wurde diese Tracht zu einer Uniform, blieb aber auch bis ins späte 20. Jahrhundert ein repräsentatives Festgewand, das von Freiburgern jeglicher Herkunft auch individuell und spontan getragen wurde.
Die Musik zählt ebenfalls zu den mit dem Alpleben verknüpften Traditionen. Der Ranz des vaches oder Kuhreihen (siehe Ranz des vaches) wurde zu einer Art Nationalhymne, und zahlreiche Chorlieder besingen das Leben auf der Alp. Das hochberühmte «Vieux Chalet» von Joseph Bovet, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde, ist das bekannteste Beispiel. Eine Präzisierung: das durch die Unspunnenfeste zu Beginn des 19. Jahrhunderts wiederentdeckte Alphorn gehört nicht in die Greyerzer Alphütten. Man findet es jedoch im Sennenumzug des Winzerfests, und mehrere Spieler oder Ensembles treten heute an Veranstaltungen auf. Häufig stammen diese Musiker nicht aus dem ländlichen Milieu.
Die Alpwelt ist, kurz zusammengefasst, an vielen öffentlichen Anlässen präsent, aber auch in Filmen, die von der einheimischen Bevölkerung geschätzt werden, und insbesondere in der Tourismusförderung. Sennentracht, Käse, Lieder und Ranz des vaches sind in dieser Hinsicht integrierender Bestandteil der Elemente, die bei lokalen, kantonalen oder internationalen öffentlichen Festlichkeiten repräsentativ für den Kanton Freiburg sind.
Alphütte ohne Käse
Auch wenn auf zahlreichen Alpen im Sommer kein Käse mehr produziert wird, werden sie weiterhin für das Jungvieh genutzt, das von Alphirten betreut wird. Ihre Arbeit geniesst weniger Ansehen als jene der Sennen, die für die Milchkühe verantwortlich sind, doch trägt sie ebenfalls zum Unterhalt des Viehs und der Alpbetriebe bei. Dank der Tätigkeit als Alphirt oder Wirt von Alpbeizli können ausländische Arbeitskräfte oder Personen aus verschiedensten städtischen Milieus (die «pêla» oder Behaarten der 1970er-Jahre) den Sommer auf der Alp verbringen. Diese Diversifizierung des Alplebens ist im Greyerzerland wie in anderen Regionen der Schweiz und den Alpenbogens zu finden.
Neben der Produktion von Gruyère gibt es verschiedene Betriebsvarianten:
- Produktion von Milch, die in eine Dorfkäserei transportiert oder an die Industrie geliefert wird;
- Sömmerung von Jungvieh, das durch die Alpung an Wert gewinnt;
- Sömmerung von Mutterkühen oder Mastvieh für den extensiven Betrieb und von seltenen Rassen, die wieder an Bedeutung gewinnen (Bündner Braunvieh, Eringer), Zucht von Alpakas, Lamas oder Eseln;
- Ziegen mit Käseproduktion, Zicklein, heute selten mit Milchproduktion;
- Betrieb eines Alpbeizlis oder einer Alpwirtschaft.
Die Alpwirtschaften sind eine willkommene Ergänzung für zahlreiche Alpbetriebe, vor allem für jene, auf denen nur Jungvieh sömmert. In einigen Regionen halten die Alphirten auch ein oder zwei Milchkühe, so dass sie ihren Gästen Alpprodukte anbieten können. Das Gros Plané am Moléson und Alpbeizli in Grindelwald pflegen eine Tradition, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht, als die Reisenden zunehmend vor Ort Milch und Rahm geniessen wollten.
Seit einigen Jahrzehnten werden weitere Angebote entwickelt: Lehrpfade, geführte Wanderungen und Besichtigungen, Schaukäsereien, Kurzaufenthalte usw.
Heutige Probleme und Zukunftsperspektiven
Die Registrierung des Gruyères als AOC im Jahr 2001 förderte die Weiterführung und Entwicklung dieser Käseproduktion, die 2010 in der Schweiz an erster Stelle stand. Im ganzen Land ist die Alpkäseproduktion eine Nischentätigkeit (kaum 2%), lässt sich jedoch nur schwer gesamthaft betrachten.
