Die Fachleute der Juragewässerkorrektions-Kantone pflegen seit Jahren einen intensiven Austausch zum Hochwasserschutz. Zusammen mit den Expertinnen und Experten des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) haben sie das Hochwasser vom Juli 2021 im Kontext der letzten 50 Jahre analysiert. Dazu erstellten sie ein Dossier mit sechs Faktenblättern. Basierend auf diesen Ergebnissen haben sich nun in Nidau die Regierungsmitglieder der Kantone Waadt, Neuenburg, Bern und Solothurn, die BAFU-Direktorin sowie die zuständigen Generalsekretäre aus den Kantonen Freiburg und Aargau zum Hochwasserschutz ausgetauscht. Aufgrund der Einschätzungen der Expertinnen und Experten zogen sie gemeinsame Schlussfolgerungen und verabschiedeten eine gemeinsame Erklärung. Sie wollen künftig ihre Erfahrungen regelmässig austauschen.
Die Juragewässerkorrektion funktioniert, hat aber ihre Grenzen
Die Berichte der Expertinnen und Experten zeigen, dass sich das regulierbare System der Juragewässerkorrektion auch im Sommer 2021 bewährt hat. Das System ist aber ein weiteres Mal an seine Grenzen gestossen: Während beim Hochwasser 2007 schwergewichtig das Gebiet an der Aare unterhalb des Bielersees betroffen war, traf es im Jahr 2021 hauptsächlich die Anliegerinnen und Anlieger von Neuenburger-, Bieler- und Murtensee. Ohne die nach dem Hochwasser 2007 verbesserte Hochwasserregulierung wären die Seepegel im Sommer 2021 rund 20 Zentimeter höher angestiegen. Die Überschreitung der Hochwassergrenzen am Neuenburger- und Bielersee liess sich aber wegen der grossen Wassermengen nicht vermeiden.
Vorerst keine dritte Juragewässerkorrektion
Die Vertreterinnen und Vertreter der Kantone und die Direktorin des BAFU unterstrichen an ihrem Treffen, dass die beiden bisherigen Juragewässerkorrektionen und die damit verbundene Regulierung des Bieler-, Neuenburger- und Murtensees die Hochwassergefährdung markant verkleinert haben. Eine dritte Juragewässerkorrektion fassen sie jedoch derzeit nicht ins Auge. Eine solche würde umfangreiche bauliche Massnahmen am Gesamtsystem bedingen, mehrere Kantone betreffen und immense Kosten verursachen, die in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen würden.
Gefährdete Objekte schützen, rechtzeitig handeln
Weil die baulichen und reguliertechnischen Möglichkeiten weitgehend ausgeschöpft sind, braucht es vielerorts lokale Vorsorge- und Objektschutzmassnahmen, um die Schäden künftig zu begrenzen. Kantone, Gemeinden und Private müssen sich besser auf künftige Hochwasser an den Jurarandseen und entlang der Aare vorbereiten. Schliesslich braucht es für eine rechtzeitige Intervention auch eine wirksame Warnung der Betroffenen. Deshalb sollen die bestehenden Warnprodukte laufend verbessert, ergänzt und konsequent bis an die direkt Betroffenen verteilt werden.
Fortsetzung der Zusammenarbeit auf Regierungsstufe
Die Juragewässerkorrektion bleibt ein Werk der Solidarität unter den beteiligten Kantonen. Auch künftig werden Hochwasser auftreten und unterschiedliche Gebiete und Kantone betreffen. Als Folge der Klimaerwärmung könnten die Hochwasser sogar häufiger und grösser werden. Deshalb ist eine intensive Zusammenarbeit aller Beteiligten bei der Regulierung des Systems zentral. Die zuständigen Regierungsmitglieder und das BAFU wollen ihre Aufgabe als Aufsichtsorgan auch in den kommenden Jahren wahrnehmen und sich künftig regelmässig zu einem umfassenden Erfahrungsaustausch treffen. Gleichzeitig soll sichergestellt werden, dass die Nutzung der Wasserressourcen nachhaltig erfolgt.
Die beiden Juragewässerkorrektionen sorgen für überregionalen Hochwasserschutz
Hauptelemente der ersten Juragewässerkorrektion (1868-1891) waren die Umleitung der Aare in den Bielersee durch den Bau des Hagneckkanals, der Bau von Kanälen zwischen den Jurarandseen (Broye- und Zihlkanal) und beim Ausfluss des Bielersees (Nidau-Büren-Kanal) sowie die Entsumpfung des Grossen Mooses. Im Rahmen der zweiten Juragewässerkorrektion (1962-1973) wurde das Abflussvermögen des Systems durch Ausbau und Erweiterung der bestehenden Kanäle deutlich erhöht.
Mit den Massnahmen der beiden Juragewässerkorrektionen – beide als Gemeinschaftswerk des Bundes und der Kantone Waadt, Freiburg, Neuenburg, Bern und Solothurn ausgeführt – konnte die Hochwassergefährdung an den Jurarandseen, in den umliegenden Gebieten sowie entlang der Aare unterhalb des Bielersees bis heute markant und nachhaltig reduziert werden. Damit wurde die Nutzung der einstigen Sumpfgebiete und deren Entwicklung zum blühenden Wirtschaftsraum ermöglicht.
Die Regulierung des wasserwirtschaftlichen Systems erfolgt am Wehr Port (BE) und wird gemäss Vereinbarung zwischen den beteiligten Kantonen durch den Kanton Bern ausgeführt.