Eine gute Justizverwaltung basiert insbesondere auf einer leistungsstarken Gerichtsorganisation. Seit das Justizgesetz am 1. Januar 2011 gleichzeitig mit der neuen Zivil und Prozessordnung in Kraft trat, hat es sich weitgehend bewährt. Es war von Anfang an vorgesehen, das Gesetz nach ein paar Jahren praktischer Anwendung zu ergänzen, was auch so angekündigt wurde. Zudem wurden seither einige Lücken und Mängel festgestellt. Mit dem Vorentwurf zur Gesetzesänderung, der nun in Vernehmlassung (http://www.fr.ch/cha/de/pub/vernehmlassungen.htm) geschickt wurde, sollen diese Mängel behoben werden, um die Funktionsfähigkeit der Gerichtsbehörden und die ihnen zur Verfügung stehenden Werkzeuge weiter zu verbessern. Der Vorentwurf orientiert sich vor allem an den Vorschlägen, welche die betroffenen Gerichtsbehörden im Rahmen der Vorvernehmlassung 2012 gemacht haben.
Gerichtsorganisation
Eine der bedeutsamsten Neuheiten besteht in der Schaffung eines einzigen Strafgerichts mit Sitz in Freiburg. In den kleinen Gerichtsbezirken sind momentan nur wenige Straffälle zu verzeichnen. Ein zentrales Gericht würde es erlauben, alle Straffälle des Kantons an einem Ort zu behandeln und somit über spezialisierte Richterinnen und Richter zu verfügen. So könnte zudem insbesondere bei der Strafzumessung und beim Strafmass eine bessere Harmonisierung der Gerichtspraxis erreicht werden. Die Zentralisierung würde auch einer gewissen Logik folgen, da der Kanton Freiburg bereits über eine einzige Staatsanwaltschaft für Untersuchung und Anklage und ein einziges Zwangsmassnahmengericht verfügt.
Als Reaktion auf die schwankende Arbeitsbelastung der Bezirksgerichte sind im Vorentwurf mehrere Massnahmen vorgesehen. Einerseits wird bei den erstinstanzlichen Gerichten und den Friedensgerichten die Funktion der "Wanderrichterinnen und Wanderrichter" eingeführt. Ferner werden zwei Varianten vorgeschlagen. In der ersten Varianten erhält der Grosse Rat die Möglichkeit, Richterinnen und Richter in mehrere Gerichtskreise zu wählen. In der zweiten werden die bestehenden Bezirksgerichte aufgehoben und dafür Bezirksgerichte mit der bewährten Organisation der Mietgerichte geschaffen. Damit gäbe es ein Gericht Süd mit Sitz in Bulle für die Bezirke Greyerz, Vivisbach, Glane und Broye, ein Gericht mit Sitz in Murten oder Tafers für die Bezirke See und Sense sowie ein Gericht mit Sitz in Freiburg für den Saanebezirk. Diese Gerichte könnten je nach Fall in jedem der Bezirkshauptorte in ihrem Zuständigkeitsbereich tagen.
Im Vorentwurf werden zudem zwei Varianten zur Verbesserung der Organisation des Kantons-gerichts vorgeschlagen. In der ersten ist die Schaffung einer neuen versicherungsrechtlichen Abteilung vorgesehen, um der grossen Zahl der Sozialversicherungsfälle Rechnung zu tragen (40 % des Verwaltungsaufwands) und eine gezielte und spezifische Behandlung der besonderen Probleme in diesem Bereich zu erlauben. In der zweiten Variante wird die Aufhebung der Abteilungen des Kantonsgerichts vorgeschlagen. Dieser Vorschlag orientiert sich an der neuen Organisation des Bundesgerichts (eine Verwaltungskommission und verschiedene Gerichtshöfe).
Der Vorentwurf wurde auch zum Anlass genommen, kantonales Recht dem Gesetz über das Bundesgericht anzupassen, laut dem Rekurse vor Bundesgericht nur gegen Entscheide auf Beschwerde einer übergeordneten kantonalen Instanz zulässig sind (Prinzip des doppelten kantonalen Instanzenzugs). Das Bundesgericht hat erst kürzlich in einem Entscheid über eine Staatshaftungsfrage wieder auf diese Abweichung hingewiesen. Man entschied sich dafür, ein Bezirksgericht (in diesem Fall das Bezirksgericht Saane) mit dem erstinstanzlichen Entscheid über verwaltungsrechtliche Klagen zu betrauen. Aus denselben Gründen ist das Zwangsmassnahmengericht in Sachen Administrativhaft zukünftig ein Gericht erster Instanz, dessen Entscheide beim Kantonsgericht angefochten werden können.
Einführung des Ordnungsbussensystems
Zur Vereinfachung der Behandlung weniger wichtiger Fälle ist im Vorentwurf die Einführung des Ordnungsbussensystems vorgesehen, um Verletzungen von Bestimmungen in den Bereichen Jagd und Fischerei oder den verbotenen Verkehr auf landwirtschaftlichen Strassen und Forststrassen zu ahnden.
Um den Verfahrensaufwand gering zu halten, hat die Sicherheits und Justizdirektion die Revision des Justizgesetzes genutzt, um zusätzliche Änderungen an anderen kantonalen Gesetzen vorzuschlagen, die in mehr oder weniger engem Zusammenhang mit der Justizverwaltung stehen.