Ab sofort gilt für Personen, die im Kanton Freiburg im Prostitutionsgewerbe tätig sind, eine Ethik-Charta. Sie wurde von der beratenden Kommission im Bereich der Prostitution unter dem Vorsitz von Sicherheits- und Justizdirektor Maurice Ropraz erarbeitet und Ende Januar den Verantwortlichen der Etablissements, die für die Prostitution bestimmt sind, vorgestellt. Diese haben die Charte positiv aufgenommen. Die Einhaltung der Charta gehört nun zu den Bedingungen für die Erteilung einer Betriebsbewilligung für ein solches Etablissement.
Einleitend nennt die Charta die Grundsätze der "freien" Prostitution gemäss Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union: kein Verhältnis der Unterordnung bezüglich der Wahl zur Ausübung dieser Tätigkeit und der Arbeits- und Entlöhnungsbedingungen, Ausübung in eigener Verantwortung der Sexarbeiterin oder des Sexarbeiters und gegen ein Entgelt, das ihr oder ihm vollständig ausbezahlt wird. Anschliessend werden die Bedingungen aufgeführt, die im Hinblick auf die Gesundheit, Würde und Sicherheit erfüllt sein müssen: nur geschützter Verkehr, Bereit-stellung von Präservativen, keinerlei Anreiz zum Alkoholkonsum, Verbot des Konsums von Betäubungsmitteln, Recht zur Verweigerung einer Leistung, Anzeige jeder versuchten Zwangsanwendung, sofortiger Beizug der Polizei bei Gefährdung usw.
Spezifische Massnahmen zur Information der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter werden ebenfalls genannt: Die Safer-Sex-Regeln sind aufzuhängen, die Häufig gestellten Fragen der Kommission (http://www.fr.ch/dsj/de/pub/prostitution/haeufig_gestellte_fragen.htm), die in fünf Sprachen (Deutsch, Französisch, Englisch, Spanisch, Rumänisch) verfügbar sind, müssen zur Verfügung stehen und die Etablissementverantwortlichen müssen die Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter auf verständliche Weise über ihre Arbeitsbedingungen informieren.
Mit der Ethik-Charta setzt der Kanton Freiburg eine der Empfehlungen des Bundesrats aus dessen Bericht "Prostitution und Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung" um. Die Charta wird in den Prostitutionssalons aufgehängt und ist in fünf Sprachen verfügbar: http://www.fr.ch/dsj/de/pub/prostitution/ethik_charta.htm.
Kontrolle und Prävention
Der Jahresbericht der Kommission, den der Staatsrat am 5. Februar 2018 zur Kenntnis genommen hat, gibt Auskunft über die Statistik des Jahres 2017 zu Kontrolle und Prävention im Bereich Prostitution.
Im vergangenen Jahr verzeichnete die Kantonspolizei 240 Besuche in Prostitutionssalons und 12 Besuche in Dancings, führte 700 Kontrollen von Sexarbeiterinnen durch und hatte rund 30 Mal Kontakt mit Sexarbeiterinnen, die ihre Dienste im Internet anbieten. Es wurden 20 Verstösse gegen das Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer angezeigt. Am 1. Januar 2018 gab es im Kanton Freiburg 27 bewilligungspflichtige Salons, davon 20 in der Stadt Freiburg.
In der Prävention ermöglichte das Programm Grisélidis des Vereins Fri-Santé 873 Kontakte in den zweimal wöchentlich stattfindenden Sprechstunden und 1226 Kontakte im Präventionsbus, der einen Abend pro Woche am Eingang der Alten Brunnengasse in Freiburg steht. Grisélidis führte ausserdem 117 Besuche in Salons durch.
Die Opferhilfestelle Frauenhaus Freiburg begleitete ein indirektes Opfer aus dem Prostitutions-milieu. Die Freiburger Fachstelle für sexuelle Gesundheit, die dem Kantonsarztamt angegliedert ist, empfängt regelmässig Sexarbeiterinnen, die den Dienst für ärztliche Beratungen aufsuchen, oder um Präservative zu einem Vorzugspreis zu kaufen. Diese Kontakte bieten auch eine Gelegenheit für ein Gespräch oder eine Beratung durch Gesundheitsfachleute.