Die UNESCO vereint lebendige Traditionen in fünf Kategorien: Mündliche Asudrucksweisen, Darstellende Künste, Gesellschaftliche Praktiken, Umgang mit der Natur, Traditionnelles Handwerk.
Lebendige Traditionen im Freiburger Inventar
Mündliche Ausdrucksweisen
Der Bereich der «lebendigen Traditionen und mündlichen Ausdrucksweisen» umfasst eine Vielzahl unterschiedlicher gesprochener Formen, wie Sprichwörter, Rätsel, Geschichten, Kinderreime, Legenden, Mythen, epische Dichtungen und Lieder/Epen, Beschwörungen, Gebete, Lobgesänge, Lieder oder Theatervorführungen. Traditionen und mündliche Ausdrucksweisen werden verwendet, um Wissen, kulturelle und soziale Werte sowie das kollektive Gedächtnis weiterzugeben. Sie spielen eine wesentliche Rolle für das lebendige Weiterbestehen von Kulturen.
- Ranz des vaches, Kuhreihen, Lioba
- Theater in frankoprovenzalischem Patois
- Kenntnis und Pflege des Senslerdeutschen
- Theater in Senslerdeutsch
Darstellende Künste
Zu den darstellenden Künsten gehören instrumentale Vokalmusik, Tanz und Theater, Pantomime ebenso wie gesungene Gedichte und andere Ausdrucksweisen. Sie umfassen zahlreiche kulturelle Ausdrucksformen, welche die menschliche Kreativität widerspiegeln und die teilweise auch in vielen anderen Bereichen des immateriellen Kulturerbes zu finden sind.
- Freiburger Chorgesang
- Kantonales Sängerfest
- Die Cäcilienchöre
- Blasmusik: "girons"; Kantonales Musikfest
- Historische Rekonstitutionen
- Folkloristischer Tanz
- Festivals
Gesellschaftliche Praktiken
Gesellschaftliche Praktiken, Rituale und Feste sind gebräuchliche Aktivitäten, die das Leben von Gemeinschaften und Gruppen strukturieren und an denen viele ihrer Mitglieder festhalten. Sie sind wichtig, weil sie die Identität derjenigen bestärken, die sie in der Gruppe oder Gesellschaft praktizieren. Zudem sind sie, ob nun öffentlich oder privat praktiziert, eng mit wichtigen Ereignissen verbunden. Gesellschaftliche, rituelle und festliche Praktiken können dazu beitragen, den Lauf der Jahreszeiten, Zeitpunkte im landwirtschaftlichen Jahreskalender oder Etappen des menschlichen Lebens zu markieren. Sie sind eng verbunden mit dem Weltbild einer Gemeinschaft und ihrer Wahrnehmung von Geschichte und Erinnerung.
- Dreikönigsaperitif
- Karwoche: Die Pleureuses; Palmsonntag; Das Surrexit; Die Tapolets
- Fronleichnam in Freiburg ; Fronleichnam in Deutschfreiburg
- Totengedächtnis
- Sportveranstaltungen im Kanton Freiburg ("Trophée des Gastlosen", Neirivue-Moléson, Corrida von Bulle)
- Antoniusfeier in der Buchenkapelle (Brünisried)
- Die Ehrwürdige Fischerbruderschaft
- Pilgerfahrt nach Notre-Dame de l'Epine
- Pilgerfahrt nach Notre-Dame des Marches
- Die Pilgerfahrt zu Marguerite Bays
- Motorradfahrer-Rallye "Madonna der Zentauren"
- Der Reigen der Catherinettes
- Die Bastians
- Lourdesgrotten
- Messe der Armaillis, Bergmesse am 15. August
- Ausstellung von Weihnachtskrippen
- Fasnacht Murten, "Carnaval des Bolzes", "Carnaval de Bulle, de Broc"
- Kindersoldaten vom Fasnachtsdienstag
- Murtenlauf
- Karrenrennen
- Maisingen
- Verkäufe in Pfarrgemeinden
- Murtner Solennität
- Historisches Murtenschiessen
- Wahltrommeln, Murten
- Valete
- Alpabzug
- Bénichon - Kilbi
- Schafscheid/foire aux moutons
- Messen und Märkte: Expo Bulle; Zuchtstiermarkt Bulle
- Martinsmarkt
- Winzenfest im Vully
- Sankt Nikolaus in Freiburg
- Lotos
- Fondue
- Der "Café noir"
Umgang mit der Natur
Das Wissen und die Praktiken im Umgang mit der Natur und dem Universum umfassen eine breite Palette von Kenntnissen, Fähigkeiten, Praktiken und Vorstellungen, die sich die Gemeinschaften bei ihren Interaktionen mit der natürlichen Umgebung aneignen. Die Art und Weise, wie sich die Menschen die Umwelt vorstellen, äussert sich in der Sprache, in den mündlichen Traditionen, in dem Gefühl der Verbundenheit mit einem Ort, in Erinnerungen, Spiritualität und in der Weltsicht. Diese Vorstellungen/Ansichten haben auch einen starken Einfluss auf die Werte und den Glauben und liegen zahlreichen gesellschaftlichen Praktiken und kulturellen Traditionen zugrunde.