Die Betriebsbedingungen sind höchst unterschiedlich, da jede Region ihr eigenes System hat mit privaten Alpbetrieben, Genossenschaften oder Verbänden, Korporationen (Uri), Grossbetrieben oder kleinen verstreuten Betrieben. Angesichts der schwierigen Bedingungen im Gebirge findet jeder Senn Lösungen, die seiner eigenen Situation, jener seines Viehs und jener seiner Familie entsprechen.
Dennoch gefährden mühsame Zufahrtswege und Schwierigkeiten bei der Personalsuche das Überleben der Alpbetriebe. Die harten Arbeitsbedingungen auf der Alp und das Problem, hygienische Anforderungen, Arbeitsrationalisierung, Pflege des gebauten Kulturerbes, schwache Rentabilität und Schwankungen des Milch- oder Fleischpreises miteinander in Einklang zu bringen, verdüstern die Aussichten für den Weiterbestand der Alpwirtschaft.
Ihre Zukunft hängt folglich stark von der Landwirtschaftspolitik und der Unterstützung dieser besonderen Betriebsform ab, die sich im Laufe der Jahrhunderte herausbildete und zum Erhalt einer im Spätmittelalter entstandenen Berglandschaft beiträgt. Gemäss dem Beschluss des Staatsrats und des Kantons Freiburg vom 10. April 1990 über die Erhaltung des Baukulturgutes der Alpen müssen die Alphütten mit traditionellen Materialien erneuert werden.
Die Aufgabe bestimmter unergiebiger Weiden sollte es ermöglichen, den Betrieb der besseren Alpen weiterzuführen und ihre Qualität zu gewährleisten. Die Massnahmen, die ergriffen wurden, um die Bewirtschafter zu unterstützen, sollten zudem den Nachhaltigkeitszielen entsprechen, insbesondere den Anforderungen in sanitärer Hinsicht (Trinkwasser für die Käseherstellung, Einrichtung der Käserei), in Hinsicht auf die Zugänglichkeit (Seilbahnen, Fahrstrassen, Helikoptereinsatz falls nötig), auf die Verfügbarkeit der Personen (Schulzeiten, Zusatzarbeit), auf die Anpassung der Terminpläne, die Neuorganisation der Alpen je nach Höhenlage, die Zusammenlegung von Betrieben usw.
Schliesslich braucht es auch marktspezifische Massnahmen. So wird beispielsweise der Vacherin fribourgeois AOP aus Rohmilch von der Gruppe «Sentinelle» unterstützt, die im Rahmen der internationalen Slow-Food-Organisation tätig ist und die Sichtbarkeit seltener Produkte fördert.
Text : Jean Steinauer, Isabelle Raboud-Schüle, Samuel Sandoz, Ernst Roth
Für weitere Informationen
- ANDEREGG, Jean-Pierre : Les chalets d'alpage du canton de Fribourg. Fribourg, 1996.
- CHARIÈRE, Michel: 100 ans au service de l'alpe (1897–1997). Ed. Société fribourgeoise d’économie alpestre. Fribourg, 1997.
- FASOLIN HÄFLIGER, Sarah: Die Käsemacher. Ausländische Alpsennen im Berner Oberland. Ethnographischer Film mit Begleittext. 2010.
- Interprofession du Gruyère : Cahier des charges AOC Gruyère, 2001.
- Musée gruérien (Ed.) : La Civilisation du gruyère (Cahiers du Musée gruérien no. 2), Bulle, 1999.
- PHILIPONA, Anne: Le bien commun des paysans. Enfance et développement des sociétés de fromagerie dans le canton de Fribourg, 1850-1914. Thèse Université de Neuchâtel, 2020.
- ROTH, Alfred: Der Sbrinz und die verwandten Bergkäse. Burgdorf, 1993.
- RUFFIEUX, Roland, BODMER, Walter: Histoire du gruyère en Gruyère du XVIe au XXe siècle. Fribourg, 1972.
- VEUVE, Jacqueline: Chronique paysanne en Gruyère (film). Aquarius Film Production. Les Monts-de-Corsier, 1990.