Vor fast genau hundert Jahren hat der Grosse Rat das Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch für den Kanton Freiburg (EGZGB) verabschiedet. Das Gesetz war eine Folge der Verabschiedung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches durch das Bundesparlament vier Jahre zuvor. Es übernahm aber auch das kantonale Privatrecht, das zu grossen Teilen auf das vorher-gehende Jahrhundert zurückging. Die Bestimmungen des EGZGB von 1911 wurden also für eine Gesellschaft geschaffen, die es heute in dieser Weise grösstenteils nicht mehr gibt.
Der Bereich des Nachbarschaftsrechts stellt den umfangreichsten Teil des Entwurfs dar. Das Gesetz war damals auf eine mehrheitlich ländliche Gesellschaft ausgerichtet, nun soll es der städtischen Ausprägung des Kantons Rechnung tragen. Die detailreichen Bestimmungen des Gesetzes von 1911 mit beispielsweise Reglementierungen zur Höhe von Bepflanzungen, die zwischen einzelnen Sorten unterscheiden, werden durch einheitliche, gut verständliche und anwendbare Normen ersetzt, insbesondere für Wohnzonen (Art. 44 ff.). Damit leistet der Entwurf einer Motion des damaligen Grossrats Erwin Jutzet aus dem Jahr 1992 Folge, die vom Grossen Rat genehmigt und in ein Postulat umgewandelt wurde.
In einem ganz anderen Bereich trägt der Entwurf auch einem Postulat von Grossrat Denis Grandjean aus dem Jahr 2008 Rechnung, der die Einführung eines einfachen und wirksamen Systems für die Verwaltung von Fundsachen (Art. 69) forderte.
Im Bereich des Erbrechts nimmt der Entwurf eine Anpassung an die neue Gerichtsorganisation vor, insbesondere im Hinblick auf die Professionalisierung der Friedensgerichte, die durch die Neuorganisation über die Qualifikationen verfügen, um neue Aufgaben zu übernehmen. Der Entwurf verzichtet jedoch darauf, den Friedensrichterinnen und -richtern die Befugnis zu erteilen, einfache Fälle ohne notarielle Beteiligung zu regeln. Aus dem Vernehmlassungsverfahren ist hervorgegangen, dass eine solche Befugnis zu keiner offenkundigen Ersparnis für die Rechts-suchenden führen würde und dass die Notare am besten dazu geeignet seien, den betroffenen Personen Testamentsbestimmungen und deren Folgen zu erklären.
Wenn auch die Revision die aktuelle Gesetzgebung vereinfacht und strafft, hat sie dennoch nicht zum Ziel, in einem Gesetz alle kantonalen Regeln aus dem Bereich des Zivilrechts zu vereinigen. So hat der Grosse Rat in der diesjährigen September-Session gesondert davon Bestimmungen zum Sachenrecht (elektronischer Register-Schuldbrief) erlassen. Der Bereich des Vormundschaftsrechts - oder des Erwachsenenschutzes gemäss der Terminologie des neuen ZGB - wird ebenfalls in einem eigenständigen Ausführungsgesetz geregelt, das dem Kantonsparlament im nächsten Jahr vorgelegt wird.
Die Revision des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch hievt das kantonale Privatrecht vom 19. ins 21. Jahrhundert
16. September 2011 - 14H30 Archiviert
Der Entwurf des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch liegt nun auf dem Tisch des Grossen Rats. Dank des neuen Gesetzes macht das kantonale Privatrecht einen Sprung von hundert Jahren und wird nun der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts angepasst. Diese Anpassung an die heutigen Gegebenheiten ist besonders markant im Bereich des Nachbarschaftsrechts. Auch das Erbrecht wird im Hinblick auf die Professionalisierung der Friedensgerichtsbarkeit aktualisiert.
Hauptbild
Herausgegeben von Sicherheits-, Justiz- und Sportdirektion
Letzte Änderung: 06.11.2023 - 10h02