Für den Staatsrat ist der Zeitpunkt gekommen, den Abspann des Gesetzes über das Filmwesen und das Theater abzuspielen. Er beantragt deshalb dem Grossen Rat die Aufhebung des Gesetzestexts von 1977, der seine Daseinsberechtigung verloren hat: In Zeiten einer hohen Mobilität der Zuschau-erinnen und Zuschauer, einer Vielzahl audiovisueller Bildtonträger und des Internets ist es nicht mehr sinnvoll, das Zutrittsalter für Filme kantonal festzulegen. Die kantonale Ad-hoc-Aufsichts-kommission war bereits seit mehreren Jahren nicht mehr tätig, weil der Kanton Freiburg die von den Waadtländer und Genfer Kommissionen gemeinsam vorgeschlagenen Altersgrenzen (freigegebenes Alter / empfohlenes Alter) übernahm.
Doch für den Staatsrat geht es in keiner Weise darum, den Jugendschutz aufzugeben und die Zutrittsalter für Filme abzuschaffen. Stattdessen wird die kantonale Einstufung durch einen nationalen Einstufungsprozess ersetzt, den die schweizerische Kommission Jugendschutz im Film durchführt. Diese Kommission wurde mittels einer Vereinbarung eingesetzt, die 2011 von der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren verabschiedet wurde und am 1. Januar 2013 in Kraft trat.
Von der Zensur zum Jugendschutz
Obwohl es heute albern erscheint, dass eine Freiburger Kommission alle Filme des kantonalen Kinoprogramms ansehen sollte, um über den Zutritt für Minderjährige zu entscheiden, widerspie-gelte das Gesetz über das Filmwesen und das Theater 1977 eine tiefgreifende gesellschaftliche Entwicklung. Während die zwei früheren Gesetze von 1914 (Gesetz über die Kinematographen) und 1949 (Gesetz über das Filmwesen und das Theater) zum Ziel hatten, die Freiheit der Erwach-senen mit einer Zensur der Vorstellungen einzuschränken, um ihre geistige Gesundheit zu schützen, wurde mit der Gesetzgebung von 1977 das Prinzip des vollkommen freien Zugangs für Erwachsene eingeführt, begleitet von Schutzmassnahmen, die nur Minderjährige betrafen.
Mit dem Gesetz von 1977 wurde zudem ein Einrichtungs- und Betriebsbewilligungssystem für Kinosaalbetreiber eingeführt. Dieses System liess sich mit dem 2002 in Kraft getretenen Bundes-gesetz über Filmproduktion und Filmkultur nicht mehr vereinbaren; mit diesem Gesetz wurden alle geltenden Bewilligungssysteme für Kinosaalbetreiber aufgehoben und durch die Pflicht zur Registrierung in einem vom Bundesamt für Kultur geführten öffentlichen Register ersetzt.
Keine Anwendung im Theaterbereich
Schliesslich ist festzuhalten, dass das Gesetz auch auf Theatervorstellungen hätte angewendet wer-den sollen. Dies geschah jedoch nicht, wahrscheinlich weil verschiedene Faktoren wie die rein lokale Ausstrahlung der meisten im Kanton gezeigten Theaterproduktionen, der kulturelle Status des Theaters (das als gehobener als das Kino galt), das potentiell geringere Risiko der Anstiftung zu Gewalt oder der Darstellung von Sexualität und die vernachlässigbare Zahl Minderjähriger im Theaterpublikum berücksichtigt wurden.