Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in den 1960er-Jahren wurde die Prozession in die Karfreitagsliturgie integriert: Wie anderswo wird die Passionsgeschichte nach Johannes vorgelesen; sobald vom Kreuzweg die Rede ist, verlassen die Gläubigen die Stiftskirche, um sie in einer Prozession zu umschreiten. Ein schwarz vermummter Kreuzträger stellt Jesus dar. Ihm folgt eine einzelne Frau, die Maria verkörpert. Sie wird von den Pleureuses begleitet, 20 schwarz gekleideten und verschleierten Frauen, die auf scharlachroten Kissen die Leidenswerkzeuge tragen. Ihnen schliessen sich Priester, Chorkinder und Gläubige an. Die Prozession hält für ein kurzes Gebet an den Stationen, die den Weg nach Golgota symbolisieren. Die Klagefrauen sind anonym und schweigen, um den spirituellen Charakter dieses Ritus hervorzuheben, der nichts von einer Theateraufführung an sich haben soll.
Erstmals erwähnt wird das Passions-Mysterienspiel von Romont im Jahr 1456 (Page 1979). 1755 wurde das Passionsspiel durch eine Prozession durch die ganze Stadt ersetzt; sie bestand aus 15 barfüssigen Kreuzträgern, die ein schweres Kreuz schleppten, und Klagefrauen (Ayer 1996). 1843 zerstörte ein Brand die Kreuze. Seither ziehen nur noch die Klagefrauen durch Romont. Trotz liturgischer Anpassungen und einer Verkürzung der Strecke wäre der als zu theatralisch kritisierte Osterbrauch in den 1970er-Jahren fast verschwunden. Seit mehr als 30 Jahren bemüht sich jedoch die für die Prozession verantwortliche Person, die Schlichtheit und den religiösen Charakter dieser Tradition zu bewahren.
Was die «Rekrutierung» der Pleureuses betrifft, lässt sich eine gewisse Entwicklung feststellen: Noch vor zehn Jahren übernahmen OS-Schülerinnen und dann die ältesten Ministrantinnen diese «Rolle». Heute wählt die Verantwortliche selbst die jungen Frauen aus. Die Pleureuses sind also keine Schülerinnen mehr, was man damit zusammenhängt, dass «die Spiritualität der Jugendlichen immer weniger mit jener der Prozession übereinstimmt» (Benoît Chobaz, Pfarreipräsident).
Um die Passionsfeier, die Ostervigil (Karsamstag um 21 Uhr) und die drei Angelus (um 8, 12 und 20 Uhr) am Karfreitag und Karsamstag anzukündigen, werden als Ersatz für die nach Rom geflogenen Glocken Tapolets, eine Art Klapper, benutzt.
Text : Florence Bays
Übersetzung : Hubertus von Gemmingen
Für weitere Informationen
- Angel, Marie-Paul : « Les Pleureuses de Romont. Pour la nuit des Temps », La Gruyère, 19 avril 2003.
- Ayer, Anne : « Depuis plus de 540 ans… ». In : Vivre au présent, n°3-4, juin 1996, pp. 6-7.
- Bondallaz, Paul : « Mystères, fêtes et coutumes dans le Romont d’autrefois ». In : Nouvelles Etrennes Fribourgeoises, 1936, pp. 1-11.
- Durussel, Monique : « La procession des Pleureuses a attiré une foule recueillie et de nombreux badauds », La Liberté, 7 avril 2007.
- Page, Louis : « A Romont d’un mystère de la Passion au Chemin de croix, des pleureuses ». In : Folklore Suisse, 1979, 69, pp. 17-22.
- Page, Louis : Vieil Or. Romont, Editions La Colline, 1971, p. 4.
- Pellaux, Jean-Marie : « Et elles pleurent fort », La Liberté, 3 avril 2010, p. 17.
- Rouiller, Jean-François : Portrait des Fribourgeois au gré du temps et des traditions, Fribourg, Editions du Cassetin, 1981, pp. 36-37.
- Sugnaux, Christophe: « Plusieurs siècles de tradition anonyme », La Liberté, 20 mars 2008, p. 13.
- Sugnaux, Christophe, Monod, Annick, Durussel, Monique : « Les fêtes à l’aune de la tradition », La Liberté, 5 avril 2007.