- Alpsaison im Greyerzland
- Gesundbeten
- Bergkreuze
- Tiermalerei
- Jagd
- Fischen in den Seen (siehe Die Ehrwürdige Fischerbruderschaft)
- Schwingen
- Eidegenössisches Feldschiessen
Traditionelles Handwerk
Das traditionelle Handwerk ist die vermutlich materiellste Erscheinungsform des immateriellen Kulturerbes. Traditionelles Handwerk umfasst eine Vielzahl von Ausdrucksweisen: Werkzeuge, Bekleidung und Schmuck, Kostüme und Accessoires für Feste und Darbietungen/Aufführungen, Behälter/Gefässe, Gegenstände, die für die Lagerung, den Transport und den Schutz verwendet werden, Kunstgewerbe/angewandte/gewerbliche Kunst und Zeremonialobjekte, Musikinstrumente und Gebrauchsgegenstände sowie Spielzeug, das sowohl zur Unterhaltung wie auch zur Bildung dient.
- Poyas
- Schindelmacherei
- Bestickte Glockenriemen
- Holzhandwerk
- Bearbeitung des Sandsteins
- Archäologische Rekonstruktion (Gletterens)
- Greyerzer Spitzenklöppelei
- Handfertigkeit im Zusammenhang mit den regionalen Trachten
- Strohverarbeitung
- Kulinarisches Erbe: Räucherfleisch, Cuchaule, Vully-Kuchen, Seisler Brätzele, Chülbisenf, Mutaarda (siehe Bénichon-Kilbi)
- Holzfigurenopfer in St. Silvester
Laufend erweitertes Inventar
Eine Expertengruppe unter der Leitung von Isabelle Raboud-Schüle, und später von Serge Rossier, Direktor des Greyerzer Museums, hat bisher rund siebzig Traditionen erfasst. Diese Liste lebendiger Traditionen soll helfen, folgende Ziele zu erreichen:
- die Öffentlichkeit für die Bedeutung der Praxis und der Vermittlung lebendiger Traditionen sensibilisieren,
- die Anerkennung der Träger lebendiger Traditionen fördern,
- eine Grundlage für weiterführende Initiativen und Partnerschaften schaffen, welche die Praxis der lebendigen Traditionen unterstützen.
Nun gilt es, die noch fehlenden Beschreibungen zu ergänzen sowie weitere lebendige Traditionen zu erfassen und in die kantonale Liste aufzunehmen. Die Träger und die Kenner von Traditionen sind gebeten, sich zu melden, um auf Traditionen hinzuweisen, die ins Inventar aufgenommen werden sollten, und um dieses Inventar zu verbessern und zu bereichern (mit Fotos, Filmen oder Dokumenten, Internetseiten, Erlebnisberichten usw.). Das immaterielle Kulturerbe ist wichtig für die kulturelle Vielfalt. Zudem ist es nützlich für den Dialog und fördert den Respekt der unterschiedlichen Lebensweisen. Um in die Liste aufgenommen zu werden, muss eine Tradition seit mindestens zwei Generationen bestehen, sich ständig verändern und den Gemeinschaften und Gruppen, die sie praktizieren, ein Gefühl der Identität und der Kontinuität vermitteln.
Die Beschreibungen wurden verfasst von (berufliche Tätigkeit zum Zeitpunkt der Redaktion): Isabelle Raboud-Schüle, Ethnologin, Präsidentin der Expertengruppe/Fachgruppe; Florence Bays, Historikerin; Christian Schmutz, Sprachwissenschaftler; Anton Jungo, Journalist; Alain Grandjean, Journalist; Christophe Mauron, Historiker; Denis Buchs, Historiker; Denise Sonney, Autor; Samuel Sandoz, Student. Deutsche Übersetzungen: Hubertus von Gemmingen, Anton Jungo.
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