Laut den Statuten wird das offizielle Fest der Bruderschaft alljährlich am Sonntag nach dem 20. Januar, dem Tag des heiligen Sebastian, gefeiert. Das Programm ist stets dasselbe: Armbrustschiessen (Sebastian ist der Schutzheilige der Schützen), Messe in der Pfarrkirche, Versammlung, Mittagessen, Umzug durch die Stadt mit Gesang und unter den Klängen von Pfeifern und Trommlern, mit Stopps auf der Place des Bastians, wo das traditionelle Lied gesungen wird, und in den wenigen sonntags geöffneten Cafés. Zwei Besonderheiten: die Kleidung – man trägt an diesem Tag Mantel und Hut – und die «Beichte» während des Banketts – man teilt dem Gouverneur ein paar kleine Verfehlungen, doch vor allem gute Nachrichten mit, wie die Geburt eines Kindes. «Fehler» werden mit bescheidenen Bussen geahndet. So werden beispielsweise von neu verheirateten Mitgliedern ein paar Franken als Steuer eingezogen. Zum Abschluss dieses Tages, der im Zeichen des Wiedersehens und des Humors steht, geniesst man mit allen zusammen das «Gouverneursmahl».
Im Mittelalter zählte Estavayer mehrere Zünfte oder «Abbayes». Die 582 gegründete Sebastiansbruderschaft vereinte ursprünglich die städtischen Schützen, die Bastians. Als 1830 die Société des Carabiniers gegründet wurde, verschwanden die Bastians nicht vollständig: Nach einer Pause zwischen 1847 und 1857 kam es zu einer Neugründung der Bruderschaft. Heute spricht man nicht mehr von der Sebastianszunft, sondern von den Bastians oder «Bons maris», eine Bezeichnung, die schmunzeln lässt und den Vereinsstatuten entspricht, die von feinem Spott geprägt sind. Allerdings ist unbekannt, wann dieser Beiname aufkam und wie er sich tatsächlich erklären lässt (Volmar, S. 42).
Um ihre Fortdauer zu sichern und junge Mitglieder zu finden, haben die Bastians einige Neuerungen eingeführt. Insbesondere werden nun auch Söhne von Brüdern aufgenommen, bevor diese verstorben sind. Ein weiterer Beweis für die Anpassung an die heutige Gesellschaft: die Bastians müssen nicht mehr unbedingt in Estavayer leben; zur Hälfte wohnen sie ausserhalb der Stadt. Die Herausforderung, die sich den «Bons maris» heute stellt? Die Ränge füllen, damit die Bruderschaft weiterbestehen kann, deren Hauptziel die Pflege der Stäffiser Traditionen und der Freundschaft ist.
Bemerkungen
Auch in Freiburg gibt es seit 200 Jahren eine Bruderschaft der „guten Ehemänner“. Ihre ausschliesslich männlichen Mitglieder müssen Freiburger „mit Leib und Seele und von Herkunft“ sein (Stéphanie Schroeter: « Les « bons maris » existent depuis 200 ans » »).
Text : Florence Bays
Übersetzung : Hubertus von Gemmingen
Für weitere Informationen
- Loup, Robert : Estavayer-le-Lac, unpaginiert.
- Volmar, Jos : Us et Coutumes d'Estavayer, Estavayer, Butty, 1933, pp. 40-48.
- Francey, Delphine : « Les Bastians, comme autrefois », La Liberté, 21 janvier 2008, p. 17.
- DVD Georges Losey : « Les Us et Coutumes staviacoises ».
- Schroeter, Stéphanie : « Les « bons maris » existent depuis 200 ans » », La Liberté, 15 janvier 2014.